Bischof Abromeit fordert Hilfe für Christen in Nahost
24. Mai 2019
Der Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit hat die Kirchen in Europa und Amerika aufgerufen, "alles in ihrer Macht Stehende tun, um die christlichen Gemeinden in Nahost zu stärken und ihnen in ihrer unglaublich schwierigen Lage zu helfen".
Die Kirchen sollten "in dieser Hinsicht auch Druck auf ihre Regierungen ausüben", sagte der Bischof auf der Wissenschaftstagung "Orientalisches Christentum" in Greifswald. "Die Wichtigkeit der Frage muss für die politische Agenda aber erst noch entdeckt werden."
Zahl der Christen in den Ländern des Orients stark gesunken
Abromeit wies darauf hin, dass die Zahl der Christen in den Ländern des Orients bis auf Ägypten und Libanon "auf ein statistisch im Grunde nicht mehr relevantes Minimalmaß gesunken sei". In Syrien und Irak sei dies durch die kriegerischen Zustände der letzten zwanzig Jahre innerhalb kürzester Zeit geschehen. "Ein bis zwei Prozent der Bevölkerung können nur noch zeichenhaft an der gesellschaftlichen Entwicklung teilhaben."
Viele fragen: Bleiben oder fliehen?
Mit den jüngsten Anschlägen auf Kirchengebäude und der Entführung und teilweisen Ermordung von Repräsentanten der christlichen Kirche habe "eine lange Geschichte der Diskriminierung von Christen in der islamischen Welt einen Höhepunkt erreicht". Es sei nun die Frage, ob Christen ausgerechnet in der Region, in der das Christentum entstanden sei, noch eine Zukunft haben. "Bleiben oder Fliehen" sei für fast jede christliche Familie zwischen Ägypten und Iran eine existenzielle Frage, "die sich in den letzten Jahren jedem Christen in Nahost schon einmal gestellt hat."
Was ist die Zukunft des orientalischen Christentums?
Nach Einschätzung von Abromeit stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Zukunft des orientalischen Christentums. Mit der radikalen Reduzierung des Christentums in seinen Ursprungsländern Palästina, Jordanien, Syrien, Irak und Ägypten würde sich die Kultur dieser Region in gravierender Weise verändern. Sie wäre im Hinblick auf ihren Wertekanon und ihr Menschenbild einseitig islamisch bis islamistisch ausgerichtet, so der Bischof. "Mit dem Christentum verschwände ein wichtiger Garant für Pluralismus in der Region und eine Brücke zum Westen."
Es gebe wegen des weit verbreiteten antichristlichen Verhaltens in vielen Ländern des Nahen Ostens Grund dazu, von einem "Christozid" zu sprechen". Auf der internationalen Tagung in Greifswald hatten Wissenschaftler drei Tage lang die Geschichte und aktuelle politische Situation der Christen in Nahost beleuchtet.