NORDELBISCHE SYNODE IN RENDBURG

Morgenandacht

22. November 2008 von Gerhard Ulrich

Liebe Schwestern und Brüder, 
in der Süddeutschen Zeitung fand ich vor einigen Wochen auf der ersten Seite im „Streiflicht“ folgende Zeilen:

Liebe Schwestern und Brüder,  

in der Süddeutschen Zeitung fand ich vor einigen Wochen auf der ersten Seite im „Streiflicht“ folgende Zeilen:

 „Kein Tag vergeht ohne Erschütterungen, die Welt ist aus den Fugen. Jeder Bericht von der Börse  wird zu einer Szene aus der Apokalypse. Und also sprach Franz Zink in den Nachrichten des ZDF, als er das Chaos in Worte fassen wollte, den dramatischen Satz: ‚Selbst alte Hasen greifen sich fassungslos an den Kopf!’ Fassungslos über das, was vor ihren Augen geschieht, über Höhenflüge, Höllenstürze beim Dax.  

Einen Moment lang fragt der Zoologe in uns, ob sich ein Hase an den Kopf fassen kann und wenn ja, womit…“

In der Tat: seit Wochen sind die Menschen nahezu weltweit mit der weltweiten Finanz- und Bankenkrise, vielmehr mit ihren Folgen beschäftigt. Jede Menge Experten bevölkern die Talkshows und analysieren, prognostizieren, warnen, beruhigen. Man würde sich wünschen – gerade zum Bußtag wäre eine weitere Gelegenheit gewesen – dass mal einer hinsteht von den Bankern und sagt: ich entschuldige mich für das  Desaster, in das wir geführt haben, wir müssen umkehren, neu anfangen, neue Regeln uns geben. Stattdessen: großzügig wird auf Bonus-Zahlungen verzichtet.

Die Bedeutung der Krise erschöpft sich ja nicht darin, dass einige oder viele ihr Geld verloren haben bzw. das Geld, das ihnen nicht gehörte, verzockt haben. Das ist schlimm genug. Es st ja mehr als eine Marktkrise, es handelt sich u eine Vertrauenskrise: ein System, auf das man sich verlassen hatte, blind geradezu, das funktionierte mit seinen „freien Kräften“, ist zusammengebrochen, an die Wand gefahren. Und die Folgen der Abhängigkeit werden spürbar vor allem jenen, die nichts zu tun haben mit dem Crash, der sich vollzogen hat: der Arbeitsmarkt reagiert; die Gerechtigkeitslücke wird immer größer: „Inzwischen ist das Ausmaß der Einkommensungleichheit auf einem der höchsten Niveaus der vergangenen Jahrzehnte angelangt“, heißt  es im neuen Soziabericht.

Banken und große Unternehmen geben sich die Klinke des Bundeskanzleramtes in die Hand, um an Staatsknete zu kommen, an die Bürgschaften, für die auch die einstehen, die nichts haben – und die nicht begreifen wollen und können, dass das Geld, das für Bildung und Soziales nicht fließt, nun so reichlich in Fluss kommen muss…

Und die Weisen stehen da und schlagen die Hände über dem Kopf zusammen…  

„Erhebe deine Stimme wie eine Posaune und verkündige meinem Volk seine Abtrünnigkeit!“ – So heißt es beim Propheten Jesaja. Und so tun es all die Texte und Lieder am Ende des Kirchenjahres, zum Volkstrauertag und zum Ewigkeitssonntag. Sie sprechen von Gottes Gericht und Recht. Sie mahnen, an Gottes Bund und seine Treue zu denken. Erhebt eure Stimme:  erinnert an das, was Gott will. Weist hin auf das, was das Zusammenleben zwischen den Menschen und mit Gott erschwert oder zerstört. Weist hin auf das, was nicht im Sinne der Menschen und im Sinne des Rechtes und der Gerechtigkeit geschieht. Und: mahnt zu Buße und Umkehr.

Die Propheten sind unbequeme Mahner. Sie legen die Finger auf Wunden, die längst verschorft scheinen.

Erhebt eure Stimmen wie Posaunen: der Glaube ist nicht eine Sache der leisen Töne. Gott gibt uns Worte in den Mund, die weiter zu sagen sind. Wir haben weiterzugeben, was wir empfangen haben, zu erinnern an Schuld und Vergehen.

Manchmal bleibt uns die Botschaft im Munde stecken – es braucht Mut, quer zu reden, laut zu sprechen von der Macht des Friedens, von der Gerechtigkeit, die fließen will wie ein Bach – inmitten einer  Welt und eines Systems, das auf Stärke setzt. Und, sicher: mancher bekommt das Wort unseres Gottes in den falschen Hals…

Aber das ist das eine Amt der Kirche, das der Verkündigung, dass wir die Stimme erheben. Gott macht die, die ihn hören, die seine Stimme ernst nehmen, zu Botschafterinnen und Botschaftern seines Friedens, seiner Gerechtigkeit. Er zählt auf uns.

Dass wir Ansagerinnen und Ansager seines Friedens sind.

Jawohl: wir gehören nicht zu denen, die  die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Obwohl wir wissen und glauben, dass diese Welt mit ihren Regeln, mit ihrer Gottesignoranz, mit ihrem Leid und Elend, mit ihrem Hass und ihrer Gewalt ein Ende haben wird – oder gerade deswegen sind wir nicht ratlos vor der Entwicklung.

Denn auch das ist uns angesagt, zugesagt, verheißen – mitten in den Zeiten, die auf Ende gestimmt sind, auf Verfall und Abkehr: „Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk.

Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens.“

So heißt es – auch beim Propheten Jesaja – in der Lesung aus der hebräischen Bibel am morgigen Ewigkeitssonntag. Mit dieser Verheißung des neuen Himmels und der neuen Erde können wir uns stellen der Trauer und dem Elend. Auch sie mögen wir laut werden lassen wie eine Posaune, die die Stille durchdringt und das Gedröhne der Verirrten übertönt. Diese Verheißung mögen wir Trauernden sagen, die an den Gräbern stehen werden: was zusammengebrochen ist an Vertrautem und Verlässlichem: das wird neu erstehen. Leben wird neu erstehen. Wenn Tränen abgewischt sind: Siehe!

Nein, wir gehören nicht zu denen, die die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Wir sind die, die die Hände falten, weil sie nach dem fragen, der Himmel und Erde gemacht hat und der sich den Traurigen, den Verzweifelten, den Schuldigen und den Verlierern zuwendet; der ermutigt zu Umkehr und Neuanfang. Und wir sind die, die die Hände öffnen, um aufzuhelfen den Schwachen, hineinzunehmen die Fremden und die sich auf die Beine machen, die Gefangenen zu besuchen. Wir sind nicht ratlos. Wir wissen Rat. Wir wissen Trost. Wir wissen eine Alternative, zu der diese Welt umgekehrt wird von dem, der sein Kommen ansagt in die Dunkelheit hinein. Der verheißt, dass Weinen nicht mehr sein wird. Der uns durch die Klage hindurch zur Freude führen wird. Amen.

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