20. November 2014 - St. Lorenz Travemünde

20. November 2014 - Synodengottesdienst

26. November 2014 von Hans-Jürgen Abromeit

Predigt zu 2. Petrus 3, 3 – 13

Am Ende bekommt jeder, was er braucht

Liebe Synodengemeinde,

das größte Problem dieser Welt ist die fehlende Gerechtigkeit. Die Gerechtigkeitslücke klafft vor allem zwischen den Menschen im Süden und denen im Norden. Neben Kriegen in vielen Regionen ist die Armut in Afrika, Asien, Südamerika die Ursache für die zunehmende Zahl von Flüchtlingen. Aber auch in unserer prosperierenden Gesellschaft gibt es viele Ungerechtigkeiten, zwischen den Lebensverhältnissen von Ost und West, den Bildungschancen von Kindern aus Akademiker- und Arbeiterfamilien und … und …und …

Zu Recht kümmern wir uns als evangelische Kirche um diese Fragen der Gerechtigkeit. Gerechtigkeit, das ist unser Thema! Gott setzt am Ende die Gerechtigkeit durch, denn es heißt: „Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt“ (V. 13). Gerecht ist nicht, wenn alle das Gleiche bekommen, sondern wenn jeder das bekommt, was er braucht. Ungerecht ist auf jeden Fall, und darauf hat der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Bedford-Strohm, gestern am Buß- und Bettag hingewiesen, wenn die reichsten 85 Menschen auf dieser Erde so viel besitzen wie die ärmsten 3,5 Milliarden. Gerechtigkeit herrscht, wenn jeder das bekommt, was er braucht. Aber die Armen bekommen nicht, was sie benötigen. Wenn aber Gerechtigkeit der Maßstab für das Handeln Gottes ist, dann sollten wir als seine Leute uns schon jetzt um sie bemühen. Zwar bleibt in dieser Welt vollkommene Gerechtigkeit nicht erreichbar, aber sie setzt doch den Maßstab, der für unser Handeln schon jetzt die Richtung weist.

Das Ende des Kirchenjahres und die Bibelworte, die uns zum Toten- oder Ewigkeitssonntag vorgelegt sind, erinnern uns an ein ebenso wichtiges Thema, das wir als evangelische Kirche nach meiner Beobachtung nicht mehr mit gleicher Intensität betreiben. Es ist das Thema Tod und Ewigkeit. Dabei ist die Kirche ein Vortrupp des Lebens. Wir gehören doch zu dem, der nicht im Tod geblieben ist und das Leben, unvergängliches Leben, hervorgebracht hat. Wir sind Expertinnen und Experten für Ewigkeit. Als Kirche des Auferstandenen sollte das Wissen um die Zukunft bei Gott unser Alleinstellungsmerkmal sein. Die Menschen sehnen sich nach Ewigkeit, aber als Kirche sind wir eher mit anderen Themen auf dem Plan. Woran liegt das?

Nina Hagen singt in ihrer etwas derben Art: „Alle wollen in den Himmel, keiner hat Bock auf Tod!“ Aber vor der Ewigkeit kommt der Tod. Vor dem „Eingang in das ewige Reich“ (1, 11) kommen die so genannten „letzten Dinge“. Und weil Sekten und manche seltsamen Figuren sich hier austoben, haben wir als nüchterne Christenmenschen uns aus diesen Themen eher zurückgezogen. Was kann man denn über Tod und Sterben und das, was danach kommt, schon sagen? Und bevor wir uns blamieren, lassen wir es doch eher, davon überhaupt zu reden.

Ja, wir wissen schon, dass in der Bibel von einem Wiederkommen Jesu Christi auf diese Erde und der dann folgenden Weltverwandlung die Rede ist. Aber geht es uns nicht wie den Spöttern, die im Predigtwort zitiert werden. „Was ist mit dem Versprechen, dass er wiederkommt? Inzwischen sind die Väter gestorben. Doch es ist immer noch alles so, wie es vom Anfang der Schöpfung an war.“

Die Frage, was kommt nach dem Tod, interessiert uns. Aber diese Frage wird in der Bibel verknüpft mit Aussagen über die Zukunft der Welt. Am Ende sagt der 2. Petrusbrief, am Ende kommt Jesus Christus wieder. Aber er wird nicht kommen, wie er damals gekommen ist, als eine einmalige, aber doch mit anderen bedeutenden Personen verwechselbare geschichtliche Persönlichkeit, sondern am Ende der Zeiten wird er unverwechselbar kommen und diese Welt verwandeln. Liebe Geschwister, das ist die wesentlichste Aussage, die wir über die Zukunft machen können. Wir gehen nicht einem unsicherem, dunklem Schicksal entgegen, sondern unserem Herrn Jesus Christus. Wir kennen ihn doch. Er ist doch die Liebe in Person. Er meint es doch gut mit uns. Darum müssen wir nicht allein mit Trauer über unsere Friedhöfe gehen, sondern auch mit Zuversicht. Es wird alles gut! Nicht überall, wo dieser Satz gesagt wird, trifft er zu. Aber hier ist er richtig. Wenn wir am Ende unseres Lebens und am Ende dieser Welt Jesus Christus entgegengehen, dann wird alles gut! Damals hat er von Gerechtigkeit gepredigt. Am Ende wird er Gerechtigkeit bringen. Deswegen ist das erneute Kommen Jesu verbunden mit dem Gericht Gottes.

