Umbau: Hamburger Rathauspassage wird eingeweiht
20. Februar 2024
Nach fünf Jahren ist es so weit: Die neue Rathauspassage Hamburg wird eingeweiht. Die letzten Arbeiten laufen noch, Mitte März wird das soziale Projekt für alle öffnen - mit Bücherladen, Tourismus-Info, Café, Restaurant und Blick auf die Alster.
An den Glasfronten zur Hamburger Rathauspassage klebt noch grüne Schutzfolie, gerade werden Holzspäne weggesaugt und ein Techniker schraubt an der Deckenbeleuchtung. Am Freitag (23. Februar) ist die große Einweihungsfeier für das soziale Projekt.
„Endlich! Bis dahin wird es hier noch ganz anders aussehen“, sagt Björn Dobbertin, Geschäftsleiter der Rathauspassage Hamburg. Dreck und Gewusel der Handwerker so kurz vor dem Event stören ihn nicht, im Gegenteil: „Das Schlimmste war die erzwungene Ruhe während Corona als auf der Baustelle nichts lief“, erinnert sich Dobbertin.
Umbaustart war 2019 - seitdem ist viel passiert
Der Umbau begann im September 2019. Nicht nur die Pandemie, auch der Ukraine-Krieg, Fachkräftemangel und Materialengpässe verzögerten die Wiedereröffnung. Die Passage wird in der zweiten Märzhälfte für alle Gäste öffnen, die WC-Anlage ist bereits in Betrieb.
Im U-Bahntunnel direkt unter dem Rathausmarkt wird es Gastronomie, eine Veranstaltungsbühne, einen Bücherladen und eine Touristeninformation geben. Bis dahin müssen noch Sicherungen gecheckt, Tausende Bücher eingeräumt, der Kaffeeautomat angeschlossen, Stühle und Tische aufgestellt werden.
Neu ist ein freie Blick auf die Alterarkaden
In der „Cafédrale“ und am „Ankerplatz“ werden Klassiker wie Rundstück, Fischbrötchen und Franzbrötchen verkauft, im Restaurant mit knapp 80 Plätzen und Blick auf die Alsterarkaden werden spanische und norddeutsche Gerichte angeboten.
In der Buchhandlung „Kehrwieder“ lässt sich in über 6.000 antiquarischen oder neuen Büchern und LPs stöbern. Zwischen den langen Bücherregalen hat das alte Harmonium aus Liverpool einen Ehrenplatz, es wurde gerade gestimmt. „Es kommt aus einem Laden, in dem auch die Beatles eingekauft haben“, erzählt Dobbertin und streicht über die Tasten.
Gleich am Eingang der Rathauspassage steht der Tresen der Touristeninformation „Hamburg (er)leben“. Während in anderen Bereichen noch Werkzeug herumliegt, sind hier schon Prospekte eingeräumt, auf dem Tresen stehen Blumen. „Wir wollen hier nicht nur klassische Sehenswürdigkeiten vermitteln, sondern auch Touren zu versteckten Perlen der Stadt anbieten“, sagt der 40-Jährige.
"Wir begleiten Menschen, die sonst nur wenig Chancen haben"
Kern des Projekts werde sein, rund 40 Menschen in sozialer Not zu beschäftigen. „Unser Team ist das Wichtigste“, betont Dobbertin. Die Mitarbeitenden haben teils einen Fluchthintergrund, körperliche oder geistige Beeinträchtigungen. „Wir begleiten Menschen, die sonst nur wenig Chancen haben.“ Sie würden auf ihrem persönlichen Weg unterstützt, können verschiedene Jobs kennenlernen, unabhängig werden und so auch ein Vorbild für Familie und Freunde werden. Ziel ist, sie für den allgemeinen Arbeitsmarkt fit zu machen.
Ein Gegenpol für mehr Empathie
Schon bei der Gründung der Rathauspassage 1998 ging es darum, in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit und sozialer Ungerechtigkeit ein Gegenpol für mehr Empathie zu sein. Auf Initiative des damaligen Diakoniechefs Stephan Reimers entstand die Rathauspassage mit einem Eine-Welt-Laden und einem Bücherbasar. „Über zwei Millionen Bücher haben wir seitdem verkauft und damit zwei Stellen finanziert“, sagt Reimers. Rund 400 Männer und Frauen hätten über die Rathauspassage eine Beschäftigung und neue Perspektiven bekommen.
Reimers: „Der Mut hat sich gelohnt“
Von der neuen Rathauspassage ist Reimers begeistert: „Sie hat eine neue Entwicklungsstufe erreicht, vor allem durch das Tageslicht und die neuen Fenster zur kleinen Alster.“ Dass sich aus seiner Idee, die ihm anfangs schlaflose Nächte bereitet hat, so etwas entwickeln würde, hätte er nicht erwartet: „Der Mut hat sich gelohnt“, findet Reimers, der sich noch an den alten, verrammelten Fußgängertunnel erinnert.
Rathauspassage liegt auf der Route des Jakobswegs
Für die neue Rathauspassage werden indes weiter Spenden gebraucht. Im Rahmen der Kampagne „mehr Empathie wagen“ ist die Zielmarke von 1,4 Millionen Euro nicht ganz erreicht, 300.000 Euro fehlen noch. Dobbertin hofft auf weitere Unterstützung und natürlich auch auf viele Gäste. Dass es auch spanisches Essen gibt, ist dabei kein Zufall: „Die Rathauspassage liegt auf der Pilgerroute des Jakobsweges“, sagt Dobberin. Wer will, gönnt sich hier das letzte Franzbrötchen auf dem Weg ins spanische Santiago de Compostela und den Pilgerstempel gibt es hier natürlich auch.