Ökumenischer Gottesdienst erinnert an friedliche Revolution 1989 in Mecklenburg-Vorpommern
01. Oktober 2019
Schwerin/Waren. In der St.-Georgen-Kirche in Waren (Müritz) fand am 16. Oktober 1989 eine Andacht mit anschließendem „Kerzenweg“ der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Marktplatz statt. Dies war die erste friedliche Demonstration im Herbst 1989 in unserem Bundesland. Vor diesem Hintergrund laden die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), das Erzbistum Hamburg und das Erzbistum Berlin am Mittwoch, 16. Oktober im Rahmen der Gedenkveranstaltung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern um 17 Uhr zu einem ökumenischen Gottesdienst in die Warener St.-Georgen-Kirche ein. Es predigen Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt (Nordkirche) und Erzbischof Dr. Heiner Koch (Erzbistum Berlin).
Die einladenden Kirchen wollen daran erinnern, dass in der Zeit der DDR zahlreiche Menschen in Kirchengemeinden offene und zugleich schützende Räume fanden, die dem totalitären Anspruch des Staates widerstanden und in denen viele immer wieder Kraft und Inspiration empfingen, um schließlich die Mauern aus Beton und Ideologie zu überwinden.
Erinnerung an die Kraft der Kerzen und Gebete
Im ökumenischen Gottesdienst am 16. Oktober in Waren wird an die Kraft der Kerzen und Gebete von 1989 erinnert werden. Zudem laden die katholische und die evangelische Kirche dazu ein, sich in Dankbarkeit und Freude an diese Zeit zu erinnern. Auch heute wollen sie erneut Mut machen, gemeinsam und mit Zuversicht aktuelle und künftige Herausforderungen zu bewältigen.
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt (Nordkirche), und Erzbischof Dr. Heiner Koch (Erzbistum Berlin) werden im Gottesdienst zu einer Bibelstelle aus dem 2. Brief des Apostels Paulus an Timotheus (2. Tim1,7) predigen: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Während des Gottesdienstes werden auch Zeitzeugen aus Waren zu Wort kommen.
Im Anschluss sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Gottesdienst eingeladen, mit Kerzen auf der damaligen Demonstrationsstrecke von der Georgenkirche über den Neuen Markt zur Marienkirche zu ziehen. Dort beginnt um 18.30 Uhr der offizielle Festakt des Landes.
Hintergrund:
So wie vielfach in den DDR-Jahrzehnten zuvor öffneten im Herbst 1989 auch in Mecklenburg und Vorpommern zahlreiche Kirchengemeinden ihre Räume, damit sich Christen und Nichtchristen darin versammeln konnten, um über notwendige Veränderungen im Land frei diskutieren zu können. Ihnen war bewusst, dass das, was gesagt wurde, nicht in den Kirchenmauern bleiben würde. Vielerorts war dies ein entscheidender erster Schritt, um gegen Angst, Ohnmacht und Sprachlosigkeit aufzustehen. Zugleich fanden Christen wie Nichtchristen Orientierung in Gebeten und Gottesdiensten, in der Botschaft Jesu von Hoffnung, Gewaltlosigkeit und Friedfertigkeit. In einem zweiten Schritt bahnte sich die immer größer werdende Zahl der Menschen schließlich den Weg auf die Straßen und Plätze.
In diesem Herbst wird an die friedliche Revolution vor 30 Jahren erinnert. Dabei wird erneut deutlich: Ohne die offenen Kirchen und das Engagement der Christinnen und Christen in der damaligen DDR wäre die friedliche Revolution von 1989 so nicht möglich gewesen. Viele Menschen in den Kirchengemeinden haben das Geschehen damals zudem als wunderbares Zeichen für das Wirken von Gottes befreiendem Geist der Liebe und der Besonnenheit erlebt, der dazu half, Angst und Grenzen friedlich zu überwinden.
Zugleich übernahmen Christinnen und Christen aus ihrem Glauben heraus Verantwortung in dieser Welt, für notwendige Veränderungen in der Gesellschaft, in der sie lebten. Sie haben sich nicht hinter Mauern zurückgezogen, sondern im Vertrauen auf Gott ihre Türen geöffnet, um sich gemeinsam mit anderen auf den Weg zu machen und mit ihnen das Zusammenleben in diesem Land neu zu gestalten.