Donnerstag, 5. September 2024 | Hauptkirche St. Michaelis, Hamburg

Azubi-Gottesdienst: Steh auf und iss – mit Gottes Segen in die Ausbildung

24. September 2024 von Kirsten Fehrs

Predigt zu 1. Könige 19,1-8

Sehr geehrte, liebe Frau Senatorin Bekeris,

liebe Auszubildende, liebe Eltern, Freunde und Freundinnen,

liebe Ausbilderinnen und Ausbilder, liebe Musik, liebe alle,

„Seit dem 1. August bin ich Azubi – ich bin glücklich darüber!“ Glückwunsch zu diesem Glück, lieber Dominic, Anna-Marie, Sebastian, Celina, Rada, die ihr eben so eindrücklich erzählt habt, was euch euer Ausbildungsplatz bedeutet. Und ehrlich: Wir alle sind glücklich, dass und wie es euch gibt. Glaubt mir: Es ist eine große Freude, euch und Ihnen heute zu begegnen, so viele, wache, interessierte, freundliche Menschen, die alle hier sind, weil etwas neu anfängt.

Und wenn man euch ins Gesicht schaut, kann man eure Neugierde spüren, diese aufgeregte Spannung, vielleicht auch Unsicherheit. Kann ich das? Will ich das? Erinnert fast ein bisschen an die Einschulung. Da wusstet ihr auch nicht so genau, was auf euch zukommt. Und eure Eltern nicht. Und die Lehrer:innen auch nicht. Niemand wusste genau, wie alles werden wird. Und heute seid ihr Azubis. Erwachsene Menschen, aufrecht und frei. Es ist also schon ganz schön viel ganz schön gut gelaufen. Kompliment.

Ihr habt es bis hierher geschafft, weil ihr es konntet und wolltet. Ihr wart in der Schule, habt euch beworben, habt euch entschieden und jemand hat sich für euch entschieden. Und jetzt fängt mit der Ausbildung eine neue Zukunft an. Eure Zukunft. Aber auch die Zukunft unserer Gesellschaft, die euch ja so dringend braucht mit all euren Gaben und Talenten, euren geschickten Händen und euren Computerkenntnissen, eurem großen Herzen und eurer Kraft. Ihr seid unsere Zukunft. Ihr seid die Fachkräfte von morgen. Ohne euch wird es nicht gehen, und ohne Sie, die Eltern und die Ausbilder:innen, die Sie sich gemeinsam mit den Azubis auf einen Lehr- und Lernweg machen, auch nicht.

Denn das ist ja gerade in den vergangenen Jahren immer deutlicher geworden: dass unsere Gesellschaft eben nicht nur jede Menge Fachkräfte braucht, sie braucht überhaupt Kraft. Zuversicht. Um all die Krisen und Müdigkeiten zu bestehen, die so viele belasten. Die Gesellschaft braucht junge Menschen wie euch, die etwas wollen. Die nicht rückwärtsgewandt warten, dass es irgendwie besser wird. Sondern die aufrecht der Zukunft entgegengehen, nach vorn. Mutig. Unsere Gesellschaft braucht euch, die ihr positiv im Leben steht und euch für Vielfalt, wie wir sie hier erleben, einsetzt und für die Würde des Menschen und für Frieden und Zusammenhalt. Als Demokratinnen und Demokraten, die Hoffnung ausstrahlen und Mitmenschlichkeit. Danke euch dafür! Und jetzt wisst ihr auch, warum dieser Gottesdienst mit euch und Ihnen heute ein wirkliches Highlight in meinem Terminkalender ist.

Aber klar, neben all der Freude, dass etwas Neues in eurem Leben losgeht, gibt es manche Probleme. Nicht alles ist ja einfach. Wir haben das eben sehr eindrücklich in den Statements gehört: Es kann ganz schön schwer und belastend sein, mit Menschen umzugehen, die krank sind und mit ihren Einschränkungen kämpfen, die um ihre Liebsten trauern. Es ist nicht leicht, jeden Morgen pünktlich auf der Matte zu stehen. Oder in der Schule im Stoff immer mitzukommen. Es fühlt sich blöd an, wenn man Fehler macht – obwohl es ja als Anfängerin ganz normal ist. Schwer ist auch, wenn man vielleicht merkt, dass es doch nicht ganz der richtige Beruf ist, den man sich ausgesucht hat. Oder wenn es lange dauert, bis der richtige Ausbildungsplatz gefunden ist. Manchmal ist es auch schwer, eine Ausbildung durchzuhalten, wenn es zu Hause oder mit der Freundin und dem Freund nicht gut läuft.

