Amnesty International Hamburg

Buß-und Bettag: Gebet für Menschenrechte

Der Buß- und Bettag gehört dem stillen Gebet. Er ist ein Tag der Umkehr, der Neuorientierung und dient auch dem Nachdenken über gesellschaftliche Fehlentwicklungen.
Der Buß- und Bettag gehört dem stillen Gebet. Er ist ein Tag der Umkehr, der Neuorientierung und dient auch dem Nachdenken über gesellschaftliche Fehlentwicklungen. © Chris Liverani, unsplash

20. November 2023 von Catharina Volkert, Marcel Maack

Zum 50. Mal feiert Amnesty den Buß- und Bettag in der Hamburger Hauptkirche St. Katharinen. Die Menschenrechtler laden dazu kluge Köpfe ihrer Zeit ein. In diesem Jahr spricht Jan Philipp Reemtsma auf der Veranstaltung in der Hansestadt.

Die Liste der Prominenten, die Amnesty mit einem Redebeitrag am Buß- und Bettag unterstützen, ist lang: Walter Jens sprach 1977 auf der Veranstaltung, Antje Vollmer 1987, Petra Kelly 1991, Joachim Gauck 2017. 

Sie alle kamen, um in der evangelischen Hamburger Hauptkirche St. Katharinen an den Schutz der Menschenrechte zu erinnern. Für den kommenden Buß- und Bettag am 22. November um 19 Uhr hat sich Jan Philipp Reemtsma angekündigt.

Die Hamburger Hauptkirche St. Katharinen
Die Hamburger Hauptkirche St. Katharinen.© epd-bild, Stephan Wallocha

Anke Caßens-Neumann ist Pastorin in der Kirchengemeinde Farmsen-Berne und Mitglied einer Hamburger Amnesty-International-Gruppe. 1977 gestaltete sie erstmals einen Bußtagsgottesdienst in der Hauptkirche mit.

„Wir fühlten uns schon immer herzlich willkommen“, sagt sie. „Ich erlebe eine große Selbstverständlichkeit, dass wir diesen Gottesdienst in St. Katharinen feiern.“ Er findet in Kooperation mit der Hauptkirche statt, auch dieses Jahr wird Hauptpastorin und Pröpstin Ulrike Murmann mitwirken.

Der Buß-und Bettag

Der evangelische Buß- und Bettag ist ein Tag der Neuorientierung – auch wenn er in fast allen Bundesländern kein arbeitsfreier gesetzlicher Feiertag mehr ist. Es geht darum, zusammenzuhalten und gemeinsam innezuhalten. Der Tag bietet Gläubigen Raum für eine spirituelle Auszeit.

Mehr:Kirchenjahr-evangelisch.de

Der protestantische Buß- und Bettag wurde erstmals 1532 im mittelalterlichen Straßburg offiziell eingeführt. 1995 wurde der kirchliche Gedenktag zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer Sachsen als arbeitsfreier gesetzlicher Feiertag ersatzlos gestrichen. „Der Bußtag hat seinen festen Platz im kirchlichen Festkalender jedoch nicht verloren und ist im Leben vieler Menschen nach wie vor fest verwurzelt“, so die EKD.

Ursprünglich wurden Bußtage aus aktuellen Anlässen ausgeschrieben, wie etwa während des Dreißigjährigen Krieges. Sie hatten öffentlichen Charakter: Die gesamte Bevölkerung wurde angesichts von Notständen und Gefahren zu Buße und Gebet aufgerufen. Im 19. Jahrhundert verständigten sich die evangelischen Landeskirchen auf die Einführung eines allgemeinen Buß- und Bettages am Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres – dem Ewigkeitssonntag oder Totensonntag.

Gefragt nach der Geschichte des Gottesdienstes, fällt ein Name sofort: Ortrud Weckel. Ebenfalls Amnesty-Mitglied und Christin, für die die Verbindung von Glauben und politischem Handeln bis zu ihrem Tod 2020 selbstverständlich war. Deswegen regte Weckel die Gottesdienste in St. Katharinen an. Und trieb sie voran. „Sie hat an ihrem kleinen Schreibtisch die Leute handschriftlich angeschrieben“, schildert Caßens-Neumann.

Innehalten und Nachdenken

Der Gottesdienst diene „zum Innehalten, zum Nachdenken, wofür wir stehen als Land und als Stadt“, sagt Caßens-Neumann. Der diesjährige Redner Jan Philipp Reemtsma ist Gründer des Hamburger Instituts für Sozialforschung. Als die Amnesty-Gruppe sein gewähltes Thema für den Gottesdienst erfuhr, war die Überraschung groß. Es lautet: „Der politische Kampf für Menschenrechte hat kein religiöses Fundament.“

Jan Philipp Reemtsma spricht im Gottesdienst

„Wir lassen unseren Rednern die größtmögliche Freiheit“, betont Caßens-Neumann. Zumindest im weitesten Sinne solle es aber mit Menschenrechten zu tun haben, ergänzt Amnesty-Mitglied Dalk-Ascan Bandilla, der den Gottesdienst mitorganisiert.

