Pop Up Church: Im Talar auf der Alster
28. August 2023
Ein letztes Mal stabiles Wetter. Das hatten die Apps vorausgesagt und das dachten sich auch alle, die am Donnerstagabend in Hamburg aufs Wasser gegangen sind. An der Streekbrücke, wo die Alster in den Isebekkanal einmündet, war darum eine Menge los. Da wurde gerudert, in Badehose, Bikini und Talar.
"Ich hab mit einem angestoßen, der Geburtstag hatte heute", sagt Meike Barnahl, eine der Hamburger Pastorinnen, als sie von ihrem Stand-Up-Paddle-Board (SUP) auf den Steeg steigt. "Gute Laune, schönes Wetter, Menschen, die Freizeit haben", daran freut sich ihre Kollegin Angelika Gogolin.
Sie erzählt von einem langen Gespräch mit einem Paar. Gerade waren sie vom Brett gefallen – und während er nach der Sonnenbrille getaucht hat, hat sie über die Hochzeitspläne gesprochen. Mit Angelika, die als @hochzeitspastorin_hamburg bei Instagramm ist und mit Meike zusammen Teil der Ritualagentur st.moment, war genau die richtige Gesprächspartnerin.
Aus Gemeinde, Krankenhaus und Kirchenkreis kamen die Pastorinnen und Pastoren dieser Pop Up Church. Und bevor sie fragen konnten: "Wie hältst Du’s mit dem Feierabend", wurden sie schon von den Menschen auf dem Wasser in Gespräche verwickelt, berichtet Pastor Lars Robin Schulz: "Hast Du ne Wette verloren?", "Feiert ihr Jungesellenabschied" – nein. "Seid ihr echt von der Kirche" – ja. Ein Mädchen hat das so begeistert, dass sie gleich während des Gesprächs und im Boot sitzend Pastorin Claudia Kress portraitiert hat.
Feierabend - "In der Unterbrechung steckt das Rituelle"
Propst Dr. Marin Vetter war extra gekommen um sich dieses besondere Format von Kirche im Dialog anzusehen: "Das ist ja mein Kiez hier – und ich bin gespannt ob alle mit trockenem Talar wieder runter kommen." Doch neben dem großen Spaßfaktor sieht er auch die religiöse Dimension in dieser Aktion.
Und dabei komme es auf‘s zuhören an: "Erstmal erzählen ja die Leute uns was – und zwar, dass es überhaupt einen Feierabend gibt. In der Unterbrechung steckt das Rituelle."
Pause machen
Ihn sprechen die biblischen Erzählungen besonders an, in denen Jesus Pause macht. Im Markusevangelium (6,31) empfiehlt er das auch seinen Freundinnen und Freunden: "Geht jetzt an einen ruhigen Ort, denn ihr habt Ruhe nötig.“ – Und, wie wir bei Jesus sähen, "raus aufs Wasser, das ist nicht nur Sturmstillung und Gefahr, sondern auch Muße und Zeit in Gemeinschaft", so Propst Dr. Martin Vetter.
Und so ging diese Pop Up Church mit den letzten Sonnenstrahlen zu Ende. Ein Pfarrkonvent aus dem Rheinland hatte sich im Hintergrund gehalten und alles aufmerksam beobachtet. Als dann ein Bord frei war, wollte auch Pfarrerin Inga Waschke aus Köln raus aufs Wasser – zum ersten Mal auf dem SUP, im fremden Talar und trotzdem gleich ganz nah bei den Leuten.
Alle Talare sind trocken geblieben
Mit strahlenden Augen erzählt sie davon, wie sie im Vorbeipaddeln eine Gruppe gesegnet hat, "mit nem Kreuz, was ich sonst noch nicht gemacht hab – aber einer hat das so vorgemacht." Und dann war das selbstverständlich und einfach. Und im Gegensatz zu den Augen sind alle Talare trocken geblieben.