Wertschätzung für die Land- und Ernährungswirtschaft
14. Juni 2016
Vortrag beim XIV. Parlamentsforum Südliche Ostsee
Zu Beginn:
Ein Pastor kommt zu einem Landwirt auf den Hof. Er betritt einen wunderbaren Hof, er ist ordentlich, sauber, gut geführt. Die Tiere im Stall sind gesund und auf den Feldern wartet eine reiche Ernte. Da sagt der Pastor mit ernster Mine: „Sie wissen doch, wem Sie das alles zu verdanken haben?“ „Ja“, antwortet der Landwirt: „Gott, der Herr, hat mich wahrlich reich beschenkt.“ Und dann fügt mit einem Seitenblick auf den frommen Mann hinzu: „Aber Herr Pastor, Sie hätten den Hof mal sehen sollen, als der liebe Gott hier noch alleine gewirtschaftet hat!“
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Ihnen herzlich für die Einladung zu dieser Tagung. Ich freue mich, als evangelischer Theologe zu Ihnen sprechen zu dürfen. Das Thema meines Beitrags, den Sie vorgeschlagen haben, lautet: „Wertschätzung für die Land- und Ernährungswirtschaft“ – und ich muss sagen: ein schöneres Thema hätte ich mir kaum selbst aussuchen können.
In meinen Dienst als Bischof in Schleswig-Holstein begleitet mich das Verhältnis von Kirche und Land- und Ernährungswirtschaft stetig. Zum einen schon allein aufgrund der Tatsache, dass die biblischen Geschichten, die Christinnen und Christen in ihrem Glauben prägen, von landwirtschaftlichen Themen und Ernährungsfragen geprägt sind. Ich erinnere nur an den wunderbaren Schöpfungspsalm, Psalm 104:
Du feuchtest die Berge von oben her, du machst das Land voll Früchte, die du schaffest. Du lässest Gras wachsen für das Vieh und Saat zu Nutz den Menschen, dass du Brot aus der Erde hervorbringst, dass der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlitz schön werde vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke (Psalm 104,13-15).
Schöner kann man nicht vom Segen der Land- und Ernährungswirtschaft sprechen, auch wenn die biblische Überlieferung selbstverständlich nicht verschweigt, dass es harte Arbeit ist. Als evangelische Kirche stehen wir in dieser guten Tradition, die von Wertschätzung für die Land- und Ernährungswirtschaft geprägt ist.
Und auch in der Jetzt-Zeit pflegen wir den regelmäßigen und vertrauensvollen Austausch zwischen Landwirten, Landfrauen, Bauernverband und Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern auf der einen und Pastorinnen und Pastoren, Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und Bischöfen auf der anderen Seite, und das nicht nur im Zusammenhang des Landeserntedankfestes. Oft genug sitzen wir an denselben Tischen, bei gegenseitigen Besuchen und Gesprächen, in Diskussionsrunden und vielem anderen mehr. Zudem engagieren sich viele in der Landwirtschaft Tätige selbst in kirchlichen Gremien. Eine Reihe Themen beschäftigen uns gemeinsam bereits seit geraumer Zeit: der Umgang mit Nahrungsmitteln, Fragen der Tierhaltung und Tiernutzung, die Frage der Energieversorgung im Spannungsfeld von Klimaschutz und Landschaftsschutz. Letztendlich ist es die Frage danach, wie Mensch, Natur und Umwelt in einem guten Gleichgewicht zueinander stehen und vor allem im Blick auf die Zukunft bestehen können.
So sind es heute drei Punkte, auf die ich in besonderer Weise blicken möchte.
1. Land- und Ernährungswirtschaft als Thema unserer Gesellschaft
2. Von den Lebensmitteln
3. Von Wertschätzung und Wertschöpfung
Ich beginne also mit Punkt 1)
1. Land- und Ernährungswirtschaft als Thema unserer Gesellschaft
Wir erleben in Europa eine hohe Aufmerksamkeit für die Land- und Ernährungswirtschaft. Darin zeigt sich ein erhebliches Interesse und in den meisten Fällen echte Wertschätzung und Achtung.
