Zweifeln und vertrauen

Der Glaube in der Dunkelheit

Immer wieder kommen die Zeiten, in denen wir hadern, ob das, was wir glauben, wirklich richtig ist. In uns drängen sich Fragen auf wie: Gibt es wirklich einen Gott? Und wenn ja, warum hilft er mir scheinbar gerade nicht in der größten Krise; wenn ich durch den schweren Sturm gehe und mich fürchte? Warum greift er nicht ein angesichts von Leid und Katastrophen in der Welt? Und auch: Warum kann ich gerade nicht darauf vertrauen, dass der Glaube mich immer trägt?

Wer in schwere Zweifel gerät, der wird von den Wogen hin- und herbewegt, der beginnt zu ver-zweifeln. Ihm fehlt die Kraft, neuen Mut zu fassen. Der Glaube ist noch da, doch er liegt in der Dunkelheit, ist gerade nicht richtig erkennbar, nicht greifbar. In der Dunkelheit wird der Glaube zum Zweifel.

Ein junger Basstölpel fliegt durch die Lüfte Helgolands.

Warum hast du gezweifelt?

Als Jesus über das Wasser (Matthäus 14, 22-33) geht, erschrecken seine Jünger - sie halten ihn zuerst für ein Gespenst. Sie sitzen fest im Sturm auf dem See und sind so verängstigt, dass sie ihn offenbar in den schlechten Lichtverhältnissen nicht wiedererkennen. Erst nachdem Jesus sich zu erkennen gegeben hat, fasst Petrus Mut: Er steigt aus dem Boot und geht im Vertrauen über das Wasser auf Jesus zu.

Doch als Petrus den Blick abwendet und ihm der Sturm und die dunkle, tosende See um ihn herum bewusst wird, beginnt er zu sinken und schreit voller Angst und Verzweiflung: „Rette mich!”

Jesus streckt sofort die Hand nach ihm aus, zieht ihm aus dem Wasser und fragt: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?” Jesus bringt Petrus zurück ins Boot, der Sturm legt sich.

Sei Du mir nicht fern, Gott,
meine Stärke, eile, mir zu helfen!

Psalm 22, 20

Der Zweifel

Jeder Mensch zweifelt - weil er oder sie skeptisch geworden ist durch schlechte Erfahrungen, oder weil es widersinnig erscheint, an etwas zu glauben, das nicht direkt sichtbar ist. In unserem täglichen Leben stützen wir uns auf Fakten, auf überprüfbares Wissen. Der Glaube hingegen fordert die Logik und die Vernunft heraus.

Doch er ist nicht das Gegenteil von Wissen; der Glaube nimmt nicht ab, wenn das Wissen zunimmt oder umgekehrt. Der Glaube ist eine eigene Sphäre, bei der es nicht um das Überzeugtsein von Glaubenssätzen oder um religiöses Faktenwissen geht, sondern um das Vertrauen in Gott; darum, Gott nah zu sein und in dieser Nähe seine Antworten für die Fragen im Leben zu finden.

Wir bekommen den Glauben in uns gelegt. Aber er ist nichts, das fertig und unabänderlich ist. Es heißt auch nicht, sich immer ganz und gar sicher zu sein, sondern etwas zu haben, an dem wir uns festhalten können.

Zweifel sind wichtig, um nicht blind Glaubenssätze hinzunehmen, um neue Erkenntnisse und Erfahrungen sammeln zu können. Und wer zweifelt, der weiß, es ist noch Raum da, in dem der Glaube, das Vertrauen weiter wachsen kann.

Und auch wenn es so scheint: In unserem Zweifeln sind wir nicht allein.

Und Gott wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dich stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt.

Jesaja 58,11

Das Vertrauen

Vor der Nacht seiner Kreuzigung geht Jesus in den Garten Gethsemane am Ölberg, um zu beten, in Angst und tiefer Traurigkeit (Matthäus 26, 36-46). Er weiß, dass er verraten wird und sterben muss.

Der Garten ist zur dunklen Nachtzeit, im Kummer, kein Paradies. Jesus ist allein in der Dunkelheit, verzweifelt. Er betet. Nicht, um zu entkommen, sondern um die Stärke zu finden, das auszuhalten, was kommen wird. Er ringt mit sich - wie es wohl jeder Mensch an seiner Stelle tun würde. Er will Gottes Willen, seine Nähe erfahren. Und schließlich vertraut er, mit einem Urvertrauen - so wie ein Kind in seine Eltern vertraut.

So auswegslos sich seine Lage darstellt, sie soll doch allen Hoffnung geben.

Denn obwohl Jesus weiß, was passieren wird, steht er wieder auf, und ermutigt auch seine Jünger, es ihm gleich zu tun. Nicht zu verzweifeln, sondern zu vertrauen - und mit dieser Kraft dem Kommenden entgegenzustehen.

Im Garten der Freude

Dass Jesus in seinem schwersten Zweifel in einem Garten ist, können wir als besonderes Zeichen werten - als Zeichen der Hoffnung und Fürsorge auch für uns. Es ist der Ort, der am Tage, in sonnigen Zeiten, einem Paradies auf Erden ähnelt. Er gibt, was uns nährt. Geborgenheit im Schoß des Ursprünglichen. Er erinnert uns, dass auch der Glaube wie ein Garten ist: der Welt ein Stück entrückt, kann in ihm Hoffnung gesät werden und mit Liebe und Achtsamkeit heranwachsen.

Nicht immer entfaltet sich alles so, wie wir es uns erdacht haben. Und trotzdem: In ihm können wir Wurzeln schlagen, uns von ihm umfangen lassen - und bekommen eine Idee von der Größe der Liebe Gottes, die unsere Vorstellungskraft übersteigt.

Wir kümmern uns um unseren Garten, in dem alles mit Vertrauen beginnt - bis es blüht, bis die Früchte kommen. Auch im krummen Holz ist es ein Garten der Freude.

Allium blüht in einem Garten

Wer bittet,
darf voll Glauben bitten und nicht zweifeln:
Denn wer zweifelt, ist eine Welle,
die vom Wind im Meer hin und her getrieben wird.

Jakobus 1, 6

Eine Robbe schwimmt im Wasser der Nordsee

Was sichtbar ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig.

2. Korinther 4, 18

Wenn Sie dazu mehr hören wollen

Auf NDR-Kultur finden Sie in der Mediathek passend zu unserem Thema auch die Sendung Glaubenssachen. Hören Sie:

Eden ist anderswo

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