Kirche gegen Rassismus: „Unser Vorbild muss Jesus Christus sein“
20. März 2024
Kirche muss ein sicherer und lebendiger Ort für alle Menschen sein – egal welche Hautfarbe sie haben. Doch die Realität sieht anders aus. Auch in unserer Kirche sind Menschen von Rassismus betroffen und es werden Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder vermeintlichen Herkunft ausgegrenzt.
Nicolas Moumouni ist seit Januar 2023 Referent für Interkulturelle Kirchenentwicklung im Ökumenewerk der Nordkirche. Mit seiner Stelle will er die strukturellen Veränderungen in der Nordkirche vorantreiben, damit sie zu einem Ort wird, an dem alle Menschen unabhängig von ihrer Sprache, Kultur, Herkunft oder religiösen Tradition eine Heimat haben.
Solidarität im Sinne von Jesus Christus
„Es geht hier um Solidarität unter und mit allen Menschen – im Sinne unseres allergrößten Vorbildes: Jesus Christus“, betont Nicolas Moumouni.
Internationale Wochen gegen Rassismus: Kirchen und Diakonie laden zu Veranstaltungen ein
Jesus habe sich wie kein anderer für marginalisierte Menschen eingesetzt und jede und jeden angenommen, wie er oder sie ist. Nicolas Moumouni:
Christus war selbst ein BIPoC und muss heute auch als solcher wahrgenommen werden.
Seit Jahrhunderten überlieferte Traditionen müssen heute hinterfragt werden, betont er.
Anlauf- und Beratungsstellen nötig
Buchtipp: "Wie ist Jesus weiß geworden? Mein Traum von einer Kirche ohne Rassismus" von Sarah Vecera
Ein erster wichtiger Schritt wäre seiner Meinung nach eine Anlauf- und Beratungsstelle in unserer Kirche für Menschen, die von Rassismus negativ betroffen sind oder Vorfälle melden und aufklären wollen.
„Wir haben bei der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch gesehen, wie entscheidend solche Meldestellen sind." Er sagt weiter:
Da wo keine Strukturen vorhanden sind, keine Zahlen erfasst werden, bleibt Rassismus unsichtbar.
Miteinander statt Nebeneinander
Eine weitere Möglichkeit Rassismus zu verlernen, sei ein Miteinander anstelle eines Nebeneinanders in der Kirche.
Wissensblog der Evangelischen Medienakademie zum Thema: Rassismus verlernen - ein Anfang
Die weiße Mehrheit und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte oder BIPoC müssen sich begegnen und Prozesse ihres Miteinanders aushandeln. Sonst gelinge es nicht, das Ideal eines „neuen Wir“ zu realisieren. „Schließlich leben wir in einer pluralen und superdiversen Gesellschaft.“
Missionsgeschichte aufarbeiten
Dafür brauche es in der Organisation Kirche auch Selbstkritik, Strukturen und Privilegien müssten hinterfragt werden.
Auf dem Campus Breklum des Ökumenewerks arbeitet Daniela Konrädi als Referentin für rassismuskritische Bildungsarbeit
Machtkritisch und aus einer postkolonialen Haltung müsste Kirche dringend ihre Missionsgeschichte aufarbeiten. Wo hat sie aktiv oder passiv am kolonialen Geschehen mitgewirkt? Wo sind die Kontinuitäten in kirchlichen Strukturen bis heute noch sichtbar?
Wichtige Frage: Personalentwicklung
Es gebe zudem zu viele Beschränkungen, die People of Colour daran hinderten, sich in unserer Kirche zu engagieren oder hier zu arbeiten.
Eine Organisationsentwicklung, wie die Nordkirche sie mit ihrem Gesamtkonzept zur Interkulturellen Entwicklung anstrebt, sei auch eine Frage des Personals. „Die Diakonischen Werke sind aus unterschiedlichen Gründen da schon weiter“, erläutert Nicolas Moumouni, der bis 2022 im Diakonischen Werk Hamburg Referent für Migration und Integration war.
Examen und Zertifikate anerkennen
Pastor:innen in den vielen internationalen Gemeinden haben ihr Studium an theologischen Hochschulen in ihren Heimatländern absolviert oder hier im Land an verschiedenen Weiter- und Fortbildungen in unseren Akademien teilgenommen.
„Sie leisten enorm wertvolle Arbeit in der Seelsorge in den internationalen Gemeinden oder der Begleitung und Beratung von Geflüchteten – und das alles ehrenamtlich“, berichtet Nicolas Moumouni.
Sie hätten trotz Mitgliedschaft und Mitwirkung im Internationalen Kirchenkonvent keine Möglichkeit, eine reguläre Stelle in unserer Kirche für ihre Arbeit zu bekommen.
Räume teilen mit internationalen Gemeinden
Gleiches gelte für das Teilen von Ressourcen, zum Beispiel bei Räumen: „Unsere Kirche weiß seit langem, dass internationale Gemeinden nach Räumen schreien und teilweise zu Wucherpreisen vorhandene Räume in unseren Kirchen nutzen. Das müsste ein sofortiges Ende im Namen der Nächstenliebe finden“, fordert er.