Zum Tod von Altbischof Heinrich Rathke

„Engagierter Streiter gegen das DDR-Unrecht“

Altbischof Heinrich Rathke spricht auf dem Symposium anlässlich seines 85. Geburtstages. Foto: Nordkirche / Daniel Vogel
Altbischof Heinrich Rathke spricht auf dem Symposium anlässlich seines 85. Geburtstages. Foto: Nordkirche / Daniel Vogel

18. Januar 2024 von Dieter Schulz

Die Nordkirche trauert um Dr. Heinrich Rathke, Bischof der Mecklenburgischen Landeskirche (1971 – 1984). Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt würdigte den am Mittwoch (17. Januar 2024) Verstorbenen als engagierten Theologen und Streiter gegen das DDR-Unrecht.

„Heinrich Rathke wird unserer Kirche fehlen. Sein mutiges Engagement für die Verfolgten von SED-Diktatur, Nationalsozialismus und Stalinismus haben Generationen von Theologen inspiriert“, würdigte Kristina Kühnbaum-Schmidt, Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) den kurz nach der Vollendung seines 95. Lebensjahres verstorbenen Altbischof. Von 1971 bis 1984 war Dr. Heinrich Rathke Landesbischof. Von 1977 bis 1981 stand er darüber hinaus als Leitender Bischof an der Spitze der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR (VELK DDR).

Christliche Werte gelebt, auch wenn es ihm Nachteile brachte

„Heinrich Rathke waren Werte wie Mitmenschlichkeit, Zivilcourage und Gottvertrauen wichtig. Er lebte sie, auch wenn es ihm Nachteile gebracht hat“, betonte Kristina Kühnbaum-Schmidt in ihrer Würdigung des Altbischofs. Geprägt von seinen Kriegserfahrungen in früher Jugend habe Heinrich Rathke stets gegen diktatorische Regime gekämpft, sich für Menschenrechte sowie die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt, so die Landesbischöfin weiter.

Predigten im Neubaugebiet aus dem Zirkuswagen

Seine volksnahen Predigten aus einem alten Zirkuswagen heraus hätten in der atheistischen geprägten DDR großes Aufsehen erregt, die Kritik Rathkes am von der SED eingeführten „Wehrunterricht“ und der verschärften Verfolgung pazifistischer Jugendlichen für dessen Verfolgung durch Staat und Staatssicherheit gesorgt. So sei Heinrich Rathke vom SED-Regime als „feindlich negativ“ eingestuft worden, keines seiner Kinder wurde zum Studium zugelassen. „Trotz dieser Erfahrungen ist Heinrich Rathke ein positiver, der Zukunft zugewandter Mensch geblieben“, so Kristina Kühnbaum-Schmidt. Seine moralische Integrität habe ihn prädestiniert, nach der Wende entscheidend mitzuwirken, die DDR-Vergangenheit in Mecklenburg aufzuarbeiten.

Vorbild für den „aufrechten Gang“

Die klare Haltung Rathkes zu DDR-Zeiten gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit würdigte Tilman Jeremias, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche. „Heinrich Rathke war für viele Gemeindemitglieder und Mitarbeitende der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg ein wichtiges Vorbild für den aufrechten Gang in der DDR“, betonte der Bischof. „Er hat sich schützend vor seine Mitarbeitende gestellt und dabei keinen persönlichen Konflikt gescheut“, so Jeremias weiter. Dafür seien ihm bis heute Kirchenälteste, Pastorinnen und Pastoren dankbar, erklärte Bischof Jeremias und nannte Altbischof Rathke einen wichtigen Seelsorger. „Dr. Heinrich Rathke durch seine Bescheidenheit und sein Leben aus dem Glauben heraus tief beeindruckt und war für mich selbst ein Vorbild“, so Jeremias.

Dienst aus der Aufgabe der Verkündigung verstanden

 „Auch als Bischof hat Heinrich Rathke seinen Dienst entschieden aus der Aufgabe der Verkündigung verstanden - stets in enger Verbundenheit mit den Kirchengemeinden. So kehrte er, der sich immer entschieden für Amtszeitbeschränkungen einsetzte, nach Ende seiner Amtszeit voller Freude in den Gemeindedienst zurück. Diese Haltung finde ich bis heute beispielhaft“, erklärte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt. „Ich wünsche seiner Familie in der schweren Stunde des Abschieds Kraft und Gottes Segen. Die Nordkirche wird Heinrich Rathke stets in Ehren gedenken.“

Trauerfeier im Schweriner Dom

Die Trauerfeier für Altbischof Dr. Heinrich Rathke findet am 29. Januar 2024 um 11:00 Uhr im Dom zu Schwerin statt. Den Trauergottesdienst hält der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche Tilman Jeremias auf Grundlage des Ordinationsverses von Altbischof Dr. Heinrich Rathke „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit.“ (Zweite Brief des Paulus an die Korinther, Kapitel 12, Vers 9) Die Beerdigung von Altbischof Dr. Heinrich Rathke findet im engsten Familienkreis statt.

Vita von Altbischof Heinrich Rathke

Heinrich Rathke wurde am 12. Dezember 1928 in Mölln (Mecklenburg) als Sohn einer Pastorenfamilie geboren. 1944 wurde er im Alter von 16 Jahren zum Kriegsdienst eingezogen und geriet in britische Kriegsgefangenschaft. Nachdem er 1948 sein Abitur in Lübeck abgelegt hatte, studierte Heinrich Rathke in Kiel, Erlangen und Tübingen Evangelische Theologie. 1953 nach dem ersten theologischen Examen, das er in Ansbach ablegte, entschloss er sich angesichts des Mangels an Theologen in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik, in diese zurückzukehren. 1954 wurde Rathke ordiniert und wurde Gemeindepfarrer in Warnkenhagen (Mecklenburg). Zwei Jahre später promovierte Heinrich Rathke an der Universität Rostock mit einer Arbeit über Ignatius von Antiochien. 1962 wechselte er an die Südstadt-Gemeinde in Rostock. 1970 wurde er zum Landespastor für Gemeindedienst (Volksmission) in Güstrow berufen.

1971 wurde Heinrich Rathke als Nachfolger von Niklot Beste zum Landesbischof der mecklenburgischen Landeskirche gewählt. 1972 war er zudem Beauftragter des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR für die Verbindung zur Russisch-Orthodoxen Kirche. Von 1977 bis 1981 fungierte Rathke zusätzlich als leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche (VELK) in der DDR, von 1978 bis 1980 Vorsitzender des DDR-Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes

Heinrich Rathke kehrte nach Ablauf seiner Amtszeit 1984 wieder ins Gemeindepfarramt zurück. Nach der Wende kümmert er sich um russlanddeutsche Gemeinden in Mittelasien und war von 1991 bis 1994 Bischöflicher Visitator der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Kasachstan.

Er wurde in einen Vertrauensrat zur Aufarbeitung kirchlicher Stasi-Verstrickungen berufen und gehörte für mehrere Jahre dem Beirat der Stasi-Unterlagen-Behörde für das Land Mecklenburg-Vorpommern an. 1999 verlieh ihm die Universität Rostock die Ehrendoktor-Würde.

Heinrich Rathke war verheiratet und Vater von sieben Kindern. Er lebte zuletzt in Schwerin.

Hintergrund

Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburg entstand zum Jahreswechsel 1933/34, als sich die bis dahin getrennten Landeskirchen von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz zusammenschlossen. Sie vereinigte sich an Pfingsten 2012 mit der Pommerschen Evangelischen Kirche sowie der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche).

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