Die Unterscheidung zwischen Staat und Religion – ein reformatorisches Erbe
21. November 2017
Die Lorenz von Stein-Gesellschaft e.V. und das Lorenz-von-Stein-Institut für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel laden am Montag, 27. November um 18 Uhr zur diesjährigen Gedächtnisvorlesung in den Ausstellungsraum der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek in Kiel ein. Prof. Dr. Peter Unruh, Präsident des Landeskirchenamtes der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), wird zum Thema "Martin Luther und der Staat" sprechen.
Begrüßt werden die Gäste von Klaus Schlie, Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages und Vorsitzender der Lorenz von Stein-Gesellschaft, und Prof. Dr. Christoph Brüning, dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied des Lorenz-von-Stein-Instituts. Prof. Dr. Peter Unruh, Präsident des Landeskirchenamtes der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), wird die diesjährige Lorenz von Stein-Gedächtnisvorlesung zum Thema "Martin Luther und der Staat" halten.
Im Rahmen seines Vortrages stellt Peter Unruh wissenschaftliche Ausführungen zu Luthers Staatsdenken in den Fokus. Dabei kommt es naturgemäß zu inhaltlichen Überschneidungen mit dem Thema „Trennung von Geistlichem und Weltlichem“. Diesem Thema widmete sich Unruh in seinem neuesten Buch "Reformation – Staat – Religion", das im September dieses Jahres im Mohr Siebeck Verlag erschienen ist.
In "Reformation – Staat – Religion" behandelt Peter Unruh in einem Dreischritt die Grundlegung und Aktualität der reformatorischen Unterscheidung von Geistlichem und Weltlichem, bekannt auch auch unter der Bezeichnung Zwei-Reiche/Zwei-Regimenten-Lehre. Der Terminus „Zwei-Reiche-Lehre“ stammt von Harald Diem (1938). Zuvor verwendete bereits die dialektische Theologie Karl Barths seit etwa 1920 den Ausdruck „Lehre von den Zwei Reichen“. Nach 1945 wurde durch die wissenschaftliche Forschungsarbeit des Staats- und Kirchenrechtlers Johannes Heckel von der „Zwei-Regimenten-Lehre“ gesprochen. Als „Reich“ gilt der räumlich gedachte Herrschaftsbereich, als „Regiment“ das faktische Machtausüben.
In seinem Buch macht der Autor Peter Unruh in einem ersten Schritt die Grundlegung dieser Unterscheidung bei den Reformatoren Luther, Melanchthon, Zwingli und Calvin sichtbar. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Martin Luther. Während Luther die Unterscheidung von Staat und Religion konsequent durchhält, zeigen sich bei Melanchthon und den Schweizer Reformatoren starke Tendenzen zu einer Vermischung. In einem zweiten Schritt verfolgt der Autor die Entwicklung der reformatorischen Unterscheidung von der Reformation bis zur Epochengrenze des Jahres 1918. Als prägende Elemente dieser Entwicklung werden die Friedensregelungen von 1555 und 1648 sowie Begriff und Bedeutung des landesherrlichen Kirchenregiments ausgewiesen.
Im dritten Schritt wird die Aktualität des reformatorischen Gedankenguts für das aktuelle Religionsverfassungsrecht neben der einschlägigen Staats- und Verfassungstheorie untersucht. Hier werden die tragenden Säulen des Religionsverfassungsrechts des Grundgesetzes (das Grundrecht der Religionsfreiheit, das Verbot der Staatskirche und das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften) und aktuelle staats- und verfassungstheoretische Auffassungen zum Thema Staat und Religion sowie zur Rolle der Religion im politischen Diskurs in den Blick genommen. Unruh weist mit seiner Forschungsarbeit nach, dass auch der demokratische Verfassungsstaat der Gegenwart vom reformatorischen Erbe der Unterscheidung von Staat und Religion profitieren kann.
Zum Autor:
Peter Unruh ist 1965 in Peine (Niedersachsen) geboren und hat in Göttingen Rechtswissenschaften studiert. 1993 schloss er die Promotion mit dem Gesamtprädikat „summa cum laude“ aufgrund einer Arbeit zum Thema „Die Herrschaft der Vernunft. Zur Staatsphilosophie Immanuel Kants“ ab. Im Jahr 2001 folgte seine Habilitation („Der Verfassungsbegriff des Grundgesetzes. Eine verfassungstheoretische Rekonstruktion“). 2005 trat Unruh sein Amt als Rechtsdezernent im Kirchenamt der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche an. Seit September 2012 ist er Präsident des Landeskirchenamtes der Nordkirche. Zugleich ist er außerplanmäßiger Professor für Öffentliches Recht, Europarecht und Rechtsphilosophie an der Universität Göttingen.
Weitere Informationen: Flyer Lorenz von Stein-Gedächtnisvorlesung 2017
Um Anmeldung wird gebeten: