11.08.2012 - Kirche am Rockenhof

Verabschiedung von Propst Hartwig Liebich

11. August 2012 von Kirsten Fehrs

Ansprache von Bischöfin Kirsten Fehrs Liebe singende Gemeinde, lieber Propst Liebich, lieber Hartwig! Nun ist der Zeitpunkt da, Dich aus dem Dienst als Propst des Kirchenkreises Hamburg-Ost / Propstei Bramfeld-Volksdorf zu verabschieden. Darüber gibt es eine Urkunde, zugegeben ein wenig formal bei all dem, was einen in so einem Moment innerlich umtreiben mag, doch eben auch ein feierliches Dokument. Frau Roehrer vom Kirchenkreisrat liest sie; sie hat folgenden Wortlaut: Verlesung der Urkunde

 

Liebe Festgemeinde, lieber Hartwig!

Froh. Das war, nein: ist das Gefühl, das Du mit dem Tag heute verbindest. Wir haben es eben in Deiner wunderbaren Predigt gehört. Froh bist Du, so hast Du es in der Dir eigenen Klarheit auch vor einigen Wochen beschrieben, als wir Dein Berufsleben haben Revue passieren lassen. Und bei aller Wehmut, die diesen wie jeden Abschied umweht, hat dieses Frohsein etwas so Ehrliches und „Hartwig-Nahes“, dass es einen innerlich mitreißt. Ja, stimmen wir also in echter Verbundenheit mit Dir ein, zieh um des Himmels Willen Deine Straße fröhlich, lieber Hartwig Liebich – und Deine Familie bitte auch!

Froh zu sein, in so einem Moment des Abschiedes, ist etwas unerhört Kostbares. Da ist man König. Und das Beste: Froh zu sein - bedarf es wenig! Diese Volksweise scheint angesichts eines so reichen 40 jährigen Berufslebens im ersten Moment unpassend. Doch genauer, theologisch, hingeschaut, hat es doch viel mit Dir gemein. Es schwingt Leichtigkeit darin und zugleich Ernst. Tiefgang. Froh zu sein, bedarf der Fähigkeit, auch im Wenigen den Segen zu erkennen und den Blick für die Gesegneten zu behalten. Und also ist es die Fähigkeit, gerade die zu würdigen, die wenig geschätzt und an den Rand gedrängt werden. Fähigkeiten, die Dir absolut eigen sind, lieber Hartwig. So ist es gewiss kein Zufall, dass der Titel einer Deiner ersten Veröffentlichungen im Ev. Missionswerk hieß: „Die Mülltonnen der Reichen und der arme Lazarus.“ Ein nahezu programmatischer Titel: Die Vision des göttlichen Schalom, die Verheißung universaler, ergo: politischer Gerechtigkeit ist Deine Herzenssache. Von Anfang an. Bis heute. Theologisch gegründet, von Glaubensbrüdern wie Gollwitzer und Scharf gewürzt, gelernt im Leben, verkündigt mit tiefer Überzeugung und Ehrlichkeit (wie eben zu erleben war).

Soweit die ernste Seite des Frohsinns. Froh zu sein, bedarf aber auch des Dir eigenen Humors. Du verstehst es hervorragend, das manchmal allzu Gewichtige mit feiner Ironie von seiner eigenen Bedeutsamkeit zu entlasten. Auch bei Dir selbst. Und so bist Du heute, ich bin sicher, nicht froh, weil Du lästige Pflicht loswirst, um endlich frei zu sein. Nein, frei warst Du immer. In Deiner Arbeit. Mit Deiner Arbeit. Geradlinig, weitsichtig, lutherisch und konsequent – und in all dem, mit Verlaub, auch unbequem. Gut so. Das ist, glaube ich, was heute wahrhaftig froh macht, Dich und uns: zurückzuschauen und zu sagen: Ja. So wie es war, ist es gut gewesen.

Ja: Es waren reiche, gesegnete 40 Dienstjahre; Deine Vita mit ihren Daten zeugt davon. Gleich nach dem Studium als originaler 68-er und nach dem Vikariat warst Du im Ev. Missionswerk in Hamburg tätig, dann ab 1986 atemberaubende und prägende 4 Jahre bei den Nationalen Christenräten im Südlichen Afrika in Zimbabwe, dann 10 Jahre in der Lukas-Kirchengemeinde in Sasel-Süd und schließlich als Propst wieder in Volksdorf, zunächst im Kirchenkreis Stormarn und, weil Du es ja mit anderen hier Anwesenden unbedingt so wolltest, dann als Propst des fusionierten Kirchenkreises Hamburg-Ost. Scherz beiseite: Es ist ein Segen, dass und wie Du als Kirchenkreisvorstands-Vorsitzender die Leitung des größten Kirchenkreises Deutschlands übernommen hast: Chapeau. Was für ein Reichtum über all die Jahre hin. Was für ein Reichtum an Aufgaben, Gremien, Erfahrungen, Geschichten, sicherlich auch an Problemen, Lösungen von Problemen, an Aktendeckeln und Dilemmata. Es ist aber vor allem, sagst Du, reich gewesen an Begegnungen und Freundschaft. Denn das war und ist für Dich das Entscheidende im geistlichen Amt, das ja laut Paulus die Versöhnung predigt: Beziehungen zu knüpfen, zu halten, ja zu genießen – geistlich, ökumenisch, regional, in Deinem Konvent und mit Deinen Kollegen, über Ländergrenzen, ja sogar gern auch über Gemeindegrenzen hinweg. Und weil es Dir immer um diese Beziehungslebendigkeit ging, waren Dir Strukturen wichtig. Logisch. So hast Du viel bewegt und gleichzeitig viel getragen, gerade in den letzten Jahren. Wir sind Dir zutiefst dankbar dafür: Und wie wir eben gehört haben, bist Du es auch. Auch Du fühlst Dich beschenkt.  Froh halt.

