Bericht der Landesbischöfin vor der Landessynode

Konsequenz aus ForuM-Studie: Kristina Kühnbaum-Schmidt verweist auf die Notwendigkeit eines Kulturwandels in der Kirche

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt während ihres Berichtes auf der Landessynode im Maritim Hotel Travemünde. Foto: Tim Riediger
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt während ihres Berichtes auf der Landessynode im Maritim Hotel Travemünde. Foto: Tim Riediger

26. September 2024 von Dieter Schulz

In ihrem Bericht auf der Landessynode hat Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt in der Nordkirche einen Kulturwandel gefordert und mahnt, die Menschenwürde zu schützen. Sie betont die Trennung von Asyl- und Extremismusdebatten und ruft zu mehr Mitgefühl auf.

Zu Beginn des zweiten Sitzungstages der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) hat Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt ihren Bericht als Landesbischöfin vorgestellt. Die Leitende Geistliche der Nordkirche betonte mit Blick auf die Ergebnisse der ForuM-Studie die Notwendigkeit eines Kulturwandels in der Kirche und machte den Synodalen zugleich Mut. In Zeiten, da von der Fülle an insbesondere schlechten Nachrichten überfordert seien, wachse die Sehnsucht nach Zuversicht und Hoffnung.  Die Menschen sehnten sich nach einem Grundgefühl von Unbeschwertheit und grundsätzlicher Sicherheit, so Kristina Kühnbaum-Schmidt in ihrem Bericht, den sie unter das Bibelwort stellte „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!“ (Jes 52,7)  

Gottesebenbildlichkeit ist das biblische Würdeprädikat des Menschen

Die Landesbischöfin wendete sich an alle, die in der Nordkirche in verschiedener Weise hoch engagiert, verlässlich über viele Jahre und Jahrzehnte in verschiedener Form Verantwortung tragen. „Sie alle würden wohl derzeit eher zurückhaltend von guten Zeiten für die Kirche sprechen“, räumte Kristina Kühnbaum-Schmidt ein. „Gerade deshalb möchte ich meinem Bericht als Landesbischöfin Ihren, unseren Blick lenken, auf so viel Gutes, für das wir in und mit unserer Kirche stehen, ohne dabei die Augen zu verschließen vor dem, was uns zutiefst beschämt und bewegt und uns gerade deshalb zu deutlicher Veränderung bewegt und weiterbewegen muss“, erklärte die Landesbischöfin. 

Die unantastbare Würde jedes Menschen schützen und behüten

Die Leitende Geistliche der Nordkirche betonte: „Für unseren christlichen Glauben ist es zentral, im Antlitz jeder Person ein Geschöpf Gottes zu sehen. Ausnahmslos alle Menschen sind Geschöpfe und Bilder Gottes, denen das Leben als anderen unverfügbare Gabe von Gott geschenkt ist. Das gilt es mit Wort und Tat zu bezeugen, um die unverletzliche und unantastbare Würde jedes Menschen zu schützen und zu behüten - in Gottes Namen.“ Die Rede von der Gottesebenbildlichkeit fasse die entscheidenden theologischen Aussagen über den Menschen in einem Wort zusammen. Diese Würde werde fundamental verletzt, wenn Menschen körperliche oder seelische Gewalt angetan wird, so die Landesbischöfin.

Maßstab für christliches Handeln

„Wo das geschieht, wird zugleich in eklatanter Weise eine fundamentale Überzeugung unseres christlichen Glaubens verraten, ja mit Füßen getreten und verleugnet“, erklärte Kristina Kühnbaum-Schmidt und setze sich in ihrem Bericht mit mehreren Feldern auseinander, auf denen sich die Nordkirche an diesem Maßstab selbst gemessen habe und von anderen daran messen lasse. Sie ging dabei auf die ForuM-Studie, das Engagement für Demokratie sowie gegen Rassismus und Antisemitismus und den sorgsamen Umgang mit Gottes Schöpfung ein.

