22. September 2014 - Ökumenisches Forum Hamburg

22. September 2014 - Grußwort zur Eröffnung des Mentoring-Programms der Nordkirche

22. September 2014 von Kirsten Fehrs

Liebe Schwestern und Brüder,

es ist wirklich ein glückliches Gefühl, als ehemalige nordelbische PE-lerin das erste Mentoringprogramm der Nordkirche eröffnen zu dürfen! Denn – ich sage das mit einem gewissen Vergnügen nun als Bischöfin: Manchmal nützen ja Fortbildungen tatsächlich etwas...

Geht es ja um die Ermutigung von Mentees, Leitungsverantwortung zu übernehmen – wann und wie auch immer. Und dies möglichst gern und ausbalanciert – wie die MentorInnen aus ihren Erfahrungen sicherlich beizusteuern wissen. So also begrüße ich Sie alle, die Mentees und MentorInnen, von Herzen gern, ebenso natürlich die Veranstaltenden der Institutionsberatung und wünsche Ihnen ein gutes gemeinsames – neues – Jahr!

Das erste Mentoringprogramm für Hauptamtliche, das das Frauenreferat und u.a. die nordelbische Personalentwicklung 2003 starteten, zielte ausschließlich auf die Leitungsförderung von Frauen, anders als jetzt. Gut so. Und damals begannen wir wie heute auch mit Übungen. Eine Übung hat mich dabei nachhaltig beschäftigt. Bei ihr ging es darum, Lust und Last von Leitung zu benennen bzw. zu befürchten und die entsprechenden Begriffe den zwei Waagschalen einer großen Waage zuzuordnen. Ergebnis: Die Waagschale der Last hatte deutlich mehr Gewicht.

Schwere und „sichtbare“ Verantwortung war ein Begriff. Schlaflose Nächte. Arbeit ohne Ende. Anstrengung. Dauernd erreichbar sein müssen. Burnout-Gefahr.

Sicher, das gibt es alles auch. Gar kein Vertun. Realitätsnähe in Punkto Belastungen im Leitungsamt ist in einem Mentoring-Programm richtig und wichtig; deshalb macht man es ja. Dennoch möchte ich zu Ihrem und unserem Beginnen ganz bewusst den anderen Impuls setzen und also einen geistlichen dazu: “Den Seinen gibt´s der Herr im Schlaf“.

Na bitte, das nenne ich ein fulminantes Leit-Wort. Einfach mal nicht machen, sondern lassen. Man muss auch delegieren können.

Zum Beispiel an ihn da oben.

Und das ist nun gar nicht ironisch gemeint, sondern ist der Horizont, der´s Leben weitet: Der das Herz weitet, das sich so oft hin – und hergerissen fühlt zwischen der großen, großen Lust, etwas zu tun und all der Last, die man sich mit dieser Lust einhandelt (oder einhandeln könnte!).

Hören wir dazu den Zusammenhang des Bibelwortes aus dem Psalm 127: „Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut. Wenn nicht der Herr die Stadt bewacht, wacht der Wächter umsonst. Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und euch spät erst niedersetzt, um das Brot der Mühsal zu essen; denn der Herr gibt es den Seinen im Schlaf.“

Jede Mühe, jede Anstrengung ist umsonst – in OE-Sprache: wenig zielorientiert –, wenn wir uns nicht auf unsere innere Stimme besinnen. Denn so verstehe ich diesen Psalmvers. Schlaf heißt nicht untätig die Hände in den Schoß legen. Schlaf heißt, in einem gegebenen Rhythmus tiefen Atem schöpfen. Um zur Ruhe zu kommen und das zuzulassen, was in mir an Kräften, Klarheiten und Lebensträumen wach ist. Vielleicht auch das, was lange von mir verschlafen wurde? Darin gibt es der Herr den Seinen! Dass man sich bewusst wird, wie viel die innere Stimme einem zu sagen hat. Und dass nicht alles aus mir selbst heraus kommt und kommen kann. Sondern dass wir in Gottes Segen eine Kraftquelle haben und eine Begleitung inmitten der Verunsicherungen. Ich bin sicher: wir Menschen brauchen das, brauchen Gottesnähe und Gemeinschaft, um unsere Aufgaben glücklich bewältigen zu können – und deshalb braucht man ganz besonders Tandems...