Wie passend deshalb die Losung zu dem 9. August 2012, zu Deinem 65. Geburtstag vorgestern: Ich will mich freuen des Herrn und fröhlich sein in Gott, meinem Heil. Beim Propheten Habakuk steht es, der zu den kleinen aber feinen gerechnet wird. Ist er doch einer, der planvoll seine Texte komponiert….

Wie passend also dies Prophetenwort, in jeder Hinsicht. Auch darin, dass seine Fröhlichkeit Tiefgang kennt. Denn der Prophet weiß deshalb so viel von der Freude, weil er mit Ehrlichkeit benennt, was nieder-drückt. Traurig macht. Furchterregend ist. Er wird- wie übrigens auch du- nicht müde zu sagen, was für ein Skandal es ist, wie viele Menschen unter sozialer Spaltung leiden, unter Hunger, Krieg, Flucht, unter Rassenhass und struktureller Gewalt. Damals wie heute. In Simbabwe etwa. Gerade erst warst Du da, berührt wie immer von Afrika. Aber Du warst auch erfüllt von den Begegnungen und der Lebensfreude, die gerade dort wohnt, wo man sensibel bleibt für den Schmerz.

Froh – über das, was Gott uns mit Dir gegeben hat, lieber Hartwig, bin ich unbedingt. Aber auch der Schmerz darf sein. Mich jedenfalls macht es ziemlich unfroh zu wissen, dass nun unwiederbringlich (nicht das Zusammensein – aber) das Zusammenarbeiten vorbei ist. Denn das war unvergleichlich passgenau. Freundlich. Aufmerksam. Kompetent. Klar positioniert bist Du zugleich einer, der Meinungen ändern kann. Ausgerichtet auf Verständigung bist Du zugleich einer, der Entscheidungen durchhält. Und weil´s so schön war, habe ich mir einen kleinen genussreichen Moment vorgestellt, wie es wäre, wenn ich sagen würde: Nichts da, zu früh gefreut, die Bischöfin genehmigt ihn einfach nicht, den Ruhestand. Im Gegenteil: Es gibt noch drei Jahre. (Warum sollte es Dir besser gehen als uns??)

Wir brauchen Menschen wie Dich in unserer Kirche. Haben sie immer gebraucht. Menschen, die das prophetische Wort zu glauben verstehen. Die nicht müde werden, für die Gerechtigkeit geradezustehen. Die Verständnis zeigen und Zuneigung und zugleich bekennen, wo sie widerstehen. Menschen, die sich zeigen, ohne sich wichtig zu tun. Menschen wie Du eben, die uns froh machen können. Nicht zuletzt durch Deine Geschichten. Hinreißend etwa, wenn Du von Deiner Zeit in Afrika erzählst. Zum Beispiel von einem Bischof Tutu, der so gern lacht. Und der besonders gelacht hat, als er seinen Landsleuten versucht hat zu erläutern, wie die Deutschen tanzen. Jedoch, das haben wir bei der Vorbereitung diverser Mitarbeiterfeste gemerkt, diese Leidenschaft für den Tanz hat sich definitiv nicht auf Dich übertragen…Wie auch immer:

Ich will mich freuen des Herrn und fröhlich sein in Gott, meinem Heil.

Was werden wir Dich vermissen! Deine Geschichten. Deine Klarheit. Deine Zuneigung. Doch – es ist nun gut. So wie es war. Ich gönne Dir von Herzen, wenn Du jetzt mit Heide und Eurem Sohn fröhlich die Straße ziehst, die Ruhestand heißt oder wie auch immer. In jedem Fall ohne Verpflichtungen, Strukturpläne und Verantwortungskatalog. Ich gönne es Dir und danke Dir von ganzem Herzen für all das, was Du für unsere Kirche getan hast. Und ich bin sicher, mit mir danken Dir alle, die hierher gekommen sind: all die WeggefährtInnen, Freunde, KollegInnen, Mitarbeitende. Manche sind mit Dir durch dick und dünn gegangen - liebe Frau Moser - und andere mit nach Afrika….

…Liebe Heide. Danke sage ich auch Dir. Für all das Mittragen, Mitdenken, Trösten, aber auch Mitarbeiten gerade in Simbabwe. Du warst nicht nur kluge Begleiterin, sondern sehr eigenständig Du selbst. Mit Deiner Dir eigenen aufmerksamen und gleichzeitig so dezenten Art. Auch für Dich fängt jetzt etwas Neues an – nicht nur, dass Du Dir jeden Tag neu überlegen könntest, was Hartwig kochen soll, damit er was zu tun hat. Nein, es ist ja auch so, dass Du Deinen eigenen Rückblick hältst, eigene Gründe hast, warum Du hoffentlich heute froh bist und eigene Vorstellungen, was Du tun willst und was lassen.

Unbekannt für Euch beide kommt nun die Ruhe-Bewegung ins Leben. Da ist so viel Verheißung: Ihr könnt fröhlich sein in Gott! So wünsche ich Dir von Herzen, lieber Hartwig, ich wünsche Euch Gottes reichen Segen: Dass Ihr Euer neues Haus genießen könnt und viele Freunde einladet, Entdeckungsreisen macht außerhalb der Ferien und Bücher lest unterm Apfelbaum. Kurz: Ein bewegtes Ruheleben in Gottes gnädiger Gegenwart, das wünsche ich. Geht im Frieden, lieber Hartwig und liebe Heide, und vor allem: geht froh. Amen

Datum
11.08.2012
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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