ForuM-Studie stößt Kulturwandel an

Die Veröffentlichung der Ergebnisse der ForumM-Studie im Januar 2024 habe in der Nordkirche zu einer intensiven Befassung mit den Themen Sexualität, Gewalt, Macht und Geschlecht und deren kritischer theologischer Reflexion geführt, so die Landesbischöfin und führte weiter aus: „Als Landesbischöfin halte ich es in diesem Zusammenhang außerdem für wichtig, dass wir uns immer wieder mit offenen und verdeckten Machtstrukturen in unserer Kirche auseinandersetzen. Es ist gut, dass die ForuM-Studie auch mit dazu beiträgt, dass es selbstverständlicher geworden ist, diese Thematik in Kirche und Diakonie anzusprechen und zu besprechen.“ Der im Zusammenhang mit der ForuM-Studie so berechtigt wie oft angesprochene nötige Kulturwandel werde die Nordkirche weiterhin und kontinuierlich beschäftigen und von allen gemeinsam verantwortet und gestaltet werden müssen, so Kristina Kühnbaum-Schmidt.

Terror- und Extremismusbekämpfung von Asyldebatte trennen

Im Antlitz jeder Person ein Geschöpf Gottes zu sehen, gelte in diesen Tagen besonders im Blick auf die derzeit geführte Debatte um Migration und Asyl, mahnte die Landesbischöfin, die als Vizepräsidentin des Lutherischen Weltbundes auch international Verantwortung wahrnimmt. Wer Gewalt ausübe oder plane, müsse verfolgt und bestraft werden, das sei selbstverständlich, sagt sie. Allerdings müsse man Terror- und Extremismusbekämpfung von Asyldebatte trennen. „Beide Themen in eins zu setzen aber bedeutet, auch Menschen, die selbst vor Terror und existentieller Bedrohung fliehen, unter Generalverdacht zu stellen. Die Würde aller Menschen und das Recht auf Asyl sind deshalb zu achten, wenn jetzt neue Maßnahmen in der Migrations- und Flüchtlingspolitik diskutiert und getroffen werden“, forderte Kristina Kühnbaum-Schmidt.

Verantwortung für Seelsorge betont

Die Leitende Geistliche der Nordkirche betonte: „Als Kirche sind wir an der Seite von Menschen, die Krankheit, Krisen und Tod erleben oder durchleben. Seelsorgende spüren und erleben mit, wenn für andere eine Welt zusammenbricht. Sie unterstützen, halten mit aus und unterstützen dann dabei, vorsichtig, suchend, fragend, eine zusammengebrochene Welt wieder neu zu erschaffen, ihre einzelnen Stücke wieder zusammensetzen, das Leben neu zu erschaffen.“

Nicht nur eine, sondern DIE gute Nachricht

Die Landesbischöfin ließ in ihrem Bericht die gemeinsame Besuchsreise mit der Präses der Landessynode, Ulrike Hillmann, durch die Kirchenkreise und Hauptbereiche Revue passieren, erinnerte an ökumenische Besuche und Begegnungen unter anderem mit Papst Franziskus, an Treffen mit ehrenamtlich Engagierten, an die Einweihung des Neuen Campus Ratzeburg oder an angeregte theologische Diskussionen wie beim Theologischen Tag zum Thema: „Wenn der Topf aber nun ein Loch hat - oder: was kommt nach der Kirchensteuer?“ Sie schloss ihren Bericht mit einem Appell. „Wir haben nicht nur eine, wir haben die gute Nachricht weiterzusagen. Wir haben Gutes zu verkünden. Frieden anzusagen und Rettung. Wir haben zu sagen, dass diese Welt gerettet ist, weil Gott sie liebevoll nicht aus seinen Augen lässt“, bestärkte Kristina Kühnbaum-Schmidt die Zuhörenden.

 

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