Präses Anja Fährmann: „Starker Rückenwind für die Aufgaben, die vor uns liegen“
22. Februar 2025
Die III. Landessynode der Nordkirche hat sich in Lübeck-Travemünde konstituiert und die Hamburger Juristin Anja Fährmann zur neuen Präses gewählt. Auf ihrer ersten Tagung wurden wichtige Beschlüsse unter anderem zur Ausbildung von Pastorinnen und Pastoren gefasst.
Die III. Landessynode der Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) hat zum Abschluss ihrer konstituierenden Tagung am Sonnabend (22. Februar 2025) nach intensiven Beratungen eine grundlegende Änderung bei der Ausbildung künftiger Pastorinnen und Pastoren beschlossen und in zweiter Lesung ein entsprechende Kirchengesetz verabschiedet. Für die Direktorin des Prediger- und Studienseminars der Nordkirche, Dr. Emilia Handke, befindet sich das pastorale Berufsbild seit einigen Jahren stark im Wandel. Daher gehe es für das Predigerseminar in Ratzeburg in erster Linie darum, Persönlichkeiten auszubilden, die sich in unüberschaubaren und komplexen Situationen mutig und kreativ zurechtfinden können – als „Kundschafter*innen für eine Kirche im Aufbruch“.
Wichtige Rahmenbedingungen für Ausbildung von Pastorinnen und Pastoren
„Dafür wurden auf der Landessynode wichtige Rahmenbedingungen geschaffen, indem u.a. das Ausbildungssystem flexibilisiert und transparenter gestaltet wurde und nun mehr Raum für das Erproben eigenverantwortlichen Handelns sowie für kreative Spielräume bietet“, so Emilia Handke zu der Gesetzesänderung. Spirituelle Vertiefung bekomme mehr Gewicht, die Prüfungsordnung werde im Rahmen der EKD-Vorgaben stärker auf die Praxis fokussiert und mehr als bisher vom ersten Theologischen Examen unterschieden, erklärte die Direktorin des Prediger- und Studienseminars.
Zudem hob die Synode durch den Beschluss entsprechender Gesetzesänderungen die Altersbegrenzung von 70 Jahren für Prädikantinnen und Prädikanten (ehrenamtlich Predigende, die eine spezielle theologische Weiterbildung durchlaufen) auf, erleichterte die Fusion von Kirchengemeinden und vereinfachte das Kirchenbaurecht.
Bericht der Anerkennungskommission
Ebenfalls am Abschlusstag der ersten Tagung hörten die Synodalen einen Bericht zur Arbeit der Anerkennungskommission für Betroffene sexualisierter Gewalt in der Nordkirche. Den Bericht gab die ehemalige Präses Ulrike Hillmann als Vorsitzende der Anerkennungskommission. Die Mitglieder der Anerkennungskommission Anne Haerting (Mitarbeiterin der MISS-Beratungsstelle, Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt und psychosoziale Prozessbegleiterin, Rostock) und Klaus Machlitt (Traumatherapeut und Mitglied im Beratungsstab des Kirchenkreises Flensburg-Schleswig) schilderten persönliche Eindrücke aus ihrer Arbeit.
„Wir sind keine sichere Kirche, in unserer Gemeinschaft wurden und werden Menschen missbraucht. Systemische Bedingungen und Zustände in der evangelischen Kirche, auch in der Nordkirche, haben sexualisierte Gewalt möglich gemacht und viel zu oft vertuscht. Der Schuld müssen wir uns stellen und den Mut für Aufarbeitung und steten Veränderung finden“, erklärte Ulrike Hillmann. Nach ihren Worten hat die Anerkennungskommission im Jahr 2023 einen Fall, im Jahr 2024 zwölf Fälle abschließend bearbeitet, dabei Anerkennungsleistungen zwischen 4.700 Euro und 50.000 Euro gewährt, in einem Fall aber auch abgelehnt. Für 2025 stehen bereits neun Anfragen an die Kommission zur Entscheidung an.
