PLÖN

Predigt im Festgottesdienst zum Abschluss der zweijährigen Ausbildung zum nebenamtlichen Kirchenmusiker (C-Kurs)

07. Februar 2009 von Gerhard Ulrich

Liebe Festgemeinde! Dies ist ein schöner, ein klingender Tag für die Kirchenmusik und für das gottesdienstliche Leben im Sprengel Schleswig und Holstein, in Nordelbien – vor allem in den an der Ausbildung beteiligten Kirchenkreisen Eutin, Kiel, Lübeck, Neumünster, Oldenburg, Plön und Segeberg.

Ein ganz besonders wichtiger Tag aber ist dies für Sie, die Sie nach zweijähriger Ausbildung den C-Kurs abschließen und bezeugt bekommen, dass Sie kirchenmusikalisch qualifiziert in den Gemeinden den Dienst der Organistin oder des Kantors ausüben werden. Das ist vor allem ein Tag, Dank zu sagen und zu loben: Dank zu sagen denen, die diese Ausbildung geleitet haben, die weitergegeben haben ihr Wissen und Können. Zu loben vor allem aber Gott, dem wir alle unsere Gaben verdanken und der uns in seinen Dienst ruft und auf dessen Ruf wir mit unseren Gottesdiensten, mit unseren Liedern und Gebeten antworten!

„Bei einer andächtigen Musike ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart.“ – In der von Johann Sebastian Bach beim Komponieren benutzten Lutherbibel findet sich diese handschriftliche Bleistiftnotiz des Meisters. Damit umschreibt Bach knapp und klar sein Verständnis von Musik: sie singt nicht nur von Gott und seinen Taten, in ihr geschieht, was der Glaube ersehnt: Gott ist gegenwärtig. Er ist es, der zu Wort und Klang kommt.

„Bei einer andächtigen Musike ist allezeit Gott  mit seiner Gnaden Gegenwart!“ Das ist ein wunderbarer Satz, selbst schon Musik in meinen Ohren. In einer andächtigen Musik: nicht erst im großen Konzert. Schon in der einfachen Melodie eines Kanons, eines Schlafliedes, eines Chorals, einer liturgischen Weise. Gottes Gnade ist Gegenwart: in der Stimme der Kinderchöre, die begeistert singen: wie schön, dass du geboren bist, wie in der brüchig gewordenen Stimme der alten Frau, die vielleicht nicht mehr viel wahrnimmt, aber leise singt: wer nur den lieben Gott lässt walten… In den Gospelsängern der Gemeinden, in den Chören – die ja übrigens zu den größten und stabilsten Gruppen unserer Gemeinden gehören.

Ich beneide Sie ein wenig, dass Sie Instrumente beherrschen, Töne hervorbringen, Noten lesen können… eine Gnadengabe Gottes schon das! Alle, die das können und alle, die singen: Instrumente Gottes. Für Lob und Dank lasse ich mich gern instrumentalisieren von unserem Gott. Und von ihm, der mit seiner Gnaden allezeit Gegenwart ist, lasse ich mich gern stimmen: einstimmen und, wenn es sein muss, auch umstimmen.

Das ist es vielleicht, was Sie getrieben hat, es auf sich zu nehmen, über mehr als zwei Jahre sich ausbilden zu lassen zu Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern. Das zu spüren. Das mitzuteilen. Gott ist nahe in der Musik, die erklingt mit Instrumente und Stimmen, den Raum in uns und um uns herum füllt. Musik soll ermuntern zur Andacht, zum Hören auf Gottes Wort und ihm im Glauben antworten. Johann Sebastian Bach z.B. schafft Musik nicht für den Gottesdienst nur, sie ist Gottesdienst, Begegnung mit Gott im Hören und Antworten. Lob und Klage fallen nicht ins Leere, sondern finden Gehör, weil Gott Gegenwart ist.

