Alle Eventualitäten der Wirtschaftslage im Blick
25. Februar 2021
Im Finanzdezernat der Nordkirche wird die Vorarbeit für den Haushaltsentwurf geleistet, zu der auch die Steuerschätzung gehört. In Corona-Zeiten ist das keine ganz leichte Aufgabe. Ein Interview mit Heike Hardell, Leiterin des Finanzdezernats, über die Herausforderungen einer besonderen Zeit.
Frau Hardell, zu den Kernaufgaben Ihres Dezernats gehören unter anderem die Schätzung des Kirchensteueraufkommens und die Planung des Haushalts. Welche Schwierigkeiten mussten Sie dabei im Corona-Jahr 2020/21 meistern?
Die Schwierigkeiten im Corona-Jahr ergeben sich insbesondere durch die Unsicherheit der wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf die Steuereinnahmen. Davon sind nicht nur die kirchlichen, sondern natürlich auch die staatlichen Haushalte betroffen. Die staatlichen Steuereinnahmen sinken durch Gewinneinbußen, Umsatzrückgänge und Kurzarbeit erheblich. Üblicherweise erfolgt zweimal im Jahr – im Mai und November – eine staatliche Steuerschätzung. Auf deren Basis ermitteln wir das zu erwartende Kirchensteueraufkommen, welches von den Lohn- und Einkommensteuern sowie den Kapitalertragsteuern unserer Kirchenmitglieder abhängig ist.
Im vergangenen Jahr hat der staatliche Arbeitskreis Steuerschätzungen erstmals in seiner Geschichte eine zusätzliche Interims-Steuerschätzung im September vorgenommen, um die Auswirkungen der Pandemie auf die Steuereinnahmen verlässlicher abschätzen zu können. Die vielen Unwägbarkeiten, wie sich die Wirtschaftslage entwickelt, der ungewisse Ausgang und die Dauer der Pandemie bestehen weiterhin. Diese Unsicherheiten sind die Hauptschwierigkeiten im Corona-Jahr.
Datenlage absichern
Haben Sie aufgrund der Corona-Entwicklung im Herbst und Winter noch einmal die Einnahme-Schätzungen nach unten korrigiert?
Nein, der Ausschuss der kirchensteuerberechtigten Körperschaften hat sich im Dezember wieder sehr intensiv mit den Ergebnissen des staatlichen Arbeitskreises Steuerschätzung und den Auswirkungen auf die Kirchensteuern beschäftigt. Auch wenn kleine Veränderungen in einzelnen Positionen zu bemerken waren, letztendlich bestätigten die Daten der Novemberschätzung die Erwartungen aus dem September, so dass der Ausschuss bei den Zahlen geblieben ist.
Der Haushalt wird diesmal ja aber etwas später verabschiedet als geplant…
Ja, das stimmt. Die kirchlichen Gremien haben schon im Vorfeld überlegt, ob es in diesem besonderen Jahr sinnvoll ist, den Haushalt wie ursprünglich vorgesehen im November 2020 zu verabschieden – oder ob es nicht besser ist, die Zahlen der dritten Steuerschätzung abzuwarten. Das Finanzdezernat hat aus diesem Grund den Impuls gegeben, den Haushalt 2021 auf der Februartagung der Landessynode zu beraten, um die Erkenntnisse aus der Novemberschätzung berücksichtigen zu können. Eine Anpassung des Haushaltsplans war wie bereits erwähnt nicht erforderlich. Aber das wollten wir zunächst abwarten.
Angenommen, der Lockdown muss verlängert werden oder es folgt eine dritte oder vierte Corona-Welle. Können Sie darauf überhaupt noch reagieren, wenn der Haushalt bereits verabschiedet ist?
