Humanitäres Handeln notwendig

Bischöfin Fehrs zu Afghanistan: „Wir tragen Verantwortung – als Deutsche und als Europäer“

Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche
Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche© Marcelo Hernandez, Nordkirche

22. August 2021 von Maren Warnecke

Hamburg/Lübeck. Mit Blick auf die Machtübernahme Afghanistans durch die Taliban und deren dramatische Folgen vor allem für die Bevölkerung vor Ort rief Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), dazu auf, die Zuversicht nicht zu verlieren.

„Die Entwicklung der letzten Wochen ist ein Rückschlag, aber sie ist keine Niederlage. Die Hoffnung auf ein freies, friedliches und gerechtes Zusammenleben aller Menschen lebt weiter. Auch in Afghanistan“, sagte Fehrs heute (22. August) in ihrer Predigt im Lübecker Dom.

Eine ganze Generation dieses jungen Landes Afghanistan sei inspiriert und geprägt worden von der Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben, so die Bischöfin weiter. „Keine Gewalt kann diese Hoffnung auslöschen. Daran glauben wir gemeinsam mit so vielen Menschen aller Religionen, auch mit Musliminnen und Muslimen. Hier bei uns ist der Dialog gefordert und die geduldige Suche nach Frieden. Daran arbeiten wir. Dafür werben wir. Dafür brauchen wir in Politik und Gesellschaft glaubwürdige Zeuginnen und Zeugen.“

Die Bischöfin zeigte sich erschrocken und erschüttert von den Bildern aus Afghanistan. „Die blanke Angst der Menschen vor dem brutalen Terror der Taliban gehen mir sehr nahe. Ein ganzes Land sieht sich der Gewalt fanatischer Gruppen ausgeliefert, die Freiheit nehmen und Ideologie durchsetzen wollen. Dass das im Namen der Religion geschieht, schmerzt uns als Christinnen und Christen besonders. Wir sind mit Gedanken und Gebeten, und wo immer wir können auch mit Worten und Taten an der Seite derer, die auf ein anderes Afghanistan gehofft und dafür gearbeitet haben.“ 

Gerade auch für die Frauen des Landes bedeute der Rückzug der westlichen Staaten eine riesige Enttäuschung. „Die Pläne sind nicht aufgegangen und die bisherige Politik ist gescheitert. Dem müssen wir uns stellen“, erinnerte Fehrs an den bevorstehenden 20. Jahrestag der Flugzeugattentate von al-Qaida-Terroristen am 11. September 2001, bei denen knapp 3000 Menschen ums Leben kamen. Als Reaktion griffen damals wenige Wochen später die USA gemeinsam mit ihren Verbündeten die islamistische Taliban-Regierung, Unterstützerin der Terrorgruppe al-Qaida, in Afghanistan an.

„Jetzt ist humanitäres Handeln gefordert“, appellierte Bischöfin Fehrs an jede und jeden Einzelnen:  „Jene Menschen, die sich für Freiheit und Demokratie in Afghanistan eingesetzt haben, sind in Gefahr und brauchen unsere Unterstützung. Wer um Leib und Leben fürchten muss, wartet auf Rettung und Zuflucht. Wir tragen Verantwortung – als Deutsche und als Europäer. Wir tragen auch Verantwortung dafür, welches Gesicht unsere freiheitliche Gesellschaft jetzt zeigt: Ob sie Grenzen und Zäune schließt, oder ob sie sich menschenfreundlich und verantwortungsbewusst zeigt.“

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