Predigt zum Chorfest der Nordkirche im Schweriner Dom
27. August 2022
Chorfest 2022 – Predigttext: Kolosser 3, 12-15
I
„Gloria in excelsis Deo - Ehre sei Gott in der Höhe … et in terra pax - und Frieden auf Erden!“ So wunderbar und hoffnungsvoll, so schön singt sich das heute, so schön und so leicht. Mit Inbrunst und Stärke, voller Zuversicht und Gewissheit, im großen Chor.
Gloria in excelsis Deo et in terra pax – Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden – zuweilen, da singt sich das leicht, doch manchmal, da singt es sich schwer. Mit Zögern und Bangen, voller Fragen und Zweifel, als fragendes Lied, wenn andere Lieder den Ton angeben. Wenn Schlachtgesänge ertönen und Kriegstrommeln rufen, wenn ein Land wie Russland seinen Nachbarn Ukraine überfällt und mit Leid und Tod überzieht - Friede auf Erden?
Und: Ehre sei Gott in der Höhe, dem Schöpfer unseres und alles Lebens auf dieser Erde? Dem Schöpfer unseres zarten, zerbrechlichen, verwundbaren, gefährdeten Lebens. Dieses Lebens, das wir Menschen selbst oft genug gefährden, zerstören, einander zur Hölle machen. Dieses Lebens, für dessen Schönheit wir vor lauter Arbeit und Beschäftigung nicht selten den Blick verlieren. Dieses Lebens, das uns so oft wie eine Selbstverständlichkeit erscheint, eine Selbstverständlichkeit, auf die wir meinen, gewissermaßen ein Anrecht zu haben. Ehre sei Gott in der Höhe, dem Schöpfer unseres und allen Lebens - was für ein Lob ist das, das wir jubelnd singen und dem wir durch unser Leben nur kaum gerecht werden?
II
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden - ja, manchmal, da geht einem dieser Gesang so leicht und so jubelnd über die Lippen, und manchmal, da singt er sich so schwer, voller Fragen und Zweifel.
Und dennoch: Immer wieder haben Menschen diese Worte gesungen. Sie haben sie gesungen inmitten von persönlichem Schmerz und tiefer Verzweiflung. Sie haben sie nicht verstummen lassen, nicht in den Katakomben, den ersten Zufluchtsstätten von Christenmenschen, nicht dunklen Zeiten von Krieg und Terror, nicht dann, wenn sie in Diktaturen unhörbar gemacht werden sollten, und auch jetzt nicht, wo christlicher Glaube und christliche Hoffnung gleichermaßen angefragt wie dringend ersehnt werden.
So dringend brauchen wir, so dringend braucht unsere ganze Welt die Kraft und die Hoffnung dieser Worte. Denn nicht in der Hand von Diktatoren, sondern in Gottes Hand steht diese Welt. Deshalb wird Frieden werden, Gebeugte werden gestärkt, Trauernde getröstet. Und alle, die das hören, schöpfen neue Kraft. Das, so erzählt es die Bibel, wird Wirklichkeit werden. Davon sollen wir Menschen weitersagen, weiter singen, dem entsprechend sollen wir leben!
Dazu begeistert, ermutigt und stärkt uns das Singen Es erfrischt Körper und Geist, es berührt unsere Seele und öffnet unsere Ohren, Herzen und Sinne: für die Stimme, die neben uns singt, aber auch für die Stimmen, die lange vor unserer Zeit zu uns gesungen haben vom Frieden, den Gott verheißen hat und uns schenkt.
Was beim Lesen von Worten kaum zu glauben ist, wird im Gesang geradezu körperlich spürbar. Als Schwingung im Körper der Singenden, als Schwingung, die sich überträgt vom Chor zu den Zuhörenden. Und deren Resonanz trägt es wieder zu den Singenden zurück. Ein einziger schwingender Resoanzkörper, erfüllt von der Botschaft: Gottes unbeirrbare Liebe endet nicht. Christus steht uns bei und ist uns nah. Gottes Geistkraft erfüllt und stärkt uns.
III
Liebe Geschwister, liebe Domgemeinde, und heute besonders: liebe Sängerinnen und Sänger! Was für ein himmlischer Chor hat sich hier in Schwerin beim Chorfest der Nordkirche zusammengefunden! 64 Kantoreien und 12 Jugendchöre sind an diesem Wochenende in die Stadt gekommen, haben in Konzerten, Workshops und um den Dom herum auf dem Marktplatz gesungen - die ganze Stadt war voll Gesang! Wie bewegend, wie berührend, wie hoffnungsvoll!
Deshalb, auch hier und heute: Danke, von Herzen Danke! An alle, die dieses Chorfest vorbereitet und begleitet haben, an alle, die dieses Fest zu einem Fest haben werden lassen durch ihren Gesang. Danke allen, die uns heute Morgen durch ihre musikalische Mitwirkung beschenken: den Sänger:innen aus dem Choratelier 1, Team Blau mit Landeskirchenmusikdirektor Hans-Jürgen Wulf, dem Bläserchor unter Leitung von Landesposaunenwart Daniel Rau und Ihnen, lieber Domkantor Jan Ernst!
IV
Der Friede Christi, zu dem Ihr berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar, heißt es im heutigen Predigttext.Begonnen haben wir unseren Gottesdienst mit dem Entzünden einer Kerze. Eine kleine Geste nur, aber sie bringt wunderstill zum Ausdruck: Wir finden uns nicht ab mit Hass, Gewalt und Krieg. Sie sollen nicht das letzte Wort behalten. Auch wenn wir in unserem Alltag spüren, dass das mehr bedeutet als Lippenbekenntnisse. Dass es Folgen hat für unser Leben, sich auch ganz real in Kostensteigerungen auswirkt, die wir gemeinsam tragen und gemeinsam einander erträglich machen müssen. Mit finanzieller Entlastung vor allen anderen für die, deren finanzielle Ressourcen bereits jetzt, schon vor dem Winter, aufgebraucht sind. Mit nicht nachlassender Unterstützung für die, die wöchentlich neu bei den Tafeln anstehen, um angemessen und genug zu essen zu haben.
Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Wo wir sprachlos werden, schenkt uns das Singen der Worte unseres Glaubens einen neuen Geist und eine neue Sprache. Eine Sprache und einen Geist, die die Welt umspannen, die Christ:innen weltweit in der Hoffnung verbinden, dass wir die Welt verändern, das Leben auf der Erde bewahren und weitergeben können. Und so verändert Singen die Welt.
Nicht von heute auf morgen, nicht mit einem großen Paukenschlag. Doch beharrlich, mal laut, mal leise, unbeirrbar und nicht zu verstummen zu bringen klingen das Lob und die Hoffnung Gottes durch die Zeiten: Gloria in excelsis Deo et in terra pax - Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden.
Dieser Frieden ist das Ziel aller Geschichte. Über uns und unserer Welt ertönt an ihrem Ende und Ziel nicht Kriegsgeschrei. Sondern Lobgesang erklingt, weil nicht Hass und Gewalt uns beherrschen werden, sondern der Friede Christ unsere Herzen regiert.
Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn. Amen.