Campen unter dem Kirchturm
23. Juni 2023
Eine kleine Dorfkirche mitten in Mecklenburg-Vorpommern bietet einen Stellplatz für Camper. Die Idee "Camping an der Kirche" stammt aus Niedersachsen.
Mehr als 1.000 Dorfkirchen und Kapellen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern. Im evangelischen Pfarrsprengel Rittermannshagen-Gielow (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) liegen elf davon. Immer wieder sind Pastorin Jette Altschwager und ihr Mann Carsten Altschwager auf der Suche nach anderen Nutzungsmöglichkeiten. Durch Kontakte haben sie im vergangenen Jahr von der Plattform "church4night" erfahren.
24 Stunden unter dem Kirchturm
Das Prinzip der Plattform ist einfach: Auf dem Internetportal stellen sich Kirchengemeinden mit ihren Stellplätzen für Camper vor. Interessierte können dann unkompliziert per E-Mail bei den Gemeinden Termine anfragen und dann 24 Stunden unter dem Kirchturm verbringen. Das Campen sei eine schöne Möglichkeit, die Gemeinden und Kirchen für alle zu öffnen, das Sakrale der Kirchen aber trotzdem zu erhalten. "Wir sollten als Kirche offen sein", sagt der Gemeindepädagoge Altschwager.
Gemeinden und Kirchen offen für alle
Ein paar Regeln gelten für den besonderen Campingplatz unter dem Kirchturm schon. Deswegen bittet die Gemeinde in der Anzeige auf "church4night" darum, dass das Übernachten im Einklang mit einem respektvollen Umgang gegenüber dem besonderen Ort erfolgen mögen. "Das gilt natürlich auch in Bezug auf den Umgang mit den Nachbarn."
"champing" - ein Kunstwort aus "camping" und "church"
Die Idee des Campens an Kirchen ist nicht ganz neu. In England gibt es seit 2015 eine Initiative, die das "champing" - ein Kunstwort aus "camping" und "church" - fördert. Nach Deutschland hat die Idee Pfarrer Martin Cachej aus Evessen in Niedersachsen während der Coronapandemie geholt und die Plattform "church4night" gegründet.
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Während auf dem britischen Vorbild inzwischen mehr als 20 Stadtorte verzeichnet sind, können es bei "church4night" gern noch ein paar mehr werden, finden auch die Altschwagers aus Mecklenburg-Vorpommern. Erst vier Gemeinden aus Deutschland und die Kirchengemeinde Ried im Innkreis in Österreich sind mit dabei. Für Mecklenburg-Vorpommern ist die Kirchengemeinde Rittermannshagen noch der einzige Anlaufpunkt.
Die Nacht unter dem Kirchturm in MV haben Rafael und Luisa Urbanowicz aus Bornum am Elm (Landkreis Helmstedt in Niedersachsen) schon ausprobiert. Im Lokalradio haben sie von der Idee und der Plattform erfahren. "Wir wollten schon immer mal an die Mecklenburgische Seenplatte", sagt Rafael Urbanowicz. Und als er auf "chruch4night" dann Rittermannshagen entdeckte, sei die Freude groß gewesen.
"Es ist ein schönes Fleckchen Erde"
Eine Nacht im April sind die Eltern einer einjährigen Tochter auf ihrer Elternzeit-Reise nach Skandinavien im kleinen Dorf zwischen Stavenhagen und Malchin geblieben. Ihr Stellplatz: direkt neben dem Pfarrhaus am Schuppen und im Schatten des Kirchturmes von Rittermannshagen. "Es ist ein schönes Fleckchen Erde", sagt Familie Urbanowicz und hinterließ damals als Dank einen kleinen Liebesbrief an die Gemeinde für die Altschwagers.