ZDF-Fernsehgottesdienst am Ostersonntag
20. April 2025
Predigt zu Mk 16, 1-8
Halleluja!
Liebe Ostergemeinde, wir feiern! Entschieden. In allen Sprachen der Welt. Der Herr ist auferstanden. Halleluja! Er ist wahrhaftig auferstanden. Die ganze Welt atmet auf und die Hoffnung auch. Er lebt! Er ist und bleibt an unserer Seite, Leute. You’ll never walk alone. Heißt auch: Die Liebe ist nicht totzukriegen. Was für eine Botschaft in diesen wunden Zeiten. Wo so viel Hass und Krieg und Tod die Menschen verzweifeln lässt. Nein, Ostern ist ein einziger Hoffnungstrotz. Denn Gott liebt uns seine bessere Welt entgegen. Wir dürfen also entschieden mit allem rechnen, vor allem mit dem Leben.
Und sie zitterten vor Angst und fürchteten sich sehr.
So heißt es im Osterevangelium am Schluss. Wie kommt es bloß zu diesem Kontrast? Da geschieht gerade das Wunder schlechthin, die mit beste Geschichte der Menschheit: der Geliebte, Jesus Christus, lebt, tatsächlich. Aber es erreicht die Marias und die Salome nicht. Kein Halleluja, kein Osterlachen, stattdessen Zittern und Zagen.
Vielleicht erstaunt es Sie, aber gerade deshalb mag ich diese Ostergeschichte. Weil sie so ehrlich ist. Sie hat eine Tiefe in sich, die dem Unfassbaren alle Ehre gibt. Denn stellen wir´s uns vor: Die drei Frauen sind in tiefer Trauer, mag sein tränenblind, und wollen dem Toten das Beste mitgeben, was immer geht. Wohlriechendes Salböl. Eine letzte Berührung. - Und dann das: Er ist nicht da. Das Grab - leer. Kein Jesus. Aber ein Engel. Auch das noch. Und der verkündet diese Botschaft: Entsetzt euch nicht. Ihn, den ihr habt so leiden und sterben sehen, er ist von Gott auferweckt worden.
Ehrlich, das begreift doch kein Mensch?! Jedenfalls nicht sofort. Die Erkenntnis muss wachsen wie die Blumen hier im Ostergarten. Man sieht es an der Salome hier, dass das Wunderbare seine Zeit braucht, um im Herzen anzukommen. Noch hält der Schmerz sie ganz fest. Ich kann das so gut verstehen. Es ist doch furchtbar zu sehen, was Menschen einander an Gewalt antun können. Drohnen und Bomben, die Kinder zerreißen. Despoten, die Menschen verachten, verfolgen, quälen und ja, auch ermorden lassen. Hass und Hetze im Netz und auf der Straße und sogar in unseren Parlamenten. Es ist viel Schmerz, viel Verletzung und Angst in der Welt. Dennoch: Salome ist aufgestanden. Gemeinsam - das ist wichtig - mit den anderen beiden Frauen. Frauenpower gegen die Verzweiflung. Nix Bettdecke über den Kopf und liegen bleiben, sondern eben: widerständiger Hoffnungstrotz. Sie sind aufgestanden. Zum Grab gegangen. Haben sich dem Abgrund gestellt. Um dann zu sehen und zu begreifen: Der Stein, diese große Seelenlast, die Summe aller schlechten Nachrichten, der Stein hat sich bewegt!
Maria, die Mutter des Jakobus, sieht überrascht aus. Ehrlich, wer rechnet schon damit? Dass Steine ins Rollen kommen. Dass Tote auferstehen. Dass Mauern fallen. Dass Alkoholiker trocken werden. Traurige wieder tanzen. Familien sich versöhnen. Dass Tränen trocknen. Dass die Kastanien blühen. Dass Diktaturen zusammenbrechen über Nacht. Es braucht, bis Maria das glauben kann. Nicht möglich! Wo ist der Haken? Maria hört den Engel. Ihr braucht euch nicht zu erschrecken! Leichter gesagt als gefühlt. Daran glauben, dass alles am Ende doch noch gut mit uns ausgeht?
