Landesbischöfin: „Wir brauchen Mut, Partizipation und Leitungsverantwortung“
20. November 2020
Kiel/Schwerin. Was kann und was muss Kirche in Zukunft noch leisten? Was wird dafür benötigt? Antworten auf diese und weitere Fragen für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) wurden heute (20. November) den 156 Landessynodalen in der Fortsetzung der erstmalig rein digital stattfindenden Tagung präsentiert.
Ausgangspunkt der Überlegungen waren die Ergebnisse aus den synodalen Beratungen im vergangenen November zum Schwerpunktthema „Kirche im Umbruch – Projektion 2060“. In einer Anfang Mai 2019 veröffentlichten gleichnamigen Studie hatte das Forschungszentrum Generationenverträge (FZG) der Albert-Ludwig-Universität Freiburg berechnet, dass sich bundesweit bei der evangelischen und katholischen Kirche Mitgliederzahlen und finanzielle Möglichkeiten bis 2060 etwa halbiert haben werden.
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt führte die Synodalen in den Bericht zum Zukunftsprozess der Nordkirche ein, der auch die zwischenzeitlichen Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie mit einbezieht. Drei Grundannahmen prägen den entworfenen Gestaltungsweg. „Ein Zukunftsprozess braucht Mut zum Neuen. Innovationen sind in unserer Landeskirche in vielen Gemeinden und Kirchenkreisen längst zu sehen. Wir müssen sie aber noch besser verstehen, miteinander teilen und wir müssen sie fördern“, erläuterte sie.
Kühnbaum-Schmidt weiter: „Ein Zukunftsprozess braucht Beteiligung. Er lebt davon, dass sich möglichst viele Menschen mit ihren unterschiedlichen Perspektiven einbringen. Strategische Entscheidungsprozesse in unserer Nordkirche mit ihrer pluralistischen und föderalen Struktur können und wollen wir nur partizipativ gestalten.“ Obwohl der Gestaltungsweg in erster Linie für die landeskirchliche Ebene konzipiert wurde, sei die Zusammenarbeit mit den Kirchenkreisen an den thematischen und organisatorischen Schnittstellen gesucht und gewollt, betonte sie.
Die dritte Grundannahme besagt, dass ein Zukunftsprozess Leitung braucht. „Veränderungsprozesse können nur dann erfolgreich sein, wenn wir alle, die wir in dieser Kirche Leitungsverantwortung tragen, sie mit Nachdruck voranbringen, im Prozess integrierend wirken und uns selbst verbindlich einbringen.“
Sie machte deutlich: „Angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung von Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteueraufkommen werden wir Priorisierungen vornehmen müssen. Der Zukunftsprozess gibt uns die Chance, dies überlegt, transparent, partizipativ und gut kommuniziert zu tun. Wir können und wollen uns die Zeit nehmen, um besonnene und nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Aber: Wir müssen sie auch treffen. Und Ja: Von manchem Gewohnten und manchem Geschätzten werden wir womöglich Abschied nehmen müssen. Zugleich entsteht und wächst Neues“, ermutigte sie.
Dr. Ricarda Dethloff vom Dezernat Kirchliche Handlungsfelder des Landeskirchenamtes der Nordkirche in Kiel erläuterte den Landessynodalen, wie sich die Landeskirche so aufstellen kann, dass sie langfristig mit weniger Ressourcen ihre Aufgaben erfüllen und gleichzeitig durch innovatives Handeln neue Spielräume generieren kann.
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Dieser Grundgedanke wird in fünf sogenannten Horizonten aufgegriffen: Mit dem Grundlagenhorizont werden theologische Leitsätze für die Entwicklung der Nordkirche beschrieben. Auch positioniert sich die Nordkirche zu Fragen der Mitgliedschaft in der Gemeinschaft der Landeskirchen. Mit dem Gestaltungshorizont werden kirchliche Kernaufgaben geklärt und es findet eine Verständigung darüber statt, wer sie auf welcher kirchlichen Ebene wahrnimmt im Hinblick auf wirkungsorientiertes und ressourcenschonendes Handeln.
Der Ressourcenhorizont benennt notwendige personelle und sachliche Rahmenbedingungen und erkundet Möglichkeiten der Finanzierung und Einsparung; der Regulationshorizont überprüft kirchenrechtliche Regelungen im Hinblick auf ein ausgewogenes Maß von Regulation und Ermöglichung kirchlichen Handelns. Mit dem Innovationshorizont werden Spielräume für die Weiterentwicklung kirchlichen Lebens geschaffen.
Für die Gesamtkoordination des Prozesses wird eine Koordinierungsgruppe von Verantwortlichen aus Landessynode, Kirchenleitung und Landeskirchenamt gebildet. Diese soll die unterschiedlichen Elemente der landeskirchlichen Ebene berücksichtigen und eine Verknüpfung zu den Zukunftsprozessen der Kirchenkreise ermöglichen. Zur Finanzierung des Gestaltungsweges steht ein Budget von maximal 300.000 Euro bis Dezember 2022 zur Verfügung. Die Finanzierung erfolgt aus Rücklagen.