Ich glaube nicht, dass man sagen kann, viele Menschen in diesem Land stünden der Land- und Ernährungswirtschaft grundsätzlich distanziert oder kritisch gegenüber. Es gibt sicher lokale Konflikte, wegen eines Stallbaus oder wegen des Verkehrs in der Erntezeit, aber das sind Konflikte, die nicht grundsätzlicher Natur sind. Vielmehr muss in einer demokratischen Gesellschaft jeder wirtschaftlich Tätige mit Nachfragen – auch kritischen – für sein Handeln leben. Viele Menschen wissen durchaus, dass insbesondere Landwirte einen schweren Beruf haben, der einige Ansprüche stellt.
Vielen ist bewusst, dass dieser Beruf eine hohe Verantwortung einfordert und eine hohe zeitliche Belastung mit sich bringen kann. Er passt meist nicht in das nine-to-five-Schema, das so mancher unter uns nicht missen möchte. Der Beruf des Landwirts und der Landwirtin hingegen gehört zu den Tätigkeitsgebieten, von denen die Menschen wissen, dass man das wirklich wollen muss und der Zusammenhang zwischen Beruf und Berufung deutlich erkennbar ist. In meiner Kirche, in den Dörfern und Gemeinden, in denen die Landwirte eine kleine, weiterhin dramatisch schrumpfende Gruppe der Berufstätigen stellen, gibt es nach wie vor ein Verständnis für die Ansprüche des Berufs. Es ist allen klar, dass ein Landwirt in bestimmten Phasen des Jahreslaufs sein Ehrenamt nicht ausüben kann, da er den ganzen Tag für seinen Betrieb und die Ernte da sein muss – und dergleichen mehr. Und wenn es nur die Rücksicht auf die Melkzeit beim Festsetzen von Terminen ist. Zunehmend ist aber leider zu beobachten, dass es zu einer Überdrehung der zeitlichen, wirtschaftlichen und seelischen Belastung bei Landwirten kommt. Die Nordkirche beteiligt sich daher auch mit einem speziellen Sorgentelefon für landwirtschaftliche Familien an einer konzertierten Aktion der Hilfeangebote für diese Zielgruppe.
Immer wieder gibt es landwirtschaftliche Themen, die es auf die ersten Seiten unserer Zeitungen schaffen, und das nicht selten über längere Zeit. In letzter Zeit haben wir das erlebt in der Auseinandersetzung über die Zulassung des Totalherbizids Glyphosat. Man kann darüber so oder anders denken. Auffällig ist jedoch, dass es ein hohes mediales Interesse für diese Themen gibt. In den letzten Wochen konnte man aus den Medien, z.B. den großen deutschen Zeitungen, eine Menge über moderne Landwirtschaft lernen, wenn man die Hintergrundberichte über Glyphosat las.
Sehr geehrte Damen und Herren,
es gibt nicht viele Branchen in Deutschland, über deren Art zu wirtschaften so ausführlich geschrieben wird. Da konnte man lesen von Bodenbearbeitung, unterschiedlichen Alternativen im Ackerbau, dem Obstbau u.v.m. Wer sich als Laie solche Artikel durchlas, hat viel erfahren. Daraus schließe ich: es gibt ein Interesse daran, wie Landwirtschaft betrieben wird. Die Menschen möchten etwas über die Umstände erfahren, unter denen heute Lebensmittel produziert werden können oder müssen.
Andere aktuelle Beispiele ließen sich hinzufügen: die ausführliche Berichterstattung über die gegenwärtig niedrigen Milchpreise und die in den Medien durchaus differenziert dargelegten verschiedenen Ursachen für diese bedrängende Situation. Daran schließt sich für viele Menschen in unseren Gemeinden die Frage an, ob die Betriebe in der eigenen Umgebung, die dort Arbeitenden und ihre Familien diese Situation wohl überstehen werden. So haben am 22. Mai in Schleswig-Holstein 44 landwirtschaftliche Betriebe zum „Tag des offenen Hofs” eingeladen – und 100.000 Menschen haben an diesem Tag die Chance genutzt, einen Bauernhof zu besuchen. Am gleichen Wochenende fand auch der Gottorfer Landmarkt mit 140 Ausstellern aus dem Ökobereich und 15.000 BesucherInnen in Schleswig statt. Es gelingt wohl selten einem Wirtschaftszweig, ein solches Interesse für seine Produktion zu interessieren und die Menschen auf die Beine zu bringen.