Ja, genau das. Ostern, liebe Gemeinde, das ist der Mut zu glauben, dass Schmerz und Tränen vorübergehen. Dass jedes Menschenkind, klein oder groß, eine unendliche Würde besitzt, von keinem ist sie anzutasten. Das glaube ich. Dass es ein Leben nach dem Tode gibt und wir einst getragen werden von dieser in jene Welt, leicht wie eine Feder. Und dass die Liebe immer das letzte Wort haben wird, ganz am Ende, das glaube ich - gewiss. Immer diese Stimme des Engels im Ohr: Fürchtet euch doch nicht! Ihr dürft aufatmen. Könnt hoffen. Wider alle Schrecken dieser Welt.
Haben wir keine Angst vor dem Leben! Genau deshalb sollen wir all dies weitererzählen. Alle miteinander, gemeinsam. Ja, es ist ein Auftrag: das Glück der Hoffnung nicht für sich behalten. Teilt die guten Nachrichten! Nicht nur die Katastrophenmeldungen, davon haben wir wahrlich genug! Erzählen wir einander die Geschichten vom gelingenden, guten Leben, die uns Kraft geben. Das brauchen wir jetzt in unserem Land. Das braucht die Welt. Nur so verwandelt sie sich. Der Osterblick bleibt ja gerade nicht im Dunkel des Grabes. Der Osterblick sieht auf. Sieht auf die Schönheit und das Gelingen. Die Würde jedes Menschen und das Recht. Die Findigkeit der Friedensmutigen. Es ist der Blick der Zuversicht auf erfülltes Leben, das schon ist und gesehen werden will. Der Künstler hat genau diesen Osterblick übrigens in die Maria hineingeknetet!
Vor einiger Zeit traf ich in Polen Christenmenschen aus der Ukraine. Es war just wenige Tage, nachdem Präsident Selensky im Oval Office von Präsident Trump so beschimpft, ja beschämt wurde. Und natürlich hat es die Menschen bewegt und erschreckt. Natürlich kennen sie die Angst. Aber sie haben auch eine Unerschütterlichkeit gezeigt und Glaubensstärke, die mich tief beeindruckt hat. „Wir leben nur wenige Kilometer von der Front entfernt“, erzählten sie. „Wir hören täglich die Bomben und das Toben des Krieges. Und wir feiern Gottesdienst. Ostern. Inmitten der Trümmer. Jetzt gerade. In Kirchen mit gebrochenen Fensterscheiben. Aber mit ungebrochener Hoffnung. Wir feiern, weil es uns Kraft gibt und Zuversicht. Und die Gewissheit, dass wir niemals allein sind, in den größten Krisen nicht, in aller Ohnmacht nicht und selbst im Tode nicht. Unsere Angst werden sie nicht bekommen - aber unseren Hoffnungsmut.“
Genau so! Seine Liebe ist nicht totzukriegen, Christus bleibt an unserer Seite. Das macht doch Mut zum geraden Rücken, liebe Geschwister. Also aufgestanden aus der Verzagtheit! Mit der Macht der Liebe in uns sehen die Despoten dieser Welt nämlich alt aus - mit ihrer ewigen Angstmacherei, mit ihrer Menschenverachtung und ihrer Hetze. Sehr alt. Der Stein ist weggerollt. Das Leben ist nicht aufzuhalten. Es blüht, wächst und grünt, dass es eine wahre Freude ist. Hier im Garten. Und bitte auch in unserem Leben.
Vielleicht können wir es jetzt tatsächlich für uns ergreifen? Dass Ostern ein Weg ist? Von der Bedrückung der Salome über die Überraschung der einen Maria hin zur unbändigen Freude der anderen Maria. Alles Seiten in uns. Die wir immer wieder abschreiten. Aus der Trauer in die Lebensfreude, aus der Angst in den Mut, aus der Sorge in die Zuversicht. Das ist Ostern. Eine große, wunderbare Verwandlung. Gehen wir ihr entgegen, wir Christenmenschen in aller Welt. Aufrecht und frei.
Der Herr ist auferstanden. Halleluja! Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!
Amen