Landesbischof Dr. Andreas von Maltzahn, Schwerin

Predigt zur Eröffnung des „Jahres der Taufe 2011“ am 9.1.2011 in Neubrandenburg (unter teilweiser Verwendung eines Entwurfs von Pastorin Irene de Boor, AG „Jahr der Taufe“)

09. Januar 2011 von Andreas von Maltzahn

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. AMEN.

Liebe Gemeinde!

Das Kirchenjahr macht große Schritte – zu Weihnachten die Krippengeburt im Stall, am  letzten Sonntag der zwölfjährige Jesus im Tempel und nun der erwachsene Jesus am  Beginn seiner Wirksamkeit. Am Anfang steht die Taufe – vor aller Verkündigung, vor allen  Heilungen, vor der Jüngerberufung. Die Taufe steht unmittelbar vor der Versuchung Jesu in  der Wüste.

Jesu Taufe ist wie eine Ouvertüre, der große Auftakt des ganzen Werkes; wichtige Themen  klingen. Der Auftakt ist wie ein großer Auftrag, wie eine Berufung.

Was geschieht hier eigentlich für Jesus? Was ereignet sich für ihn in der Taufe?

Zunächst einmal: Altes geht unter – Neues kommt ans Licht. Die Jahre als Bauhandwerker  liegen hinter ihm. Der Beruf, der bisher sein Leben bestimmt hat, macht einer Berufung  Platz. Auch wird Jesus seinen familiären Verpflichtungen als ältester Sohn der Maria  enthoben. Über ihn kommt eine Beanspruchung, die alle anderen Ansprüche in den  Hintergrund rückt. Gott nennt ihn ‚meinen lieben Sohn’. Das ist Verheißung und Auftrag  zugleich.

Äußerlich zeigt sich dieses außerordentliche Ereignis darin, dass der Himmel sich weitet, sich öffnet. Schon zu Christi Geburt hatte sich der Himmel aufgetan, hatte in der Engel  Botschaft laut werden lassen, worauf es ihm ankommt. Auch damals in Jakobs Traum hatte  sich der Himmel geöffnet, als er, der Flüchtling, schlafend neue Kraft empfing und Engel die  Himmelsleiter herab- und hinaufsteigen. So ahnen wir: 
Wir leben nicht unter einem dauerhaft verschlossenen Himmel. 
Oft genug ist er von dunklen Wolken verhangen. Doch der Himmel kann sich auftun, 
wo Menschen erkennen, wer sie in Wahrheit sind –
Söhne und Töchter Gottes, 
Kinder, die Gott liebhat, 
‚Wunschkinder’, um genau zu sein. 

Schwestern und Brüder, welche Tauferlebnisse erinnern Sie besonders – zum Beispiel als  Taufpate, als Teil der Tauffamilie oder als Gemeindeglied? Manchmal gibt es heitere  Szenen, wenn z.B. ein kleiner Täufling begeistert mit seinen Händchen ins Taufwasser  patscht, und nach der Taufe ist schwer zu entscheiden, wer mehr Wasser abbekommen hat  – das Kind oder der taufende Pastor.  Bewegend sind für mich jedoch vor allem auch die  Taufen von Erwachsenen – wenn wir miteinander einen Weg gegangen sind, wenn wir uns  mit unseren Fragen nach Gott, mit unserer Sehnsucht nach einem sinnerfüllten Leben  füreinander geöffnet haben. Und der Wunsch ist gewachsen, zu Gott zu gehören und zur  Gemeinschaft der Christinnen und Christen. Und so lassen sie sich  taufen. Es ist etwas  Großes und Schönes, zu erleben, wie Menschen diesen entscheidenden Schritt gehen.  Denn sie spüren, wie aus dieser Verbundenheit zu Gott neue Freiheit für ihr Leben erwächst. 

„Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Gott spricht es aus, ein für  allemal, als Jesus getauft wird von Johannes dem Täufer. Da ist eine Stimme aus dem  Himmel zu hören, der auch unser Himmel ist. Diese Stimme meint auch uns. 

Am Ende seines Weges ging Jesus mit denen, die ihm gefolgt waren, auf einen Berg in  Galiläa unter diesem Himmel und sprach: 
„Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und  machet zu  Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und der Heiligen  Geistkraft.“  

So hat Jesus auch uns, seinen Jüngerinnen und Jüngern in der Gegenwart, Gottes Stimme verliehen, um es bei jeder Taufe spürbar werden zu lassen, dass dieser Mensch Gottes Kind  ist und Gott sich an ihm freut: „An dir habe ich Wohlgefallen!“

Liebe Gemeinde, manche fragen, warum es ein „Jahr der Taufe“ in Mecklenburg gibt, ob  Mitgliederschwund der Auslöser ist und also alle Kraft in die Mitgliederwerbung gehen soll? 

Manche fragen kritisch, ob wir nicht eigentlich immer „Jahr der Taufe“ haben. Sie warnen vor  Aktionismus, was auch immer sie darunter verstehen. Fragt man  nach ‚Taufen’ und  Schwierigkeiten damit, werden andere Stimmen laut: 
- dass es so wenige sind, die mit einem Taufwunsch  kommen
- dass es schwierig ist, dem Wunsch  immer zu entsprechen
- dass es Ärger mit Wiedertäufern gibt oder
- einfach keine Paten zu finden sind
- wenn die Eltern beide nicht in der Kirche sind
- oder wenn sie einen Taufspruch wollen, der zwar im Internet, aber nicht in der Bibel  zu finden ist.
- dass manche Wünsche merkwürdig sind: im Swimming-pool zu taufen
Da kann man schon ins Grübeln kommen . . .

