70 Jahre Grundgesetz: "Grundlegende Werte für ein Miteinander in Frieden"
22. Mai 2019
Immer wieder gibt es Überlegungen, den 23. Mai zum Feiertag zu erklären - denn an diesem Tag wurde 1949 das Grundgesetz verkündet. Gleich zu Beginn bekennt es sich zu den unverletzlichen Menschenrechten. Auch die Nordkirche und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) würdigen das vor 70 Jahren in Kraft getretene Grundgesetz als Basis der freiheitlichen Demokratie.
Die Präses der Landessynode der Nordkirche, Ulrike Hillmann, sieht im Grundgesetz "grundlegende Werte für ein Miteinander in Frieden, Würde und Respekt“ verankert. Im Hinblick auf das Jubiläum sagte sie: "Als Verfassungsjuristin und Präses der Landessynode der Nordkirche erfüllt mich dieses Jubiläum mit Dankbarkeit und auch mit Stolz".
Unter dem Eindruck der kurz zuvor untergegangenen nationalsozialistischen Terrorherrschaft hätten die Mütter und Väter des Grundgesetzes 1949 eine zugleich lebensfähige und für die Zukunft tragfähige freiheitliche demokratische Grundordnung geschaffen, in der der Mensch im Mittelpunkt stehe, so Hillmann.
Der Mensch im Mittelpunkt
"Sie haben die Basis gelegt für die Balance zwischen individuellen Freiheiten und sozialer Bindung, auslegungsfähig für die Rechtsprechung auch in den gesellschaftlichen Veränderungen der folgenden Jahrzehnte – ein Erfolgsmodell, das seither unseren inneren Frieden sichert", so die Richterin weiter.
Vor allem der erste Satz des ersten Artikels des Grundgesetzts "Die Würde des Menschen ist unantastbar" entspräche auch christlichen Werten und dem christlichen Menschenbild, sagte Hillmann.
Menschenwürde als zentraler Wert
Dieser Satz ist auch für den EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm "unendlich kostbar", erklärte er in Hannover. "Entstanden aus der Erfahrung von Leid, Tod und Verzweiflung, die von deutschem Boden ausgingen, hält er die Menschenwürde als zentralen Wert fest."
Achtung der Menschenwürde
Staatliche Gewalt, die diesen Wert nicht schützt, sondern missachtet, verliert alle Legitimität", fügte Bedford-Strohm hinzu: "Dieser Absatz gilt allen Menschen." Zugleich sei er tief in der jüdisch-christlichen Tradition verwurzelt, erläuterte der EKD-Ratschef: "Der Mensch ist zum Bilde Gottes geschaffen, davon erzählt die biblische Schöpfungsgeschichte. In jedem Menschen begegnet uns also das Ebenbild Gottes. Wer Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihres Geschlechts abwertet, leugnet diese Kostbarkeit des Einzelnen als Bild Gottes." Wer die jüdisch-christliche Tradition ernst nehme, stelle sich auf die Seite der Menschenwürde und des Grundgesetzes.
Religionsfreiheit ein zentrales Menschenrecht
Irmgard Schwaetzer, Präses der EKD-Synode, betonte, die Religionsfreiheit stehe nicht zufällig zu Beginn des Grundrechtekatalogs in Artikel 4: "Sie ist ein zentrales Menschenrecht." Seine Religion frei bekennen und ausüben zu können, gehöre zur Würde des Menschen dazu.
In der Demokratie spielten die Religionen eine wichtige Rolle. "Demokratie kommt ja nicht aus ohne Werte - ganz im Gegenteil. In den Normen des Grundgesetzes sind diese Werte bereits verankert", erklärte Schwaetzer. "Die Beziehung des Begriffs der Menschenwürde zur jüdisch-christlichen Tradition zeigt das ganz deutlich. Darauf kann eine wertebasierte Demokratie gut aufbauen." Das Grundgesetz wurde am 23. Mai 1949 verabschiedet.