"Ich möchte, dass Kinder auf der ganzen Welt die gleichen Chancen haben"
30. Januar 2025
Seit 30 Jahren engagiert sich Kerstin Blümel gegen die weltweite Kinderarbeit. Zunächst als evangelische Gemeindepädagogin in Templin, seit fünf Jahren in Schwerin. Hier erzählt sie, wie sie das macht und worauf es dabei ankommt.
Äpfel pflücken, Schuhe putzen, Bücher vorlesen: Kerstin Bündel hat schon viele Aktionen gestartet, um auf das Problem Kinderarbeit aufmerksam zu machen. Angefangen hat ihr Engagement vor drei Jahrzehnten: Damals übernahm sie die Patenschaften für einzelne Kinder in Not.
Den Anfang machten die Patenbriefe
In der Christenlehre, einem wöchentlichen kirchlichen Treffen mit Spielen und christlichen Inhalten, verfasste sie gemeinsam mit den Grundschülern Briefe an die Patenkinder aus ärmeren Ländern. Die Kinder spendeten von ihrem Taschengeld und erfuhren nebenbei, wie die Lebensbedingungen in anderen Teilen der Welt aussehen.
„Durch die Unterstützung der Kinder konnten wir drei indische Kinder ins Leben schicken. So haben unsere Kinder erfahren, dass sie mit ganz konkreten Maßnahmen Not lindern können“, sagt Blümel.
Mit Feuereifer bei den Aktionswochen dabei
Inzwischen engagiert sie sich seit rund 15 Jahren in Kooperation mit der Kindernothilfe gegen Kinderarbeit weltweit. Dabei hat sie schon die verschiedensten Aktionswochen veranstaltet: Die Kinder pflückten Äpfel bei Bauern oder reinigten den Busbahnhof. „Unsere Kinder sind da mit Feuereifer dabei“, erzählt Kerstin Blümel. „Von ihnen kam die Idee, den Leuten auf dem Markt gegen eine Spende die Schuhe zu putzen. Sie backen, basteln, knüpfen Armbänder, produzieren Pralinen und haben viel Spaß dabei, ihre Werke auf Basaren zu verkaufen.“
Kerstin Blümel hat die Erfahrung gemacht: „Kinder haben einen leichteren Zugang dazu, zu verstehen, dass Menschen arm sind. Sie verstehen auch deutlicher als wir Erwachsene: Wir haben genug, wir können etwas abgeben. Sie haben viel Fantasie, sich zu überlegen, wie sie helfen können.“
Gartenarbeit gegen Spende
Seit fünf Jahren ist Kerstin Blümel nun in der Schweriner Friedensgemeinde tätig. „Manche Kinder hier haben keine Zeit, sich zu engagieren, weil ihre Woche so durchgetaktet ist mit Klavier, Fußball und Orchester. Aber grundsätzlich haben die meisten, Lust dazu. Sie machen auch die verrücktesten Sachen mit. Letztes Jahr haben wir gegen Spenden einen Vorgarten sauber gemacht, und da haben sie richtig mit angefasst.“
Immer wieder bekämen sie und die Kinder bei ihren Aktionen zu hören, dass Menschen nichts für „Ausländer“ geben würden, sondern nur, wenn es für „unsere Kinder in Deutschland“ bestimmt sei. „Die Kinder können sehr gut darauf reagieren“, freut sich die Gemeindepädagogin, „sie sagen dann, dass sie ja die Möglichkeit hätten, zur Schule zu gehen und nicht arbeiten müssen und dass es ihnen Spaß mache, etwas für ärmere Kinder zu tun.“
Vorlesemarathon bringt mehr als 4000 Euro
Zu ihrer Arbeit gehört auch, dass sie verschiedene Kooperationen mit Schulen und Kinderbetreuungen angestoßen hat. Dazu gehören die Nordlichterschule, der Heinrich-Heine-Schule sowie einigen Kindergärten.
Die Nordlichterschule hat gerade einen Vorlesewettbewerb ausgerichtet: Die Kinder haben sich gegenseitig vorgelesen oder sich Lesepaten wie Bischof Tilman Jeremias geholt. Für jede gelesene Seite spendeten die Sponsoren – Eltern, Großeltern, Tanten und Freunde – einen bestimmten Betrag.
Kerstin Blümel: „Als mir der Scheck bei der Weihnachtsfeier in der Schelfkirche überreicht worden ist, hatte ich Tränen in den Augen: 4300 Euro sind zusammengekommen.“ Das Geld geht an Kinder in Guatemala, die im Steinbruch hämmern müssen. „Unsere Grundschüler hier verstehen sofort, was das bedeutet, und möchten einen Teil dazu beitragen, dass diese Kinder zur Schule gehen können und Fußball spielen“, sagt sie.
Bischof Jeremias ist Schirmherr
Auch Bischof Jeremias ist zusammen mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig Schirmherr des aktuell laufenden Aktionsjahres der Schweriner Friedenskirche gegen Kinderarbeit. Er zeigte sich beim Vorlesemarathon beeindruckt von den Kenntnissen der Kinder. „Ich habe gestaunt, wie intensiv sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Thema auseinandergesetzt hatten. Sie wissen gut Bescheid darüber, dass Kinder weltweit nicht das Privileg haben, eine Schule zu besuchen, sondern hart arbeiten müssen“, so Bischof Jeremias.
Weiter meint er anerkennend: „Es ist beeindruckend, mit wieviel Energie und Freude Kerstin Blümel die Kinder sensibilisiert für den Aspekt globale Gerechtigkeit.“
Nächste Aktion schon in den Startlöchern
An der Heinrich-Heine-Schule läuft die Aktion derzeit noch. Die Kinder planen schon eifrig: „Sie werden in der Schule bei einem Flohmarkt Spielsachen verkaufen und im Bildungsministerium einen Kuchenbasar aufbauen. Einige Schülerinnen und Schüler wollen in der Stadt mit ihren Instrumenten auftreten und Straßenmusik machen. Auch die Eltern haben sie schon angesteckt mit ihrem Eifer.“
Kerstin Blümel: „Ich möchte, dass Kinder auf der ganzen Welt gerecht behandelt werden und alle die gleichen Chancen haben. Die Aktion gegen Kinderarbeit ist deshalb meine Herzensangelegenheit. Geldgeben ist das eine, aber hier lassen sich die Kinder etwas einfallen und engagieren sich, damit andere Kinder nicht schuften müssen.“