Es geht eher darum, bestimmte Eventualitäten im Vorfeld abzuklopfen und in die Berechnungen einfließen zu lassen. Die Steuerschätzung, die unser Dezernat vornimmt, wird sehr fachkundig von dem Ausschuss der kirchensteuerberechtigten Körperschaften beraten. In diesem Zuge geht es auch darum, mögliche gesetzliche Änderungen mit Auswirkungen auf die Lohn- und Einkommensteuerentwicklung zu berücksichtigen. Mit Blick auf die Pandemie können wir uns nicht sicher sein wie sich die Einnahmen entwickeln werden. Aber: Bislang hat es in der Nordkirche – mit Ausnahme von 2020 – keine Mindereinnahmen zu den geplanten Einnahmen gegeben. Der Haushaltsbeschluss regelt, dass Kirchenkreise und Landeskirche prozentual an den Mindereinnahmen beteiligt werden.
Zudem werden die Kirchensteuern monatlich mit den Kirchenkreisen abgerechnet und dargelegt, wie sich diese Zahlen zum Vorjahreszeitraum verhalten. Dadurch sind wir immer sehr nah dran am Geschehen und können Abweichungen sofort erkennen und an die Kirchenkreise weitergeben.
Die kirchlichen Körperschaften haben in den vergangenen Jahren ihre Ausgleichsrücklagen gut bestückt und damit Vorsorge getroffen. Die Ausgleichsrücklage dient insbesondere dazu, Einnahmeschwankungen abzufedern.
Unabhängig von den finanziellen Auswirkungen der Pandemie stellt sich die Nordkirche aufgrund der Ergebnisse der Freiburger Studie langfristig auf sinkende Einnahmen ein. In dem begonnen Zukunftsprozess werden Überlegungen angestellt, wie die vielfältigen kirchlichen Aufgaben zukünftig finanziert werden können.
Drei Gremien und zwei Beratungsrunden
Der Haushaltsentwurf steht nun also zur Verabschiedung bereit. Welche Gremien sind im Vorfeld an diesem Prozess beteiligt?
Damit der Entwurf entstehen kann, tragen die Kolleginnen und Kollegen aus dem Landeskirchenamt und den Hauptbereichen die Daten zusammen. Sie müssen etwa planen, welche Vorhaben oder Veranstaltungen realisiert werden sollen und welche Kostenänderungen anfallen. Erläuterungen werden erstellt. Das ist sozusagen die Vorarbeit. Diese Daten werden durch das Finanzdezernat um weitere Angaben ergänzt und der Haushaltsentwurf erarbeitet.
Die Beratungsgremien dabei sind: Das Kollegium des Landeskirchenamtes, die Kirchenleitung, der Finanzausschuss und als Beschlussorgan die Landessynode.
Geschieht dies nach einem festgelegten Prozedere?
Der Finanzausschuss und die Kirchenleitung beraten den Entwurf. Aus der Beratung im Finanzausschuss als synodaler Ausschuss können sich Hinweise für die Beratung in der Kirchenleitung ergeben. In der Regel berücksichtigt die Kirchenleitung diese Anregungen bei ihrer Beratung. Der abschließende Haushaltsentwurf wird von der Kirchenleitung auf der Synodentagung eingebracht, der Finanzausschuss gibt eine Stellungnahme dazu ab. Die Landessynode berät den Haushalt und beschließt ihn.
Zum Abschluss möchte ich Sie um einen Ausblick bitten: Sie leiten das Finanzdezernat erst seit wenigen Monaten, sind aber schon lange im Landeskirchenamt beschäftigt. Was wird sich dort ändern?
Ändern werden sich die finanziellen Rahmenbedingungen. Ich rechne in den kommenden Jahren eher mit Seitwärtsbewegungen bei den kirchlichen Einnahmen. Aber auch unsere Arbeitsprozesse werden sich verändern: Wir haben es jetzt in der Pandemie gesehen: Die Digitalisierung bringt Synergien in der Zusammenarbeit und im Verwaltungshandeln. Insbesondere die Prozesse im Finanzbereich eignen sich als gutes Beispiel für diese Modernisierung.