Ich würde meinen, dass solche Beispiele und die zuweilen sehr ausführliche Berichterstattung zu landwirtschaftlichen Themen – trotz mancher Skandalisierung – eben vor allem ein Mitdenken, eine Aufmerksamkeit und bei bestimmten Themen auch Anteilnahme zeigt. Dies ist aus meiner Perspektive prinzipiell als kritische Aufmerksamkeit und auch Unterstützung zu werten.
Dass es diese Aufmerksamkeit gibt, hat seine Gründe. Damit komme ich zum zweiten Punkt.
2. Von den Lebensmitteln
Es gibt Sachverhalte, die zwar schlichte Wahrheiten sind, aber die dennoch von Zeit zu Zeit benannt werden müssen. Sozusagen als eine elementare Erinnerung für uns alle. Dazu gehört der Hinweis, dass wir uns alle ernähren müssen. Das ist ohne Alternative. Allein schon aus diesem Grund findet die Arbeit derer, die sich in unserer ausdifferenzierten Gesellschaft darum kümmern, dass wir satt werden, ein besonderes Interesse und ist prinzipiell gar nicht genug wertzuschätzen.
Dass viele Menschen auch in Europa hungern mussten, ist noch nicht sehr lange her. Es ist eine besondere Leistung, dass wir heute eine Landwirt- und Ernährungswirtschaft haben, die uns Jahr um Jahr gesunde, bekömmliche und ausreichende Lebensmittel anbieten kann, nahezu unabhängig vom Wetter. Die gegenwärtig lebenden Generationen halten es für selbstverständlich, dass die Regale und Kühlschränke voll sind, weil sie es nicht anders erlebt haben. Aber historisch betrachtet ist dies eher eine außergewöhnliche Situation. Leider gehören dazu für den Verbraucher und die Landwirte sinkende Preise. Für beide kein Grund zum Jubeln, sondern ein Grund sich Sorgen zu machen.
Weltweit betrachtet ist solche Ernährungssicherheit ebenfalls alles andere als selbstverständlich. Auch wenn es an diesem Punkt kleine Fortschritte in den letzten Jahren gegeben hat, gibt es in den unterschiedlichen Teilen der Welt immer noch einen weitverbreiteten regelrechten Hunger, dessen Folgen ein Leben lang spürbar bleiben. 805 Millionen Menschen hungern dauerhaft auf diesem Planeten, so schätzt die Welternährungsorganisation. Verbreiteter noch sind Mangel- und Fehlernährung, die Krankheiten mit sich bringen, die körperliche und geistige Entwicklung der Menschen reduzieren und so über die Fehlernährung hinaus weitreichende Folgen haben. Davon dürften nach vorsichtigen Schätzungen derzeit etwa 2,5 Milliarden Menschen betroffen sein. Infolge solcher Mangelernährung sterben täglich 24.000 Menschen. Dass es zugleich 640 Millionen Übergewichtige Menschen gibt, zeigt, wie widersprüchlich, wie gegensätzlich die Lebenssituationen auf unserer Erde sind.
Für diese weltweite Situation ist nicht nur, aber auchunsere Gesellschaft über viele Verwicklungen und Mechanismen mitverantwortlich. Einfache Antworten verbieten sich. Ich erinnere daran, dass die Evangelische Kirche in Deutschland 1959 eine damals als einmalig geplante Kampagne durchführte, um etwas gegen eine Hungersnot in Indien zu tun. Diese Kampagne ist nicht einmalig geblieben, es gibt sie noch heute. „Leider“ gibt es sie noch, müssen wir sagen. Leider muss es sie noch heute geben. Ihr Name ist „Brot für die Welt“.
