Luthers Norden
08. Oktober 2017
Grußwort zur Ausstellungseröffnung „Luthers Norden“
Sehr geehrter Ministerpräsident Günther, sehr geehrter Herr von Carnap-Bornheim, sehr geehrte Frau Baumann, sehr geehrter Herr Wendt, meine sehr geehrten Damen und Herren,
als im Juli dieses Jahres das Nordkirchenschiff aus Anlass des Reformationsjubiläums an den Küsten der Ostsee und Nordsee unterwegs war, fand diese Reise große öffentliche Aufmerksamkeit. Die Crew wusste zu berichten, dass sie von interessierten Passanten auch gefragt wurde, ob dies denn das Schiff sei, mit dem Martin Luther auf der Ostsee unterwegs gewesen sei.
Die Crew musste die Frage verneinen, da Martin Luther sicher nicht im Norden unterwegs war, auch nicht auf einem Schiff. Mit „Luthers Norden“ verbindet sich vielmehr eine Vielzahl von Reformationsgeschichten.
Es verbinden sich Orte miteinander, die diese Geschichte bezeugen. Und es verbinden sich Menschen miteinander, die zu Zeugen dieser Geschichte wurden. Johannes Bugenhagen ist einer dieser Zeugen, vielleicht der prominenteste: Er erarbeitete und redigierte zahlreiche Kirchenordnungen von Braunschweig bis Kopenhagen, er krönte Christian III. zum König von Dänemark und wäre beinah auch Bischof in Schleswig geworden.
Daneben gibt es die vielen anderen Prediger und Zeuginnen jener Zeit, die aufgebrochen sind in weites, aber auch unsicheres Land wie zum Beispiel Hermann Tast.
Mit „Luthers Norden“ verbinden sich vielfältige theologische Klärungsprozesse – mit einschneidenden Veränderungen im Gemeinwesen. Sei es in der Klosterlandschaft, im Schul- und Bildungswesen oder in der Armenfürsorge. Auch was die Sprache betrifft, denn Bugenhagen übersetzte die Bibel ins Niederdeutsche, die Sprache des Volkes. Und dies mit Auswirkungen auf die politische Landkarte Nordeuropas und des Ostseeraums. Schließlich gab er auch Impulse für die „Säkularisierung des Politischen“.
„Luthers Norden“ – das ist eine lebenswerte und liebenswerte Landschaft der Reformation, deren reiche Geschichte in der Ausstellung präsentiert wird. Und ich freue mich, dass sie mit den Ausstellungsorten Greifswald und Schleswig nordkirchenumspannend unseren Blick auf die Reformation und ihre Wirkungsgeschichte bei uns vor Ort lenkt.
Ich nehme wahr, dass wir in diesem Jahr das – im Vergleich zu allen früheren – wohl nachdenklichste Reformationsjubiläum begehen. Auch mit deutlichen ökumenischen Akzenten. Die Dekade auf dem Weg zu diesem Jubiläum hat uns zur Nachdenklichkeit allen Anlass gegeben.
Es standen Schwerpunkte auf dem Programm, durch die uns die kulturprägende Bedeutung der Reformation vor Augen geführt wurde, „Reformation und Musik“ zum Beispiel lautete das Themenjahr 2012, unter anderem mit dem Festival Gottorfer Hofmusik über mehrere Jahre.
Es schlossen sich mit den Themen „Reformation und Toleranz“ und „Reformation und Politik“ auch nachdenklich machende Schwerpunkte an. Ich erinnere nur an die Ausstellung „Ertragen können wir sie nicht“ im Jüdischen Museum in Rendsburg, die ebenfalls in diesen Tagen an die hoch ambivalente Rolle Martin Luthers im Hinblick auf das Judentum erinnert hat.
Und in diesen vielfältigen, ambivalenten Geschichten funkelt dann das auf, was den Kern der Protestantismus ausmacht: Die Botschaft von der freimachenden und frohmachenden Gnade Gottes. Martin Luther hat diese Botschaft für sich entdeckt und sich damit beschäftigt, welche Folgen sie für den Einzelnen, aber auch die ganze Kirche hat. Er hat damals daran geglaubt, dass Strukturen sich verändern können. Allerdings waren ein grundlegender Wandel der mittelalterlichen Ständegesellschaft oder die Verwirklichung von Religionsfreiheit auch für Martin Luther so nicht vorstellbar.
Um des Evangeliums willen musste die Entwicklung hier mit Luther über Luther hinausgehen. Auch bei uns im Norden.
Und an diesen Weg erinnert uns die Ausstellung „Luthers Norden“ – differenziert, modern, interessant. Und ich bin besonders gespannt auf den Medientisch, die Filme und die „Tagesschau“ sowie die Hör- und Spielstationen.
Ich danke daher heute allen, die zum Gelingen dieser Ausstellung beigetragen haben, namentlich erwähnen möchte ich die Kuratoren Frau Dr. Kuhl, Herrn Dr. Krüger und Frau Köster sowie dem Wissenschaftlichen Beirat, dem Land Schleswig-Holstein und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, die neben anderen die Ausstellung gefördert haben.
Ich wünsche der Ausstellung viele interessierte Besucherinnen und Besucher. Und sollten Sie noch nicht wissen, was Sie am diesjährigen Reformationstag machen, dann kommen Sie nachmittags zum Festgottesdienst in den Dom mit anschließendem Empfang von Landesregierung und Nordkirche und besuchen Sie diese großartige Ausstellung. Und sollten Sie tatsächlich jemanden kennen, der noch nichts vom Reformationsjubiläum gehört hat, dann nehmen Sie ihn mit in diese Ausstellung, sie ist bis Ende Januar geöffnet.