Bericht aus dem Sprengel Mecklenburg und Pommern vor der II. Landessynode

Bischof Jeremias: Demut hilft bei einer bescheideneren Selbsteinschätzung

"Öffentliche Theologie gewinnt an Überzeugungskraft, wenn sie aus dem Kern eigener Glaubensüberlieferung für Ausgegrenzte oder für die ausgebeutete Schöpfung Stellung bezieht", sagte Bischof Tilman Jeremias heute (26. Februar 2022) in seinem Sprengelbericht
"Öffentliche Theologie gewinnt an Überzeugungskraft, wenn sie aus dem Kern eigener Glaubensüberlieferung für Ausgegrenzte oder für die ausgebeutete Schöpfung Stellung bezieht", sagte Bischof Tilman Jeremias heute (26. Februar 2022) in seinem Sprengelbericht © Elisabeth Most-Werbeck, Nordkirche

26. Februar 2022 von Annelie Haack-Birgden, Maren Warnecke

Greifswald/Lübeck-Travemünde. Demut - auf dieses Wort fokussiert Bischof Tilman Jeremias (Greifswald) seinen Bericht aus dem Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche).

Bischof Jeremias: „Demut, das heißt nicht devote Unterwürfigkeit oder Lust am Leiden. Sondern Demut bedeutet den nüchternen Blick auf die eigenen Verfehlungen, Einsicht in die eigenen Grenzen und in die eigene Angewiesenheit. Daraus folgt für mich ein solidarisches Handeln.“

Solidarisches Handeln scheint in diesen Tagen in vielerlei Hinsicht notwendig. Bischof Tilman Jeremias übersetzt das altertümliche Wort Demut in seinem Bericht in die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen. In Bezug auf die kontroversen Debatten zu den Corona-Maßnahmen fordert er eine stärkere Positionierung der Kirche: „Besonders wir im östlichen Teil der Landeskirche spüren täglich, wie der Riss dieses Streits auch mitten durch unsere Kirche geht. Darum haben wir als Kirche aus meiner Sicht gegenwärtig eine zentrale Rolle darin, Räume zu schaffen für demütige Kommunikation.“

Als positive Beispiele für die Öffnung von kirchlichen Gesprächsräumen nannte er den HörRaum der Kirchengemeinde Neustrelitz, die offenen Online-Austauschrunden „Ich hör dann mal hin…“ von „Kirche stärkt Demokratie“ im gesamten Sprengel oder auch das sogenannte Nikolai-Quartett der Rostocker Innenstadtgemeinde.“ Jeremias ermutigte: „Wir sollten regelmäßig Orte und Gelegenheiten anbieten, die Menschen ermutigen, die eigene Meinung frei heraus aussprechen zu können und dabei auf offene Ohren zu stoßen.“

Besonders im gesellschaftlichen Umgang mit der Corona-Krise kam und komme es auf Solidarität und eine gute Kommunikation im Miteinander an: „Viele Gemeinden und Einrichtungen auch im Sprengel Mecklenburg und Pommern haben Impfangebote im kirchlichen Raum organisiert. Damit haben wir einen wichtigen Beitrag zum Gesundheitsschutz geleistet.“

Die rückläufigen Mitgliederzahlen der Kirchen ordnet Bischof Jeremias als „Erosion der gesamten Volkskirche ein“: „Demut heißt hier Abkehr vom Aktionismus und Hinwendung zu stiller Einkehr, zu Gebet und Meditation. Erst diese Einkehr bringt uns eine bescheidenere Selbsteinschätzung: Statt ständig gefragter Welterklärerin sind wir nur noch eine religiös begründete Stimme im ethischen Diskurs unter anderen.

Solche Hinwendung zur Demut hätte durchaus auch befreiende Wirkung: Öffentliche Theologie gewinnt an Überzeugungskraft, wenn sie aus dem Kern eigener Glaubensüberlieferung für Ausgegrenzte oder für die ausgebeutete Schöpfung Stellung bezieht. Demut zeigt sie, wenn sie zu Belangen zu schweigen lernt, die diesen Glaubenskern nicht berühren.

Dem  Europäischen Jugendtreffen der Gemeinschaft von Taizé am 31. Dezember 2022 in Rostock blickt der Greifswalder Bischof mit viel Hoffnung entgegen: „Wie schön, wenn Tausende Jugendliche aus ganz Europa in unserem Sprengel miteinander singen, beten und schweigen! Und wie gut, wenn wir uns als Landeskirche durch zahlreiche Taizé-Andachten geistlich auf dieses Großereignis vorbereiten!“

 

 

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