Der 2. Petrusbrief redet vom „Tag des Gerichtes“ (V. 7), vom „Tag des Herrn“ (V. 10), vom „Tag Gottes“ (V. 12). Wie dieser Tag genau aussehen wird, wissen wir nicht. Das Ende der Geschichte und der Beginn der Ewigkeit überfordert unsere Vorstellung. Als geschichtliche Wesen können wir das Jenseits der Geschichte nicht angemessen in Worte fassen. Wir sind immer angewiesen auf Sprachbilder und Vorstellungen, die aus unserer Vorstellungswelt kommen, obwohl wir wissen, dass das, was sie beschreiben, unsere Vorstellungswelt übersteigt.

Aber in und mit diesen Bildern werden wichtige Aussagen gemacht. Drei davon will ich besonders herausheben:

  1. Als Geschöpfe Gottes sind wir unserem Schöpfer verantwortlich. Wir kommen aus Gottes Hand und gehen in Gottes Hand. Am Ende haben wir mit Gott zu tun und er wird uns fragen: „Was hast du aus deinem Leben gemacht?“ Menschliches Leben ist immer verantwortliches Leben. Der Begriff Verantwortung kommt genau aus dieser Situation des Jüngsten Gerichtes. Gott wird uns fragen und wir werden antworten. Ich fand es eindrücklich, als vor einigen Jahren Margot Käßmann diese Frage gestellt wurde und sie antwortete, wenn Gott ihr eines Tages die Frage stellen würde, was sie mit ihrem Leben gemacht hätte, wäre es ihr peinlich, wenn sie dann antworten müsste, sie habe ihr Leben lang 4 Stunden pro Tag vor dem Fernseher gesessen. Gibt es nicht auch in Ihrem Leben Dinge, von denen es Ihnen peinlich wäre, wenn Sie Gott entsprechend antworten müssten?

  2. Es geht nicht immer so weiter! Es gibt ein Ende, nicht nur ein Ende durch den persönlichen Tod, sondern auch ein Ende der Welt. Der Verfasser des 2. Petrusbriefes erinnert daran, dass es schon einmal ein Weltenende durch die Sintflut gegeben hatte. Er erwartet das Ende der Welt in einem großen Weltenbrand, wie auch viele andere Denker der Antike. Heute wissen wir um ein Ende der Welt, das vielleicht in einem kosmischen Verglühen durch eine Explosion unseres Sonnensystems herbeigeführt wird. Aber ob die Welt den Kältetod stirbt oder den Hitze- oder Wassertod, ob ihr eines Tages ein Erdbeben ein Ende macht oder ob sie mit anderen Sternen zusammenrauscht, das alles sind Vorstellungen, die menschlicher Vorstellungskraft entspringen (G. Voigt). Entscheidend ist, dass es nicht immer so weitergeht. Dass es ein Ende gibt und dann aber eine neue Existenz in einem neuen Himmel und einer neuen Erde. Unser individuelles Schicksal ist untrennbar verbunden mit der Zukunft der Menschheit und des Kosmos. Am Ende erwartet uns eine neue Welt Gottes, die die beiden großen Themen Gerechtigkeit und Ewigkeit miteinander verbindet.

  3. Die Zeit, die uns auf dieser Erde bleibt, ist Bewährungszeit. Der Vers 9 des 3. Kapitels des 2. Petrusbriefes lautet (noch einmal nach der Basisbibel): „Der Herr zögert die Erfüllung seines Versprechens nicht hinaus, auch wenn einige es für eine Verzögerung halten. Sondern er hat Geduld mit euch. Denn er will nicht, dass jemand zu Grunde geht. Im Gegenteil: Er will, dass alle die Gelegenheit ergreifen, ihr Leben zu ändern.“ Ja, wir haben eine Sehnsucht nach ewiger Gerechtigkeit. Und Gott würdigt uns, das Leben neu zu lernen. Er gibt uns die Chance, andere zu werden. Unser Erdenleben gibt uns die Gelegenheit zu lernen, mit Gottes Gegenwart und seinem Willen zu rechnen. Am einfachsten können wir das, wenn wir uns die tägliche Frage stellen: „Herr, was möchtest du, das ich tun soll?“ Gott will, dass Menschen sich in freier Entscheidung ihm und seinen Maßstäben zuwenden. Gott achtet uns als seine Partnerinnen und Partner. Darin besteht unsere besondere Würde. Wir dürfen als freie Persönlichkeiten einwilligen in seinen guten Willen. Am Ende ist es für uns am besten, wenn wir das wollen, was er will. Gott lässt uns Zeit. Denn er hat das Ziel, dass niemand verlorengehen soll. Wir haben noch die Chance, Gerechtigkeit noch zu lernen. Wir haben die Gelegenheit zu begreifen – auch als Gesellschaft und als Volk – dass Teilen reich macht. Gott lässt uns noch Zeit, im Umgang miteinander eine herzliche Kultur des Willkommens zu lernen.

    Und was heißt das für uns persönlich? Jesus Christus ist auferstanden und wir haben vielleicht keinen „Bock auf Tod“, aber der Tod gewinnt durch die persönliche Erwartung der Gemeinschaft mit Jesus Christus einen versöhnlichen Charakter. Der dänische Kirchenkritiker und Philosoph Sören Kierkegaard hat deswegen verfügt, dass auf seinem Grabstein geschrieben wurde:

„Noch eine kurze Zeit,

dann ist's gewonnen,

dann ist der ganze Streit

in nichts zerronnen.

Dann werd ich laben mich

an Lebensbächen

und ewig, ewiglich

mit Jesus sprechen!“

Im Gegenüber zu Jesus Christus finde ich meine Bestimmung und werde der oder die, die aus freiem Entschluss Gottes Willen tut. Es ist die Verheißung der Ewigkeit, die am Ende Gerechtigkeit bringt. Und beides beginnt schon jetzt. Und am Ende bekommt jeder, was er braucht. „Und laben mich an Lebensbächen und ewig, ewiglich mit Jesus sprechen.“ Amen.

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