Politischer Buß- und Bettag am Mittwoch um 18 Uhr im Berliner Dom

Livestream

"Der Buß- und Bettag ist ein Tag zum Innehalten, zum Leben ändern. Den Blick nach innen zu richten, auf unsere Schwächen zu schauen und unsere Fehler aus der dunklen Ecke zu holen", sagt Prälatin Anne Gidion, Bevollmächtigte des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der EU.

Sie wird den Gottesdienst zum politischen Buß- und Bettag am Mittwoch um 18 Uhr im Berliner Dom mitgestalten. Er wird auch live gestreamt. Die Predigt soll der SPD-Bundestagsabgeordnete und Kirchen-Beauftragte seiner Fraktion, Lars Castellucci, halten.

Laut Caßens-Neumann vertrauen sie darauf, dass Reemtsma ein „kluger Mensch“ sei. Denn das Vortragsmotto widerspricht, so der erste Eindruck, der Haltung des Gottesdienstteams, dessen Engagement Folge und Ausdruck des Glaubens ist. „Für mich ist der Satz Jesu 'Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan' zentral“, sagt Caßens-Neumann.

Einsatz gegen Folter und Todesstrafen

Amnesty-Mitglieder tragen während des Gottesdienstes Texte vor. Zumeist handele es sich um sogenannte „urgent actions“, sagt Bandilla. Darunter seien eilige Einsätze für politische Gefangene zu verstehen, denen dringend Zugang zu rechtlichem Beistand oder medizinischer Versorgung gewährt werden müsse oder die beispielsweise vor Folter oder Vollstreckung der Todesstrafe geschützt werden müssten.

In diesem Jahr werde es unter anderem um die Schicksale der Geschäftsfrau Emirlendris Benítez und des ehemaligen Gewerkschafters Guillermo Zárraga gehen, kündigt Bandilla an. Die beiden kritischen Stimmen wurden laut Amnesty von der venezolanischen Regierung im August 2018 bzw. im November 2020 willkürlich verhaftet.

Zudem werde Amnesty Petitionslisten zum Fall des Vietnamesen Trần Huỳnh Duy Thức vorbereiten. Der Blogger hatte politische und wirtschaftliche Probleme Vietnams thematisiert und war dafür laut Amnesty im Januar 2010 wegen „Aktivitäten zum Sturz der Regierung“ schuldig gesprochen worden. Während seines Prozesses habe er angegeben, unter Folter zu einem Geständnis gezwungen worden zu sein, hieß es.

Öffentlicher Druck kann helfen

„Der öffentliche Druck, der auf Initiative von Amnesty International erzeugt wird, hat in der Vergangenheit schon zahlreichen Gefangenen geholfen, von Hafterleichterungen bis hin zur Freilassung“, sagt Bandilla. Auch die moralische Unterstützung sei nicht zu unterschätzen.

Gebet zu Buß- und Bettag

Autorin: Katharina Wiefel-Jenner, VELKD Wochengebet

Ewiger, Barmherziger,
vor dir liegt offen, was wir verbergen.
Ewiger, Gerechter,
du schaust auf das Elend, vor dem wir die Augen verschließen.
Ewiger, rettende Liebe,
du löst aus Verstrickung,
du erlöst von Schuld.

Wir bitten dich um Barmherzigkeit
für die Menschen,
die hartherzig sind,
die aus Nachlässigkeit übersehen, wo sie gefordert sind,
die gleichgültig sind, weil sie überfordert sind.
Wir bittend dich um Barmherzigkeit
für die Menschen,
die sich ihrer Verantwortung entziehen,
die Hass zulassen,
die sich von den Schwachen abwenden.
Ewiger, Barmherziger –
deine Barmherzigkeit verwandele ihre Herzen.

Wir bitten dich um Gerechtigkeit
für die Menschen,
die sich mühen und doch versagen,
die leiden und niemand kommt ihnen zu Hilfe,
die klagen und ihre Worte bleiben ohne Wirkung.
Wir bitten dich um Gerechtigkeit
für die Missbrauchten,
für die Überfallenen und Verschleppten,
für die wehrlosen Opfer von Hass, Krieg und Gewalt.
Ewiger, Barmherziger –
deine Gerechtigkeit heile sie.

Wir bitten dich um Rettung und Frieden
für die Menschen,
die guten Willens sind und doch große Fehler machen,
die weinen,
die Angst haben.
Wir bitten dich um Rettung und Frieden
für uns und alle, die zu uns gehören.
Ewiger, Barmherziger – 
dein Friede erfülle uns. 
Wir hoffen auf dich,
Bei dir ist die Vergebung.
Du bist der Friede.
Dir vertrauen wir heute
und alle Tage durch Jesus Christus.
Amen.

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