Jahreswechsel

Bischöfin Fehrs: Mit Vertrauen in die 20er Jahre

Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche
Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche© Marcelo Hernandez, Nordkirche

02. Januar 2020

Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs hat zu Beginn der 20er Jahre zum Vertrauen auf die Zukunft ermuntert. "Gerade wenn sich Gewissheiten aufzulösen scheinen und die Welt sich wie irrsinnig dreht, geht es um den Mut, zu vertrauen", sagte sie in ihrer Neujahrsansprache im Hamburger Michel. Angesichts vieler Umbrüche und Ängste sei der christliche Glaube "der Mut zum Trotzalledem".

Vielleicht gebe es Vergleiche zu den Aufbrüchen in die 20er Jahre vor einhundert Jahren, sagte Fehrs. Das sei "ein Wandlungsjahrzehnt ohnegleichen" gewesen. Trotz aller Schatten sei es geprägt gewesen "von Lebenslust und Aufbrüchen in Kultur und Politik". Sie nannte die Stichworte "Charleston und Jazz". Und eine Demokratie sei geboren worden, die "immer wieder geschützt sein wollte und bis heute sein will, von anständigen Demokraten".

Die Wirtschaft habe sich damals mit Inflation und Depression, mit Massenarbeitslosigkeit und Fließbandarbeit grundlegend umsortiert. Heute gebe es die Digitalisierung und mit ihr manche Unsicherheit. Auch Wohnungsnot habe es vor hundert Jahren schon gegeben, auch die Entdeckung von Natur und Lebensreform - so wie heute die Aufbrüche der Jugend hin zu bewussterem Leben und Klimaschutz.

"Glaubst Du eigentlich - etwas?"

Die entscheidende Frage der Zukunft sei: "Glaubst Du eigentlich - etwas?" Was gebe Halt, wenn man Haltung zeigen müsste? Gebe es einen "inneren Kompass"? Könnten Menschen heute noch sagen, woraus sich ihre Hoffnung speist? "Wem bist Du bereit zu vertrauen?", fragte die Bischöfin - denn Misstrauen gebe es ja schon genug. 

Fehrs erinnerte daran, dass Deutschland und Westeuropa am 8. Mai 2020 auf 75 Jahre Frieden zurückblicken könnten. Eine so lange Friedenszeit habe es noch nie gegeben. "Wie wär's, dieses Wunder hingebungsvoll positiv zu feiern?", fragte sie. Mit dem "Jauchzet, frohlocket" aus dem Weihnachtsoratorium ließe sich ein "kräftiger Gegenakzent" setzen gegen all das Misstrauen, die Ängstlichkeiten und gegen alle Feindbilder, die immer wieder neu gepflegt werden. "Wir brauchen den anderen Ton", sagte die Bischöfin: "Den Ton der Menschlichkeit und des Respektes. Und der Friedfertigkeit."

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