13. Mai 2016 | Bredenbek

Engel - schützende Kraft, Begegnung ...

13. Mai 2016 von Kirsten Fehrs

Open-Air Gottesdienst zum Thema „Engel“, auf der „Koppel der Künste“ in Bredenbek, Predigt zu 1. Könige 19, 1-8

Der Friede Gottes sei mit uns allen. Amen

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Engel,

ich freue mich, dass Ihr Schritt Sie heute an diesem wunderschönen Tag engelwärts geführt hat. Denn um sie geht es heute: die Engel. Auch in der Kunst, lieber Herr Plickat. Schließlich war es dieser Engel, der mich hierher geführt hat. Kompakt. Aus gutem Eisen. Rein gar nicht flatterhaft, zart und filigran. Sondern der hier hat Gewicht – und wie!

Wie auch, dass Sie alle hier sind. Ich freue mich, in alter Verbundenheit wieder einmal in der Kirchengemeinde Bovenau zu predigen, zusammen mit Ihnen in Bredenbek zu feiern  und auf dieser Koppel der Künste, lieber Herr Plickat, eine besondere Idee Gestalt werden zu lassen, nämlich:  Gottes Wort, pfingstlerischen frischen Geist und klare Handfestigkeit zusammen zu bringen!

Handfestigkeit – und Engel? Geht das zusammen? So fragen vielleicht einige von Ihnen, die nicht wegen, sondern trotz des Themas hier sind. Weil Engel ihnen etwas zu spökenkiekerig sind. Andererseits erlebe ich häufig, dass auch die bodenständigsten Realisten sich einer gewissen Faszination nicht entziehen können. Zumindest sind sie her- undhingerissen. Weil Engeln, wie immer sie uns in der Kunst oder gar im gelebten Leben erscheinen mögen, immer etwas Menschliches und Metaphysisches zugleich anhaftet.

So wie eben auch Engel in der Bibel ein einziges Dazwischen sind. Immer im Übergang zwischen zwei Wirklichkeiten. Zwischen Sein und Schweben, Diesseits und Jenseits. Vorzugsweise aber zwischen Himmel und Erde. Als Boten haben sie den göttlichen Auftrag, Gottes Sprache verstehbar zu machen. Und dafür sind sie wahrlich nötig!

Ich bin deshalb sicher, jeder Mensch braucht einen Engel, der mit ihm geht. Oder gern auch mehrere. Einer, der ihn versteht. Und einer, der mit ihm singt, tanzt. Und der mit einem nachdenkt, wie der Weg jetzt weitergehen könnte. Vielleicht haben Sie es ja auch schon mal erlebt, dass Sie sich getragen fühlten. Getragen an Orte, die einem eine Leichtigkeit gegeben haben. Und neue Inspiration. Musik. Lebenskraft. Oder Sie haben gar bei sich gespürt, wie es dort hinten an den Schulterblättern ein wenig kitzelte und die Flügel heraus wollten. Um jemanden anderen von hier nach dort zu tragen. … Übrigens, als Kind wäre ich zu gern selbst einmal ein Engel gewesen. Leider blieb mir das Glück, beim alljährlichen Krippenspiel den Engel zu geben, versagt. Mir fehlten damals die beiden Vorderzähne und damit leider das selige  Lächeln, mit dem die Jungfrau Maria beruhigt werden sollte in ihrer Angst.

Denn dazu sind sie da: die Furcht zu nehmen. Nicht zufällig, dass die meisten, übrigens auch die religiös nicht so Musikalischen, beim Thema Engel sofort an Schutzengel denken. Sie kennen doch sicherlich solche Momente?! Wo man zu sich sagt: Gerade noch einmal gut gegangen! Wo jemand einer Gefahr entronnen ist oder Hilfe erfahren hat in der Krise. Wo ein einziges Wort das Herz beruhigt hat. Oder wo jemand wunderbar friedensleis von dieser in jene Welt gegangen ist.

„Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf all deinen Wegen“ – der Schutzengel, das ahnt der Mensch von jeher, steht für eine Kraft, die nicht aus ihm selbst heraus kommt und kommen kann. Eine Kraft, die uns geborgen sein lässt und die uns hilft zu leben. Weil Engel dies können: die reale, lärmende Alltagswelt  und diese transzendente Himmelswelt des Heiligen miteinander vermitteln. Sie bilden eine Brücke zwischen dem oft allzu fernen Gott und den aufgewühlten Seelen unserer Zeit. Sie sind sozusagen eine Bridge over troubled water.

Gerade  an den Grenzsituationen. Wenn es Schwellen zu überschreiten gilt. Vom Leben zum Sterben, wenn ein Kind geboren und wenn es erwachsen wird. Und ganz archaisch am Übergang von der Nacht zum Tag. Nicht umsonst hing im Schlafzimmer meiner Großeltern ein Schutzengelbild. Mit einem blonden rosa gewandeten Engel, der ein Kind über eine zerbrechliche Brücke begleitet. Herrlich kitschig. Und so sprechend. Denn elementar zu Engeln gehört, so erzählt es die Bibel, dass sie zwar die Hand über uns halten, aber nicht eingreifen. Der Engel räumt die Gefährdungen, all die losen Planken und groben Steine nicht aus dem Weg, aber er achtet darauf, dass wir nicht stolpern. Er verhindert also nicht, dass wir Angst erleben und Krisenzeiten, aber er hilft,  dass wir uns unserer Stärken bewusst werden und Ängste bewältigen. Schon allein deshalb, weil wir uns nicht allein fühlen.

