Bischöfin Fehrs: "60 ist ein tolles Alter"
09. September 2021
Ihre Predigten haben einen zarten, nahezu lyrischen Ton. Doch Bischöfin Kirsten Fehrs kann bei Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus auch laut werden. Am Sonntag (12. September) feiert sie ihren 60. Geburtstag mit einer musikalischen Andacht im Michel.
Eine klerikale Pose ist ihr völlig fremd. Sympathien erwirbt sie sich durch Fröhlichkeit und Humor. Als Anfang Juni nach zehn Jahren ihre Wiederwahl anstand, stimmten 97 Prozent der Nordkirchen-Synodalen für sie.
Mit Humor und Gelassenheit ins nächste Jahrzehnt
"60 Jahre ist ein tolles Alter", so Fehrs. Sie genieße den reichen Erfahrungsschatz und die vielen Beziehungen, die über die Jahre entstanden sind. "Und gleichzeitig ist noch genug Kraft und genug Perspektive da, um Neues anzupacken."
Sie sei heute noch gelassener als früher. Fehrs: "Ich muss nichts mehr beweisen, und ich muss nichts mehr werden.“ Sie kenne ihre Stärken, Grenzen und Schwächen besser als früher und könne sich auf das konzentrieren, was jetzt wichtig ist. Als junge Studentin habe sie sich gar nicht vorstellen können, 60 Jahre alt zu werden. "Menschen mit 60 waren damals einfach richtig alt."
Von der Westküste in die Hansestadt
Aufgewachsen ist Fehrs an der schleswig-holsteinischen Westküste als Tochter des Bürgermeisters in Wesselburen. Nach ihrem Studium in Hamburg war sie Gemeindepastorin im holsteinischen Hohenwestedt und Bildungsreferentin. Seit ihrer Tätigkeit als Personal- und Organisationsentwicklerin ist sie mit den Binnenstrukturen und Befindlichkeiten ihrer Kirche bestens vertraut.
2006 wurde sie Pröpstin und Hauptpastorin an der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi. Seitdem wohnt sie mit ihrem Ehemann, Pastor Karsten Fehrs, mitten in der City. Hier startet sie regelmäßig ihre morgendliche Joggingrunde. Zur Bischöfin wurde sie im Juni 2011 gewählt. Ihr Bischofsbezirk umfasst Hamburg, Lübeck und das Umland.
Flüchtlingsarbeit ist Herzensangelegenheit
Wichtigstes Möbelstück in ihrer Bischofskanzlei in der Hafencity ist für sie ihr großer Besprechungstisch. Hier kann sie Menschen zusammenbringen, die sich normalerweise nicht begegnen, weil sie extrem unterschiedliche Meinungen haben oder aus verschiedenen Religionen kommen. So engagiert sie sich als Vorsitzende des Interreligiösen Forums Hamburg für den Dialog der Religionen, ist Botschafterin der Seemannsmission und wirbt für eine humane Flüchtlingspolitik.
Fehrs gehört dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an und will auch im Herbst wieder kandidieren. Bundesweit bekannt wurde sie für ihr Engagement gegen sexuellen Missbrauch in der evangelischen Kirche. Sie war bis 2020 Sprecherin des Beauftragtenrates der EKD zum Schutz vor sexualisierter Gewalt. Wenn über die Nachfolge des EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm spekuliert wird, fällt auch immer wieder ihr Name. Doch die Frage nach einer Kandidatur lässt sie bislang unbeantwortet.