Gott sei Dank gibt es da solch mutmachende Geschichten, wie wir sie eben aus der Bibel gehört haben. Von Elia, der übrigens im Koran Ilyas heißt. Der ist einer von den Gerechten. Ein Prophet war er, der ganz viel wollte, große Pläne hatte er. Er hat viel geleistet und sich auch mit Leuten angelegt. Eigentlich wollte er alles richtig toll machen. Hat sich aber verhoben. War immer ein bisschen drüber. Wollte zu viel auf einmal. Hat keine Ruhe gehabt, sich mal zu besinnen, sich zu fragen, ob das alles so richtig ist. Und irgendwann war seine Kraft am Ende.

Ihr wisst, wie die Geschichte weitergeht: Die Sonne geht wieder auf in seinem Leben. Er findet neue Kraft. Ganz so, wie wir‘s gern sagen: hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen. Das klingt so einfach. Aber manchmal schafft man das nicht allein. Dann ist es gut, wenn andere da sind, die einen stärken und anstupsen und sagen: Hey, weitermachen, es ist hart, ich weiß, aber es lohnt sich. Die sind so wichtig, diese Engel im Alltag! Denn niemand kann schwere Zeiten im Leben immer allein schaffen. Muss man auch nicht. Ihr habt ja eben ganz konkret erzählt, wer und was euch hilft, wieder aufzustehen und euren Weg zu gehen: Das kann ein Lehrer sein oder eine Kollegin, jemand aus der Familie, der Freund, Musik, Sport, ein gutes Essen und ja, auch Gott. Und – welche Worte machen stark? „Steh auf und iss!“ „Du bist gut, du schaffst das.“ „Dich mag ich, weil du bist, wie du bist.“ „Das machst du richtig gut!“ „Ich glaub an dich.“ „Ich vertraue dir“.

Das alles sind Engelsätze. Denn, so erzählt es die Geschichte, als Elia an nichts mehr geglaubt hat, so richtig fertig war er mit Gott und der Welt, da stand auf einmal ein Engel. Ein Mittler Gottes. Nicht so eine niedliche Putte hier, sondern von der Kategorie: hartnäckig und stabil. Einmal, zweimal, ja dreimal stupst, flüstert, fordert der Engel Elia auf, endlich aufzustehen. Nicht aufzugeben. Dreimal: Los, du hast einen weiten Weg vor dir, das Leben hält so viel für dich bereit! Und endlich, endlich, steht er auf. Elia schöpft wieder Mut – und hat dann tatsächlich ein ziemlich großartiges Leben gelebt. Glücklich.

Ich wünsche euch, dass es in eurem Leben immer Engel gibt, die hartnäckig an euch dran bleiben, die euch aufrichten, wenn ihr traurig und müde seid. Die euch trösten, wenn ihr an euch zweifelt. Die euch ermuntern, wenn ihr den Mut verliert. Die euch auch mal in den Hintern treten, wenn ihr es braucht. Engel, die euch loben, auch wenn ihr keinen guten Tag habt. Die an euch glauben, egal, wie es in der Berufsschule läuft. Die da sind und sagen: Komm, steh wieder auf und geh weiter.

Übrigens: Ihr könnt natürlich auch Engel sein – für eure Kolleg:innen, eure Familien und eure Freund:innen. Das ist keine Einbahnstraße.

Aber heute, heute seid ihr dran, heute sollt ihr einen dicken Engelsspruch mit auf den Weg bekommen. Mit einem Segen – Segen, das ist Gottes Kraft und Glückwunsch. Eine Stärkung für den Weg, der vor euch liegt!

Und so nehmt ihn bitte gern gleich mit, euren ganz persönlichen Segen, dass ihr zuversichtlich bleibt – mit Gott und allen Engeln des Himmels an der Seite – morgens, wenn ihr früh aufstehen müsst. Mittags, wenn ihr eine Pause braucht. Abends, wenn der lange Tag hinter euch liegt. Damit ihr euch immer erinnert: „Zu dir, zu dir, zu Gott, darf man immer und immer.“ Bleibt behütet – und voller Kraft für den Frieden. Amen.

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