Bei Elia nun hat der Engel ziemlich heftig arbeiten müssen, bis der müde Prophet dies spüren konnte. Hat ihn angetippt, gestupst, aufgeweckt, aufgeregt, gar frisches Wasser und geröstetes(!) Brot serviert. Doch Fehlanzeige, Elia legt sich doch glatt wieder schlafen. Dann das gleiche noch einmal, Engel können penetrant zugewandt  sein. Mit einer Zuversicht, die für zwei reicht. Und tatsächlich: Elia steht endlich auf, isst und trinkt und geht seinen Weg, der  - so weiß es die Bibel – noch weit ist und wunderschön.

Das gute Ende dieser Geschichte voranzustellen ist mir an diesem schönen Tag so wichtig, weil der Anfang des Ganzen ziemlich bedrückend ist. Denn dieser Elia, der vor seinen Verfolgern in die Wüste flieht, ist so unglaublich unerfüllt und fühlt sich so fern von Gott. Da ist kein Aufbruch im Mai, kein Beginnen und Klingen, kein Wunsch und Wille. Elia will überhaupt nichts mehr. Es ist genug, sagt er. Er mag diese Verantwortung nicht mehr tragen. Dabei hatte er just alles erreicht: Macht, Einfluss, Erfolg. War dafür sogar über Leichen gegangen. In Gottes Namen! In Gottes Namen? Die Zweifel sind zur Verzweiflung geworden. Er will nur noch schlafen. Die Augen schließen. Auch vor sich selbst.

Elia ist ein Mensch, den die Bibel uns aufgibt auszuhalten – so kompliziert und voller Brüche, wie er eben ist. In seiner Widersprüchlichkeit ungeahnt menschlich und herausfordernd. Ein Mensch, der auch das Scheitern zeigt und seine Wut darüber, dass er, der Prophet und Prediger!, Gott nicht versteht. Nein, Elia hat genug. Auch von Gott. Er ist erst einmal fertig mit Gott.

Viele Menschen heutzutage, Erfolgsmenschen allzumal, sind fertig mit Gott.
Aber Gott nicht mit ihnen.

Denn diese Geschichte fängt hier erst richtig an. Gottes Geschichte fängt oft erst richtig an, wenn man denkt, am Ende angekommen zu sein. Wenn es irgendwie nicht weitergeht. Weil man zu erschöpft ist oder zu traurig oder zu überzeugt von sich selbst. Gott schafft ein inneres Bild vom Dennoch des Lebens, gerade wenn es so leer ist einem. Er breitet die Flügel aus und gibt´s den Seinen. Im Schlafe.

Und siehe, ein Engel rührt dich an und spricht zu dir: Steh auf und iss! Du hast einen weiten Weg vor dir! – Ein Engel bringt die Wende. Er rührt den Elia in uns an. Er stärkt ihn mit Brot und Wasser. Nichts anderes als das Elementare kann man manchmal vertragen. Nicht so viel Gedöns, sondern etwas, was einen wirklich nährt. Immer hartnäckiger wird der Engel in seinem Liebeswerben. Komm, überwinde dich! Steh auf. Dein Weg ist längst nicht zu Ende. In deinem Leben gibt es noch so vieles, was gelebt sein will.

Er rührt den Elia in uns an, der Engel. Nicht mit einem: "Immer weiter so", sondern mit einer Frage, die neue Horizonte öffnet. Mit der Kunst, die Veränderung sucht. Mit dem Weg, der weiter führt als wir jetzt sehen können.

Und – rührt er uns wirklich an, liebe Geschwister? Dass sich wirklich etwas ändert? Und ich schaue die Kriege und den Terror, alles, was uns derzeit so bewegt und erschüttert. Ich schaue tausende Flüchtlinge, die vor den hochmunitionierten Zäunen Europas nicht um ein besseres, sondern  überhaupt um ihr Leben kämpfen  - und frage mich: Ja, ist es angesichts dessen nicht ein wenig betulich, ja verniedlichend, über Engel – und seien sie noch anrührend – zu reden?

Mitnichten. Denn sie sind es, die eines verstehen: Dass man nicht mit menschlichem Verstande erfassen kann, wie sehr der Gott des Friedens sich auf die Erde sehnt. Denn Gott, der tatsächlich Mensch wurde - und was für ein Mensch!, hat ja nicht allein den Namen Jesus, sondern auch Habenichts, Flüchtling, Vom-Tode-Bedrohter.

Die Engel wissen, dass Gott - hungrig nach der Nähe der Menschen -  auf unsere Straßen und an unsere Zäune geht. Und so möchten die Engel, dass du dich dem anvertraust, der über, hinter und in den Dingen ist. Sie erinnern dich deshalb klugerweise an deine Grenzen und tragen dich zugleich hinüber. Deshalb sind Engel auch für die Nüchternsten unter uns im wahrsten Sinne notwendig. Denn - wie immer und als was immer Engel erscheinen mögen. Sie können uns immer wieder helfen zu entdecken, dass die Welt nicht gottlos ist. Ob sie uns als schützende Kraft begleiten. Oder ob sie eine Begegnung sind. Ob sie alt sind oder klein oder kurze Hosen tragen und rote Locken. Und just gerade einer neben dir steht. Und sagt: Friede sei mit dir.


Ja, denke ich, kompakt ist dabei gar nicht soo schlecht:


Täglich begleitet er mich.

Wie ein einziger Segen.

Manchmal streitet er sich  –

für mich. Für dich.

Hebt uns auf starken Armen

Hinüber ins Leben.

Er ist nicht leicht,

mehr quadratisch gebaut

liebt es laut

und kraftvoll eben

kann trotzdem schweben

an meine Herzhaut,

an deine auch?

Was für ein Segen…

 

Und der Friede Gottes, höher als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

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