Dieses Modell hilft bei der Sanierung des Lübecker Doms
19. Juni 2020
Neueste Technik trifft Jahrhunderte altes Gebäude: Ein Modell aus dem 3D-Drucker gibt Ausschluss darüber, wie der Dom zu Lübeck künftig am sinnvollsten saniert werden kann.
Es ist 1,15 Meter hoch und im Maßstab 1:100 erstellt: das 3D-Modell der Domtürme. „Einige Zentimeter können noch für die Turmbekrönung hinzugerechnet werden“, sagt Architekt Christoph Diebold. Das Modell des Domes entstand in den vergangenen Wochen in Zusammenarbeit mit dem FabLab Lübeck. Es ist Teil der seit 2018 laufenden umfangreichen Untersuchungsphase am Dom, die der Sanierung der Turmanlage vorgeschaltet ist und dient der Arbeitsgruppe aus Bauhistorikern, Materialprüfern, Tragwerksplanern und Architekten als Werkzeug bei der statischen Untersuchung und der Beurteilung der Tragfähigkeit des Mauerwerks.
Bestandsaufnahme mittels Hochleistungslaserscanner
Das Fab Lab Lübeck ist eine offene High-Tech-Werkstatt, die sich – als Verein organisiert – zur Aufgabe gemacht hat, das theoretische und vor allem praktische Wissen um neue Fertigungstechnologien wie 3D-Drucker, 3D-Scanner, Lasercutter und CNC-Fräsen allgemein an Privatpersonen, Schüler, Studenten oder kleine Gewerbetreibende weiterzuvermitteln.
„Das 3D-Modell ersetzt eine aufwändige Deformationsanalyse, indem es die komplexe Geometrie des Gebäudes – wie Torsionen der Türme zueinander und in sich sowie Verformungen in der Fläche – greif- und sichtbar werden lässt“, erläutert Architekt Christoph Diebold. „Voraussetzung für das Modell ist die 2018 durchgeführte Bestandsaufnahme mittels eines Hochleistungslaserscanners.“ Die dabei erzeugte 3D-Punktwolke (das virtuelle dreidimensionale Bild) konnte nach der Bearbeitung durch die Architekten als tatsächliches materielles Modell reproduziert und im FabLab gedruckt werden.
Druckzeit: 200 Stunden
Max Reinhart, Architektur-Student an der Technischen Hochschule und Mitarbeiter von Christoph Diebold, arbeitete die Daten-Punktwolke – das virtuelle dreidimensionale Bild – auf und programmierte das Modell: „Die Umsetzungsphase dauerte inklusive Pausen etwa ein Jahr. Die „heiße Phase“ bildeten die vergangenen drei Monate“. Den alleinigen Druck beziffert der TH-Student mit rund 200 Stunden. „Vier bis fünf 3D-Drucker waren im Einsatz, sie druckten zwölf bis 24 Stunden durchgängig“. So entstand nach und nach die Kunststoff-Nachbildung des Doms, die aus 20 Einzelstücken zusammengesetzt ist.

Ergebnisse aus Kernbohrungen zeigen den Zustand des Mauerwerks
Insgesamt wurden während der Untersuchungsphase 22 Kernbohrungen vorgenommen, um das Mauerwerk auf Feuchtigkeitsgehalt, Druckfestigkeit, den Eigenschaften von Stein und Mörtel zu prüfen. „Das gibt Aufschluss darüber, welche Materialien wir für die Sanierung verwenden. Deshalb ist die Untersuchungsphase sehr wichtig, um Kostensicherheit zu haben und später keine bösen Überraschungen zu erleben“, so Diebold. Und: „Die Bohrungen werden äußerst sensibel durchgeführt, um möglichst wenig Material kaputt zu machen“.
2022 wird mit der Sanierung begonnen
Den Zeitplan für den Beginn der Sanierung datiert Jürgen Rösing von der Bauabteilung des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg auf das Jahr 2022. „Über eines sind wir uns aber im Klaren: Die Domtürme bekommen wir nie gerade“. Noch in diesem Jahr soll das Sanierungskonzept erstellt werden, um verlässliche Zahlen zu erhalten, die auch wichtig beim Einwerben von Drittmitteln sind.
Spendenbereitschaft trotz Einschränkungen hoch
„Viele Menschen auf der ganzen Welt interessieren sich für Sanierung der Dom-Türme“, sagt Dom-Pastorin Margrit Wegner. „Die Spenden-Bereitschaft ist trotz aller momentanen Einschränkungen hoch“. Denn es ist ein Herzensanliegen vieler Menschen, die Dom-Türme zu erhalten. „Auch jetzt, wo noch nicht viel Spektakuläres zu sehen ist“, sagt Pastor Martin Klatt.