Präsidium der Landessynode gewählt
Am Donnerstag (20. Februar 2025) hatte sich die III. Landessynode konstituiert. Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt verpflichtete die 155 Synodalen in einem feierlichen Gottesdienst auf ihren ehrenamtlichen Dienst. Anschließend wählte die Synode die Hamburger Juristin Anja Fährmann zur Präses und den Husumer Gemeindepastor Friedemann Magaard zum ersten Vize-Präses. Die Vize-Präses der II. Landessynode, Elke König, wurde zu zweiten Vize-Präses der III. Landessynode gewählt. Ebenfalls gewählt wurden die Mitglieder zahlreicher Ausschüsse der Landessynode.
Bilanz des Präsidiums: „Diese Synode will etwas erreichen“
Nach Abschluss der dreitägigen ersten Tagung der III. Landessynode zogen Präses Anja Fährmann, Vize-Präses Friedemann Magaard und Vize-Präses Elke König gemeinsam Bilanz. „Als Präsidium wurde uns in den drei zurückliegenden Tagen sehr deutlich: Diese Synode will etwas erreichen. Und vor allem: sie will es gemeinsam erreichen. Die Synodalen packen ihre Aufgaben an, sie benennen die Herausforderungen, sie haben Mut. Noch nie haben sich bereits am ersten Tag der Synodentagung so viele neue Synodale zu Wort gemeldet. Das alles gibt uns einen starken Rückenwind für die Aufgaben, die vor uns liegen. Mit dieser Energie wollen wir gemeinsam weitergehen. In sechs Jahren werden wir uns daran messen lassen, ob wir tatsächlich zukunftsweisende Entscheidungen getroffen haben“, so das Präsidium.
Gute und tragfähige Lösungen für entscheidende Zukunftsfragen
„Die III. Landessynode der Nordkirche wird sich mit entscheidenden Zukunftsfragen beschäftigen, für die gute und tragfähige Lösungen nötig sind. Sie steht zugleich für eine evangelisch geprägte Form demokratischen Miteinanders: Menschen mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Kompetenzen – aus Haupt- und Ehrenamt – kommen hier gleichberechtigt zusammen, diskutieren aktuelle Fragen von Kirche und Gesellschaft aus evangelischer Perspektive, ringen um gemeinsame Positionen und finden sie auch. Die gemeinsamen Gottesdienste und Andachten prägen die synodale Gemeinschaft dabei entscheidend mit. Teilhabe und Partizipation unterschiedlicher Generationen und Geschlechter werden aktiv gelebt und gestaltet“, hatte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt bereits in Vorfeld der Tagung erklärt.
#Demokratiestärken: Einsatz für Vielfalt und Toleranz
Unmittelbar nach ihrer Verpflichtung in der St.-Lorenz-Kirche Travemünde (Jahrmarktstraße 14, 23570 Lübeck-Travemünde) stellten sich die Synodalen als erstes zu einem Gruppenfoto. Unter dem Motto „Dein Kreuz für Vielfalt und Toleranz“ setzten die Mitglieder der III. Landessynode im Rahmen der Nordkircheninitiative „#Demokratiestärken“ ein Zeichen für die Wahl demokratischer Parteien bei der Bundestagswahl am morgigen Sonntag.
Glückwünsche von Ministerpräsident Daniel Günther
Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein Daniel Günther hatte am Donnerstag allen neu gewählten, wiedergewählten und berufenen Synodalen gratuliert. „Zusammen sind Sie eine vielfältige Gemeinschaft, die sich in den kommenden sechs Jahren den Herausforderungen und Aufgaben der Nordkirche widmen wird. Ich wünsche Ihnen für Ihr verantwortungsvolles Ehrenamt alles Gute, Kraft und Gottes Segen“, so Daniel Günther vor den Synodalen. Es sei wichtiger denn je, den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Rücksichtnahme aufeinander und den liberalen und toleranten Umgang untereinander kraftvoll und mutig zu stärken. „Die Nordkirche leistet hier einen enormen Beitrag. Egal ob in den Kirchengemeinden vor Ort, in ihren diakonischen Einrichtungen oder bei ökumenischen Projekten“, sagte der Ministerpräsident. „Ihr Engagement ist ein wesentlicher Beitrag für das lebendige, vielfältige Miteinander bei uns in Schleswig-Holstein.“