Grußwort zum Trauergottesdienst Christoph Stier
20. Februar 2021
Liebe Frau Stier, liebe Familienangehörige, liebe Trauergemeinde,
mit Ihnen allen trauert am heutigen Tag auch die Nordkirche um ihren ehemaligen Pastor, Landessuperintendenten und Bischof. Im Namen der Nordkirche darf ich ein paar Worte sagen.
Das fällt mir persönlich nicht leicht, nachdem ich ihm noch vor kurzem begegnet bin.
Vor wenigen Wochen feierte unser Altbischof seinen 80. Geburtstag. Ich fuhr mit etwas beklemmtem Herzen nach Rostock, wusste ich doch, dass seine Kräfte in letzter Zeit stark nachgelassen hatten. Umso überraschter war ich, einen gut gelaunten Jubilar vorzufinden, mit dem ich ein letztes intensives Gespräch führen konnte und der mir in seiner gewohnten freundlichen und verbindlichen Art begegnete. Es war für mich tief bewegend, als Sie, lieber Albrecht, mir erzählten, dass Ihr Vater seit Monaten nicht mehr derart viel Energie und Lebenskraft gezeigt hatte wie an diesem besonderen Tag.
Diese Begegnung verdeutlichte mir, wie viel mich mit ihm verbindet, der ich nun sein Nachfolger sein darf. Christoph Stier liebte die Musik, sang selbst gern und viel und zog geistliche Kraft aus Chorälen und Oratorien. All sein Handeln gründete in einer tiefen Frömmigkeit. Sein Herzensanliegen war die Ökumene, Begegnung mit den Partnerkirchen, Zusammenarbeit mit den Geschwistern anderer Konfessionen, sein Engagement im Exekutivausschuss des Lutherischen Weltbunds. Geleitet hat er die Mecklenburgische Kirche stets eher nachdenklich und leise, besonnen und empathisch, in enger Verbindung und Absprache mit all denen, die mit ihm Verantwortung trugen.
Dennoch führte er die Linie seines Vorgängers Heinrich Rathke im Blick auf den Umgang mit dem SED-Staat und der Stasi konsequent weiter. So sehr er die kirchlichen Mitarbeitenden damit zu DDR-Zeiten vor staatlichen Eingriffen schützte, so sehr war es ihm nach der friedlichen Revolution ein Anliegen, als erste östliche Landeskirche die Regelüberprüfung auf Zusammenarbeit mit der Stasi genau dieser Mitarbeitenden einzuführen.
Christoph Stier war „mein“ Bischof zur Zeit meines Vikariats. Er gestaltete die Ordinationsrüste für unseren Vikarskurs in seinem geliebten Bellin. Dieser Ort hatte schon damals eine starke spirituelle Ausstrahlung, obwohl das Pfarrhaus noch so marode war. Wie schön, dass jetzt die Vision von Christoph Stier Wirklichkeit geworden ist und in Bellin mit dem Haus der Stille ein Ort der Einkehr und des geistlichen Lebens entstehen konnte.
Die Nordkirche weiß, was sie Christoph Stier zu verdanken hat. Wir sind traurig über diesen großen Verlust.
Sie, liebe Familie Stier, haben als Bibelvers über diesen Tag des Abschieds einen Spruch gewählt, der die Kraft thematisiert. Wenn wir einen Menschen begleiten, dessen Kräfte spürbar schwinden, können wir unmittelbar empfinden, dass alle uns zur Verfügung stehende Kraft Geschenk Gottes ist. Daher möchte ich Ihnen und uns allen dieses Wort des Propheten Deuterojesaja noch einmal zusprechen:
Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden (Jes 40,31).
Möge unserem Verstorbenen diese Kraft jetzt zuwachsen in Gottes Ewigkeit. Und mögen Sie, liebe Angehörige, liebe Trauernde, durch die göttliche Kraft Trost und Frieden finden.