Fragt man Menschen, die sich selbst oder ihr Kind taufen lassen wollen, dann erzählen auch  sie von Schwierigkeiten
- dass doch die beste Freundin Patin werden soll, aber sie ist nicht getauft
- oder wo bekommt man diesen Schein, dessen Namen man sich nicht merken kann?
- Kann man sich nicht einfach in einer anderen Kirche taufen lassen, weil man mit dem Pastor zuhause nicht so gut klarkommt?

Es gibt viel zu bereden und zu klären. So ist es höchste Zeit, dass wir den Auftrag Jesu  erfüllen und uns auf den Weg machen: „Geht hin ... Und macht...“ Mit dem „Jahr der Taufe“  machen wir uns auf den Weg, räumen Steine aus dem Weg. Wir wollen Menschen den Weg  zu Gott erleichtern.

Eigentlich erstaunlich – auch Jesu Weg zur Taufe war ein schwieriger. Er stellte sich in die Reihe derer, die sich von Johannes taufen lassen wollen. Johannes der Täufer wehrte ab: „Du kommst zu mir?“ Das allererste Taufgespräch, von dem in der Bibel berichtet wird,  beginnt mit der Ablehnung der Taufe. Das ist doch verrückt, oder?  Es sind Jesu erste Worte im Matthäusevangelium, die darauf  beharren, dass diese Taufe erfolgen soll: „Lass es jetzt  geschehen!“ So wie Jesu letzte Worte bei Matthäus darauf bestehen, dass wir taufen sollen,  so schwierig es auch zu sein scheint. Wege sollen gefunden werden, dass Taufe geschehen  kann.

Ganz klar: Johannes zweifelte nicht am rechten Glauben oder gottgefälligen Lebenswandel  Jesu und hätte darin einen Hinderungsgrund gesehen. Sondern ganz im Gegenteil: „Ich  bedarf dessen, von Dir getauft zu werden“.  Johannes sieht sich als den Geringeren gegenüber Jesus, dem Stärkeren, Höheren. Jesus  aber lehnt diese Kategorie der Höhenunterschiede ab: Wer ist  höher, niedriger? Manche  Menschen scheinen ja in ihrem Herzen so einen Höhenmesser zu tragen. Vom Himmel aus  gesehen, sind diese Unterschiede  geradezu lächerlich klein. Von Gott kommt stattdessen die Stimme der Wertschätzung, der Würde als Menschen. Da erfahren wir, wer wir wirklich  sind: Gottes Kinder.

Es gehört zu unserer Natur, dass wir gern obenauf sind, oben auch mit Jesus auf dem Berg.  „Hier ist gut sein“, sagt Petrus als die drei Jünger mit Christus auf dem Berg der Verklärung  sind. Hier erleben sie Gott. Hier hören sie auch die Stimme wieder: „Dies ist mein lieber  Sohn.“ Gerne würden sie dort oben bleiben, die Auserwählten mit ihrem Jesus. 

Jesus jedoch geht mit ihnen wieder hinab, in die Tiefen des Lebens. Er schickt uns los, hinab  vom Berg in die Tiefe, wohin er auch selbst hinabgestiegen ist und erlebt hat, dass Gott den  Menschen entgegenkommt, sein Geist herab wie eine Taube. Gott kommt uns entgegen:  „Geht hin ... und tauft!“ In der Tiefe erleben wir, dass man mit leeren  Händen dastehen und  trotzdem Wichtiges geschehen kann.

„Lasst es geschehen“, dass getauft wird – vor allem Ihr, die Ihr Euch als die Stärkeren wähnt  – denen gegenüber, von denen Ihr denkt, sie meinten es nicht ernst. Kommt herunter vom  hohen Ross, die Ihr da oben seid und Euch über andere erhebt. 

Und Ihr, die Ihr Euch unten fühlt, erhebt euch – Ihr, die Ihr Euch nicht vorstellen könnt, dass  Gottes Liebe wirklich Euch meint. So erstaunlich es ist – Ihr seid bejaht, von Gott gewollt.

Und Ihr, die Ihr noch unsicher seid, ob Euer Glaube schon reif genug sei für die Taufe und  diese Unschlüssigkeit vielleicht schon lange in Euch tragt – habt Vertrauen: Die Taufe ist  nicht Ende des Weges, sondern Station – entscheidende Station, der Weg des Glaubens  jedoch geht weiter, das Wachsen auch. Die Taufe aber setzt Kräfte frei.

Und auch Ihr, die Ihr tragt an der Verantwortung in der Kirche, manchmal viel zu schwer  tragt, erhebt Euch – Ihr mit dem viel zu großen Kirchenschlüssel in der Hand und all der  Verantwortung, die dazu gehört. Schlüsselfiguren können wir sein, die etwas vom Himmel  erschließen helfen – und zwar leichten Herzens! Denn der Glaube ist und bleibt Geschenk.  Gott bewirkt ihn. Es steht nicht in unserer Macht.

Um solche Erleichterung geht es im „Jahr der Taufe“. Wir zeigen, was wir lieben und wovon  wir leben, und können es nicht für uns behalten.

Wir leben nicht unter einem dauerhaft verschlossenen Himmel. Möge dieses „Jahr der  Taufe“ uns Gottes Güte spüren lassen, in dem  uns, den Getauften, und denen, die dieses  Fest noch vor sich haben, der Himmel geöffnet wird. 

Deshalb wollen wir das Adventslied: „O Heiland reiß die Himmel auf“, nachher miteinander  singen: Gott kommt uns entgegen, der Himmel öffnet sich, die Stimme ist zu hören: Du bist  meine liebe Tochter! Du bist mein lieber Sohn! 

Amen 

Und der Friede . . .

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