Bericht aus dem Sprengel Hamburg und Lübeck vor der Landessynode

Bischöfin Kirsten Fehrs: „Alles beginnt mit der Sehnsucht – damit wir wirklich Kirche sind, die Altes loslassen kann und bei den Menschen in unserer Zeit ankommt.“

Bischöfin Kirsten Fehrs hält den Sprengelbericht aus dem Sprengel Hamburg und Lübeck.
Bischöfin Kirsten Fehrs hält den Sprengelbericht aus dem Sprengel Hamburg und Lübeck.© Susanne Hübner, Nordkirche

18. November 2022 von Maren Warnecke

Lübeck-Travemünde. „Viele Menschen suchen, finden und arbeiten an einer Kirche, die zum gesellschaftlichen Sozialraum unserer Städte beitragen muss, will sie Kirche Jesu Christi sein. Auch unser Sprengel steckt voller zu entdeckender Lebenswirklichkeiten, die zu uns und unserer Gesellschaft gehören. Wie knüpfen wir an diese Lebenswirklichkeiten an, die wir schon lange nicht mehr – oder gar überhaupt noch nie – gesehen haben?“, fragte Bischöfin Kirsten Fehrs heute (18. November 2022) in ihrem Bericht über das kirchliche Leben im Sprengel Hamburg und Lübeck vor der Landessynode.

Fehrs gab sogleich auch eine Antwort: „Alles beginnt mit der Sehnsucht. Es ist die Sehnsucht nicht allein nach praktischen Lösungen inmitten von Krieg und Krise, der alle Generationen in Atem hält. Sondern die Sehnsucht nach Gemeinschaft, die zusammen und den Spaltungstendenzen zu Leibe rückt. Wissend, dass sich unser Glauben, Lieben, Hoffen nur in dieser Welt mit ihren Realitäten bewährt.
Denn Hoffnung ist DIE Ressource von Religion. Als unerschöpfliche Quelle für die Erschöpften. Als Aussicht für die, die deprimiert sind, in Trauer und sorgenvoll, auch im Blick auf die Zukunft unserer Kirche. Als Kraftquelle für das, was in ihr wachsen will und werden.“ Die Bischöfin stellte vier innovative Beispiele im Sprengel vor, die für sie exemplarisch für das Miteinander in neuen Lebenswirklichkeiten stehen.   

Das Trinitatis Quartier in Hamburg-Altona entstand bewusst als gemeinsames Projekt von Kirchengemeinde, Kirchenkreis und Diakonie auf dem einstigen Trümmerfeld aus dem Zweiten Weltkrieg rund um die Trinitatis-Kirche. „Aufbauend, buchstäblich, indem die Kirche ganz bewusst ihr Gesicht dem Stadtteil zuwendet: Mit Gemeindehaus, Sozialwohnungen, einer Kindertagesstätte, Wohnungen für ehemals obdachlose Menschen, einer Pilgerherberge und einem Café als Begegnungsstätte“, so Fehrs.

Das Projekt „Kirche hoch drei“ im Hamburger Stadtteil Eidelstedt hat unter dem Motto „Gemeinschaft, Beratung, Pflege“ Angebote für alle Generationen geschaffen. „Vom Trostcafé für Trauernde bis hin zu Krabbelgruppen nebenan, das ist gelebtes Evangelium, wie eine Mitarbeiterin begeistert feststellte“, berichtete Fehrs.

Bei den Menschen in unserer Zeit angekommen ist für die Hamburger Bischöfin auch die Paul-Gerhardt-Gemeinde im Hamburger Stadtteil Winterhude, die neue Wege sucht, um als Kirche im öffentlichen Raum präsent zu sein. Mit einem „Coffeebike“ besuchen die Pastor:innen die Menschen im Quartier und laden zu niedrigschwelligem Austausch ein. „Es ist so wichtig, dass die Menschen, die nicht mehr wissen, wo ihr Platz ist – auch kirchlich nicht -, die aber zu uns gehören oder gehören wollen, sich an einen Ort wenden können. Denn sie sind oft unserer Aufmerksamkeit entglitten. Was also ist mit UNSERER Sehnsucht nach diesen Menschen?“, fragte sie.
Es sei zu beobachten, dass das Bild, das Kirche von sich transportiert beziehungsweise das ankommt, durchaus in Spannung zur Selbstwahrnehmung stünde: „Als eigentümlich binnenorientierter Verein, sperrig, antiquiert und mit einer Sprache, die nicht oder nicht mehr verstanden wird.“

Einen großen Schritt in Richtung klimaneutrale Nordkirche hat die Kirchengemeinde Lütau unternommen. Deren Knickholz-Heizwerk versorgt über ein Wärmenetz Kirche, Kita und Gemeindehaus. „Durch die Umstellung der Heizung von fossilen Brennstoffen auf nachwachsende Energien werden nun rund 80 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen, konkret 32 Tonnen CO2 pro Jahr. Ein Leuchtturmprojekt mit einer beeindruckend kreativen Technik der erneuerbaren Energie, die viele Nachahmerinnen finden möge“, wünschte sich Kirsten Fehrs.

Wie die Kraftquelle der Rituale neu gedacht werden können, zeigt „st. moment“, die Serviceagentur für Taufe, Trauung und Bestattung, in Hamburg. „Sie sind auf der Suche nach den Menschen an den Hecken und Zäunen, Häusern und Villen – um sie auf ihren je eigenen Wegen Kraft, Segen und Hoffnung geben zu können.“ Ihr Dank galt allen Menschen in den Kirchengemeinden, die sich Gedanken machen und sich einsetzen dafür, dass Kirche mit ihrem bewährten Dienst und neuen Ideen am Laufen gehalten wird.

Bischöfin Kirsten Fehrs ermutigte ihre Zuhörer:innen:

„Alles beginnt mit der Sehnsucht – damit wir wirklich Kirche sind, die Altes loslassen kann und wirklich in unserer Zeit und bei den Menschen ankommt. Die neue Aufbrüche wagt und sich dabei auch ein wenig riskiert.“

Hinweis an die Redaktionen:

Die Tagung der Landessynode wird bis morgen (ca. 13 Uhr) auch im Livestream übertragen auf www.nordkirche.de. Außerdem finden Sie unter Landessynode.nordkirche.de unseren „Synoden-Ticker“, Pressemitteilungen und natürlich Postings in den Social-Media-Netzwerken.

 

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