Und darum: was Sie gelernt haben in diesem Kurs, ist nicht nur das Beherrschen eines Instruments oder das Bändigen eines Chores. Das ist viel mehr: sie sind bereitet worden für den Dienst der Verkündigung! Sie alle haben Teil an dem einen Amt   Kirche. Sie sorgen mit dafür, dass das Wort Gottes nicht verstummt.

Andächtige Musike: sie ist Trägerin der Gnade Gottes. Ohne sie ist unsere Verkündigung atemlos, herzlos. Ohne sie fehlt ihr eine wesentliche Stimme. Musik: Atem des Glaubens, Gefäß des Glaubens.
Dafür haben Sie die große Leistung vollbracht, die Ausbildung zu absolvieren. Und das ist ja nicht ein Spaziergang gewesen: der ganze kirchenmusikalische Fächerkanon war gefordert. Zwei Jahre lang haben Sie zwei Samstage im Monat eingesetzt für das Ziel der C-Prüfung. Dazwischen Orgel- und Klavierstunden: ein großes Stück Arbeit ist das von diesen mehr als 30 Absolventinnen und Absolventen – vom Schüler, von den Hausfrauen, Studierenden, emeritierten Menschen. Dank sage ich Ihnen und Respekt für diese großartige Leistung. Viele werden davon profitieren, weil Sie ja weitergeben werden, was Sie gelernt haben: Gemeinden, Chöre, auch die vielen Orgeln im Lande werden klangvoll antworten auf diese Leistung!

„Bei jeder andächtigen Musike ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart.“
Die Bibelstelle, zu der diese Randnotiz gehört, steht im 2. Chronikbuch. Da wird geschildert, wie bei der Einweihung des Salomonischen Tempels in Jerusalem die Leviten, Sänger mit Zimbeln, Psaltern und Harfen stehen und bei ihnen 120 Priester, die mit Trompeten blasen. - Das ist zunächst einmal für einen Kirchenmusiker und eine Musikerin eher eine Horrorvorstellung: wenn jeder und jede begeistert Töne von sich gibt, ohne rechte Ordnung sein Instrument betätigt, wenn keiner hinsieht zum Dirigenten.

Aber dann notiert der Chronist die Erfahrung in dem Raum: „...und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währet ewig-, da wurde das Haus des Herrn erfüllt mit einer Wolke, so dass die Priester nicht zu ihrem Dienst herzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.“

Das ist für mich immer wieder das Wunder, das in der Musik passiert: da sind zunächst einzelne Töne, jeder für sich schon ein ganz eigener Charakter, eine eigene Frequenz. Und wenn sie zueinander kommen, sich verknüpfen, fast spielerisch und doch in klarer Ordnung: dann wird ein Ganzes daraus, ein Körper des Klangs, eine Welle, die mich trägt. Ein Raum entsteht, in dem ich mich bergen kann mit meinen Gefühlen, meinen Träumen und meiner Sehnsucht. Eine Sprachraum entsteht für das Unsagbare. Als „wäre es einer, der sänge und trompetete, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn…“

So erfahren Sie es, wenn Sie spielen oder einen Chor dazu bringen, aufeinander zu hören, den Takt abzunehmen. Dann bringen Sie zusammen die Einzelnen in eine wunderbare Ordnung.

