Diakoniechef Ahrens: Flüchtlinge sind Menschen - keine Welle
21. September 2016
Hamburgs Diakoniechef Dirk Ahrens hat dazu aufgerufen, in der Flüchtlingspolitik immer den konkreten Menschen im Blick zu behalten. "Es geht nicht um eine Zuwander- oder Flüchtlingswelle, sondern um konkrete Individuen", sagte er am Dienstag zum "Abend der Begegnung" des Diakonischen Werks Hamburg. Ahrens war als Redner für Aydan Özoguz (SPD) eingesprungen - die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung hatte wegen einer Erkrankung absagen müssen.
Eine Gesellschaft könne und müsse den Umgang mit Zuwanderung lernen, sagte Ahrens weiter. Am Anfang stehe humanitäres Engagement oder ein gesellschaftliches Interesse, möglicherweise erfolge dann die Selbsterklärung als Einwanderungsland. Deutschland sei in den letzten Jahren zu einem "sehr attraktiven Einwanderungsland geworden", sagte der Landespastor: "Wir haben also wohl schon manches richtig gemacht."
Ahrens: Ohne Willkommenskultur gelingt Integration nur schwer
Dennoch gebe es aus den Fehlern der Vergangenheit noch viel zu lernen. Zum Beispiel, dass ohne Willkommenskultur Integration nur schwer gelingt. "Zur Willkommenskultur gehört, dass sich ein Land bekennt und erklärt", sagte Ahrens. Dafür könnte ein Einwanderungsgesetz "ein guter Ausdruck" sein. Das "Integrationsmanagement" werde in den kommenden Jahren möglicherweise zu einem eigenen Bereich der sozialen und politischen Wissenschaften werden - oder sogar zum eigenen Beruf. Davon könnten Bund, Länder und Kommunen nur profitieren.
"Ein Auge für das Schicksal des Einzelnen behalten"
Kirche und Diakonie haben laut Ahrens eine "anwaltschaftliche Funktion" überall dort, wo die Menschenwürde gefährdet ist. "Wir können nicht schulterzuckend wegschauen, wenn Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken oder an Grenzzäunen steckenbleiben. Es kann uns auch nicht egal sein, ob Menschen viel zu lange in prekären Notunterkünften hausen müssen oder im Wirrwarr unseres Aufenthaltsrechtes verrückt werden." Dabei gehe es nicht darum, die Politik und die Behörden leichtfertig für ihr Unvermögen zu kritisieren, sondern darum, "ein Auge für das Schicksal des Einzelnen zu behalten".