Immer wieder einmal die Augen schließen, den Blick konzentriert nach innen richten und lauschen, das ist eine Haltung, die für ein erfolgreiches Mentoringprogramm elementar ist. Gehört doch dazu, dass man mit sich selbst redet und klärt: Was will ich selbst, wo pulsiert mein Herzblut? Wo sind Talente und Grenzen? Welche von den eigenen Grenzen möchte ich überschreiten lernen und welche akzeptiere ich als Teil meiner eigenen Persönlichkeit? Dieses Gespräch mit sich selbst ist ja nicht selbstverständlich. Und also: wenn der Herr es uns nicht gibt – im Schlaf oder wo auch immer, vielleicht im Gebet oder in der Meditation –, dann geht uns dieses Gespräch mit uns selbst verloren. Und damit die Erkenntnis. Auch über uns selbst. Ohne diese Selbsterkenntnis keine Leitidee. Keine Lust, über die eigenen Mauern zu springen – wohin auch, wenn man gar nicht weiß, wo die stehen?

Sich klar werden ob man Verantwortung übernehmen möchte und leiten will – ist eine ziemliche Baustelle. Mit Mauern, mit denen andere einem die Sicht versperren. Oder mit denen wir es selbst tun. Denn Leitung, so bemerkt man´s bei sich doch im Blick auf all die anderen Leitenden, die man/ frau so erlebt (oder erlitten hat), Leitung trägt in sich immer das Angefragtsein. Vor allem nach dem: Wie? Wie leiten? Kollegial oder direktiv, kompetent oder durchsetzungsaggressiv, zugewandt oder mit professioneller Distanz? Bin ich Teamplayerin oder Alphatier? Ich habe gerade in den letzten Jahren im Leitungsamt gemerkt, dass man mit sich da ins Reine kommen muss. Da hilft der Blick nach innen, der überhaupt erst ein Scharfblick wird durch den Anstoß von Außen.

Gutes Stichwort: Ich bin Ihnen, den MentorInnen sehr, sehr dankbar dafür, dass Sie hier für diesen Anstoß von außen sorgen, die Bewegung sozusagen von außen nach innen ermöglichen. Begleiten Sie doch nicht nur mit fachlichem Rat, sondern auch mit dem zugewandten und wertschätzenden Blick auf die Person und die Persönlichkeit. Personalentwicklung ist eben mehr als nur Karriereplanung und Fortbildung. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit Ihrem Erfahrungshintergrund Kolleginnen und Kollegen zu begleiten, die auf dem Weg in Leitungsaufgaben sind.

Sie wissen aus längerer oder kürzerer Erfahrung, dass die Ansprüche an Leitung hoch sind. Heute vielleicht mehr denn je? Gerade, so erlebe ich es persönlich, wenn man so etwas wie ein öffentliches Amt bekleidet, ist der Druck durch die öffentliche Wahrnehmung groß. Und es eine Herausforderung, so nehme ich es wahr, sich nicht zu entfremden von sich selbst, von dem, was man im Schlafe einmal erträumt hat und an Kraft gespürt.

Deshalb ist Mentoring so ein gutes Modell: weil die einen den anderen wirklich raten können. Denn sie wissen, wovon Sie reden. Sie wissen von den Erschöpfungen, aber ebenso auch von der Freude, von diesem Glück und diesen sinnvollen Momenten, die man hat, wenn die Träume und Visionen beginnen tatsächlich Wirklichkeit zu werden. .

Und so steht das Mentoring Programm vor allem für eines: Nehmt den Mut mit, liebe Mentees. Schauen Sie immer auch auf die Waagschale der Lust! Der Lust, in den Dialog mit sich selbst und den Mentoren zu gehen, um sich selbst „aufzusuchen“. Mit Freude auch, weil eine qualifizierte, präzise Rückmeldung wirklich ein Geschenk ist. Sie gibt einem die Gelassenheit, sich selbst und Situationen einschätzen zu können. Gelassenheit, weil man nicht nur sieht, was zu tun ist, sondern auch, was zu lassen.

Für diese innere Klarheit braucht es Ruhe. Mag sein Schlaf. Um Herz und Hirn in Einklang zu bringen, meint: die Intuition mit der Kognition. Denn Leitungshandeln, das man gut gelernt „abspult“, bleibt unterkühlt, unnahbar und im wahrsten Sinne un-persönlich - und nebenbei wenig erfolgreich. Genauso wie reine intuitives und impulsives Verhalten, das keine gedankliche Reflektion erfährt, unsagbar verletzen kann - und nebenbei der Sache nicht gerecht wird.

Darum geht es hier in diesem Programm: ein gewisses Leitungshandwerk in Einklang zu bringen mit der eigenen Persönlichkeit. Nicht imitieren oder kopieren ist die Devise, sondern erfinderisch und kreativ zu suchen, was einen leitet. Ganz persönlich.

Und wenn Ihnen dies, ihr Leitwort, gerade im Moment nicht einfallen will, macht das gar nichts: Den Seinen gibt´s der Herrn im Schlafe. Und allemal in einem Mentoring-Programm.

Für die gemeinsame Entdeckungsreise des kommenden Jahres wünsche ich Ihnen von Herzen Gottes Segen.

Datum
22.09.2014
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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