Darin bildet sich etwas ab, was für das Zusammenleben der Menschen insgesamt gilt: so hat Gott uns geschaffen, jeden und jede Einzelne. Mit eigenen Gaben, eigenen Tönen, eigener Stimme, eigener Frequenz – angenehmer oder weniger angenehm. Und so sollen wir zusammen kommen: aufeinander hören, Töne aufnehmen, Töne setzen. Hineinbringen unseren Lebensrhythmus in das Ganze: damit eine Melodie entsteht des Lebens, der Kraft: ein Lebenslied singen die Vielen, die Verschiedenen. Ein Klangkörper sind wir, wenn wir Gott loben und ihm danken, wenn wir miteinander beten, wenn wir einander wahrnehmen, nicht übertönen oder überstimmen: wenn wir mitschwingen, einstimmen in die Lebensmelodie, die Gott selbst vorgibt, komponiert – der Schöpfer allen Lebens!
So erlebe ich das in den Räumen unserer Kirchen, wenn sie sich füllen mit den Stimmen und Tönen; wenn zusammenfinden die vielen, die Verschiedenen, die leisen und die Lauten; die Soprane und die Bässe; die sicher sich Zeigenden und die Vorsichtigen – dann füllt sich mit den Tönen, die wir Menschen sind, der Raum der Barmherzigkeit. Dann bin ich dankbar für das Geschenk des unergründlichen Reichtums Gottes, seiner Gnaden Gegenwart. Wenn sich in seinem Haus die Musik, die vielen Stimmen verdichten und vereinen zu einer Stimme! So, dass anderes zurücktreten kann, aufgehoben ist in der Stimme der Musik alles, was bewegt und umtreibt.

Wir Pastorinnen und Pastoren hören das vielleicht nicht so gern, dass kein Platz mehr ist im Tempel, weil die Wolke der Gnade und des Geistes Gottes alles ausfüllt. Aber das ist doch eigentlich wichtig: wenn wir Gottesdienst feiern, dann geht es nicht um den Pastor oder die Pastorin; nicht um Musikerinnen und Musiker. Dann geht es darum, dass Raum und Herzen erfüllt werden von dem Klang der Stimme Gottes, von seinem Wort. Dann geht es darum, dass alles umhüllt und umfasst wird von der Gnade Gottes, dass seine Barmherzigkeit spürbar wird, dass die Quelle der Lebenskraft uns speist mit Kraft aus der Höhe, die wir brauchen, um hier unten bestehen zu können: bei einer andächtigen Musike ist allezeit Gott in seiner Gnaden Gegenwart. – Dazu werden wir gebraucht: Platz zu schaffen dem Geist Gottes. Dafür werden Sie sorgen in den Gemeinden, dass das hörbar und spürbar bleibt. Und das wird es nicht erst in perfekten Konzerten, sondern in jedem Gesang der Gemeinde.

Ich erinnere mich an meine Zeit als Vikar. Eine meiner ersten Predigtstätten war eine kleine Dorfkapelle. Die Gemeinde hatte dort keine hauptamtliche Kirchenmusikerin, sondern die Orgel spielte eine ältere Frau, die ihre Klavierkenntnisse autodidaktisch ein wenig ausgebaut hatte.  Sie hat die Gemeinde zum Singen gebracht. Ganz einfach. Sie tat das sicher nicht so, dass sie einen Plattenvertrag angeboten bekommen hätte. Aber sie tat das treu und aus ihrem Glauben heraus, bewegt  von der Gewissheit, dass Gott selbst Gegenwart ist in der Musik der Choräle.
Sie sind deutlich ein Stück weiter gekommen, als jene Organistin. Aber im Kern geht es genau darum, dass Sie bewegt sind und sein müssen selbst von der Musik, die Trägerin ist der Gnade Gottes.

Ich gratuliere Ihnen im Namen der Nordelbischen Kirche zu dem Abschluss dieser Ausbildung. Wir sind dankbar dafür, dass Sie sich dieser Anstrengung ausgesetzt haben, dass Sie helfen werden, Gottes Gnade tönen zu lassen. Und ich danke den Ausbilderinnen und Ausbildern dafür, dass sie ihr Können weitergegeben haben. Und ich wünsche Ihnen, dass Sie Erfüllung finden (und eine Orgelbank oder einen Chor oder beides) in dem Dienst, für den Sie singen und spielen. Ich wünsche den Gemeinden, dass sie diese Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker aufnehmen und sich stärken lassen von ihrem Dienst, so dass für unsere ganze Kirche es ist, als hörte man eine Stimme Gott loben und danken. Denn in einer andächtigen Musike ist allezeit Gott in seiner Gnaden Gegenwart.

Amen.

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