Zur Arbeit von „Brot für die Welt“ und vielen anderen staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen gehört auch die Stärkung der Landwirtschaft in den betroffenen Regionen. Dabei haben wir weiterhin sehr viel Arbeit vor uns, damit dort Landwirte ihre Arbeit machen können – für Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität – meiner Ansicht nach ein Menschenrecht. Dabei kann es nicht um ein einfaches Kopieren von Modellen gehen, die uns hier vertraut sind: der Aufwand an einzusetzenden Ressourcen sowie die gesundheitlichen Folgen gewisser Ernährungsgewohnheiten bei den Konsumenten dürften keine Vorbilder für sich entwickelnde Agrarstrukturen und das Konsumentenverhalten in den sogenannten „Entwicklungsländern” sein.
Meine Damen und Herren, Ich komme nach Deutschland und Europa zurück: die Lebensmittelbranche ist ein sehr wichtiger, unentbehrlicher Wirtschaftssektor. Daher müssen hier in mancher Hinsicht auch besondere Regeln gelten. Vielleicht wäre es gut, wenn wir uns beim Gang in den Supermarkt oder über den Wochenmarkt öfter einmal bewusst machen, dass wir es hier mit etwas Besonderem zu tun haben.
Dass es sich um etwas Besonderes handelt, sollte in zweifacher Hinsicht unser Verhalten beeinflussen. Zum einen schulden wir denen, die solche Lebensmittel zur Verfügung stellen, für ihre Arbeit unseren Dank und Respekt. Ich denke hier besonders an die in der Landwirtschaft Tätigen.
Zum anderen denke ich, dass zu diesem Respekt auch ein angemessener Umgang mit Lebensmitteln ist. Ein solcher Ausdruck des Respekts gelingt uns aber nicht immer. Nach Angaben der Verbraucherzentrale vernichten wir jährlich allein in Deutschland weitgehend sinnlos 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Wert von ca. 25 Milliarden Euro. Das reicht von Ernten, die wegen mangelhaften Aussehens gleich wieder untergepflügt werden, über Lager- und Transportschäden bis hin zum Wegwerfen wegen Überschreitung des Haltbarkeitsdatums im Einzelhandel und dem falschen Einkauf durch den Konsumenten. Die damit verloren gegangenen Ressourcen sind erheblich. In den letzten Jahren ist dieses Thema immerhin in die Öffentlichkeit gekommen und damit ist schon viel erreicht. Wenn man über etwas reden kann und mit dem Essen auch die Fakten auf den Tisch kommen dürfen, dann haben wir am ehesten die Chance auf eine Besserung. Zugleich wird deutlich, dass es an diesem Punkt gar keinen Anlass gibt, auf eine bestimmte Gruppe zu zeigen, denn an der Lebensmittelverschwendung sind wir alle beteiligt.
Wenn wir auf die genannten Probleme sehen, dann kann man zu dem Schluss kommen, das Thema oder Problem sei nicht unbedingt die „Wertschätzung für die Land- und Ernährungswirtschaft”, sondern vorrangig die Wertschätzung der Lebensmittel. Denn das, was ausreichend, ja im Überfluss zu sehr günstigen Preisen vorhanden ist, wird zwar von uns „Lebensmittel“ genannt, aber als Mittel zum Leben in seiner ganz elementaren Form scheint aus dem Blick geraten. Damit wäre ich auch bei meinem letzten Punkt.
3. Von der Wertschätzung und der Wertschöpfung
Wenn man sich mit der Frage der Wertschätzung der Land- und Ernährungswirtschaft beschäftigt, dann findet man oft einen sehr schnell hergestellten Zusammenhang zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung. Das weist zu Recht darauf hin, dass eine Leistung, eine Produktion auch auskömmlich bezahlt werden muss. Zudem geht es darum, dass sehr gute Produktqualitäten eingefordert werden, die Wirtschafts- und Produktionsweise nachhaltig und ressourcenschonend geschehen soll und Belange des Tierschutzes berücksichtigt werden. Das aber führt in der Regel zu höheren Produktionskosten und damit sinkenden Einkommen, wenn sich nicht gleichzeitig ein höherer Preis am Markt durchsetzen lässt.
Aber handelt es sich hier wirklich um einen Markt? Bilden die Preise für Agrarprodukte wirklich Knappheitsverhältnisse ab, wie Ökonomen es fragen? Gerade im Agrarbereich der EU und weltweit greift die Politik mit hohen Summen in das Geschehen ein. Die EU-Zahlungen sind auf die bewirtschafteten Flächen bezogen, d.h. die Landbesitzer werden honoriert. Ökonomische Wertschätzung der arbeitenden Landwirte bräuchte jedoch andere Kriterien.
So kommt es, dass die Wertschöpfung in der Land- und Agrarwirtschaft derzeit in einigen Bereichen nicht ausreichend ist. Das ist ein bedrängendes Problem, das akut agrarpolitische Lösungen notwendig macht – Sofortmaßnahmen und langfristig tragfähige Strategien für unsere Landwirtschaft.
Trotzdem möchte ich den scheinbar naheliegenden Zusammenhang zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung ein wenig auflösen. Noch einmal weise ich darauf hin, dass es eine grundsätzliche Wertschätzung durchaus gibt. Und es dürfte im Grunde ein wenig zu schlicht gedacht sein, wenn wir die mangelnde Wertschöpfung auf geringe Wertschätzung zurückführen wollten. Die ausschlaggebenden Gründe für den gegenwärtig niedrigen Milchpreis sind weitaus komplizierter und auch anderer Natur.
Die Wertschätzung aber liegt auf der Ebene von Werten, die in unserer Gesellschaft gelten. Sie liegt auch auf einer emotionalen Ebene. Sie antwortet auf die Frage: werde ich gewollt? Bin ich zu etwas gut? Akzeptiert man meine Arbeit?
Das geht – Sie merken es sicher – sehr tief. Um in diesem Fall aber auf einen Weg zu kommen, der Lösungen aufzeigen kann, scheint es mir wichtig, die Frage ein wenig abzulösen von der Land- und Agrarwirtschaft und sie zu dem zu machen, was sie längst ist: zu einer Frage der gesamten Gesellschaft.
Denn mit dem Wohl und Wehe der Land- und Ernährungswirtschaft steht ja noch viel mehr zur Debatte: Wie wollen wir unsere ländlichen Räume zukünftig gestalten und lebenswert halten? Das entscheidet sich nicht nur an der Land- und Ernährungswirtschaft, aber es entscheidet sich eben auch an ihr. Kann es noch Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und den damit zusammenhängenden Branchen geben? Wie soll zukünftig die Kultur-Landschaft aussehen und wer soll sie gestalten? Wie kann der notwendige Schutz der Artenvielfalt gelingen – angefangen von der Wildbiene über die Kornblume bis hin zu einer Vielfalt der Nutztierrassen? Soll es eine regionalere Lebensmittelversorgung geben? Und auch: wird sich Vielfalt und Buntheit der Lebensmittel im weiter wachsenden Angebot an Convenience-Lebensmitteln messen lassen?
Worauf ich hinaus will: werden wir unseren Lebensstil und vielleicht uns selbst ein wenig mehr wertschätzen und manche beklagte Entwicklung in der Agrarwirtschaft nicht nur als Schicksal akzeptieren – sondern sind uns diese Dinge so wichtig, dass wir mindestens versuchen, sie selbst mit zu gestalten und dazu in Wort und Tat einen Beitrag zu leisten?
Ich komme zum Schluss meiner Überlegungen:
Wertschätzung der Land- und Agrarwirtschaft kann sich nicht nur auf die Branche im engeren Sinne beziehen, sondern bedeutet, dass wir uns selbst in diesem Bereich so ernst nehmen, dass wir den gesellschaftlichen Diskurs weiter verfolgen, wie es heute hier geschieht. Wertschätzung bedeutet sich zu kümmern. Landwirtschaft dient dem Leben – sie dient dem Überleben der Menschen, sie dient dem Erhalt und der sorgsamen Pflege einer lebensdienlichen Kulturlandschaft – nicht nur beim Erntedankfest erinnern wir uns daran, wie vieles nicht in unserer Hand liegt, auch wenn Gott nun wahrlich nicht alleine wirtschaftet.
Gott hat Segen auf das Werk unserer Hände gelegt. Diese Erfahrung ist vielleicht die größte Wertschätzung, zu der wir Menschen fähig sind. Und sie verbindet sich ganz selbstverständlich mit dem Dank für das, was im Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft geleistet wird.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!