Bischof Jeremias wirbt für Austausch zwischen Kunst und Kirche
29. April 2022
Für mehr Austausch zwischen zeitgenössischer Kunst und Kirche hat am Donnerstag der evangelische Bischof Tilman Jeremias (Greifswald) geworben.
Gemeinsam mit den Kirchenkreisen Mecklenburg und Pommern hatte er unter dem Motto „Kunstort Kirche“ zu einem Begegnungstag eingeladen. Das Ziel: Künstlerinnen und Künstler ins Gespräch zu bringen mit Kirchenleuten und Denkmalpflegerinnen, um sich zu vernetzen und Kooperationen zu planen. Unter den 60 Teilnehmenden waren rund 20 Künstlerinnen und Künstler aus der Region.
Kirchen sind keine Museen
Kirchengebäude bergen laut Jeremias „unfassbare Schätze bildender Kunst. Und heute sind wir uns bewusst, dass es nicht nur gilt, diese Schätze museal zu pflegen. Es geht um eine lebendige Begegnung von Kunst und Glaube, in der das Unsagbare Gestalt erhält, es geht um einen kreativen Ausdruck innerster Prozesse. Der lebendige Austausch zwischen zeitgenössischer Kunst und heutiger Kirche birgt für beide Seiten enormes Potenzial an Bereicherung.“

© Christian Meyer, ELKM
Kunst und Kirche sind seelenverwandt
In verschiedenen Workshops ging es von Fragen der Denkmalpflege über kirchliche Kunstwettbewerbe bis hin zu Literatur in der Dorfkirche. Nach den Jahrhunderten, in denen Kunst in Europa „praktisch komplett religiös“ war, konstatierte Tilman Jeremias derzeit eine Entfremdung von Kunst und Religion. „Diesem Eindruck wollen wir heute entgegenwirken“, sagte der Bischof, „denn Kunst und Kirche sind darin seelenverwandt, dass sie Dinge jenseits der Oberfläche sichtbar und spürbar werden lassen wollen und nach Sinn und Tiefe fragen.“
Kulturhimmel der Nordkirche bringt Kunst und Kirche zusammen
Künstlerinnen und Kirchenleute in der Nordkirche zusammenzubringen – das ist die Aufgabe von Anna Luise Klafs. Die 36-Jährige hat Theologie und darstellende Kunst studiert und leitet seit drei Jahren den "Kulturhimmel" der Nordkirche. Sie hat den Begegnungstag mit geplant und sagt: „Unser ‚Markt der Möglichkeiten‘ bietet den Künstlerinnen und Künstlern aus der Region und den Kirchenleuten eine Plattform, sich zu vernetzen. In den Workshops stellen beispielsweise Pastoren Projekte aus ihren Gemeinden vor, die schon gut laufen. Es geht auch um Fragen des Denkmalschutzes, also wie integriere ich alte Kunstschätze in zeitgenössische Installationen oder wie binde ich gegenwärtige Kunst in das Gemeindeleben ein.“
Nordkirchen-Kunstwettbewerbe zur Coronakrise
Wichtigstes Thema auf dem Podium war der Krieg in der Ukraine. Anna Luise Klafs: „Kirche und Kunst vereint, dass sie sich der brüchigen Existenz des Menschen stets bewusst sind. Deshalb halte ich den Dialog gerade heute, in unserer durch Corona und den Krieg erschütterten Gegenwart, für wesentlich.“
Zwei Kunstwettbewerbe hat die Nordkirche in der Zeit der Coronakrise ausgelobt, „Von der Kunst die Krise zu deuten“ und „aus_HALTEN“. „Die Künstlerinnen und Künstler waren total dankbar für diese Möglichkeit. Sich mit existenziellen und christlichen Inhalten auseinanderzusetzen, hat ihnen in der Coronakrise Energie gegeben, unabhängig davon, ob sie sonst etwas mit Kirche zu tun haben“, so die Theologin.
Nordkirche „Flamingo“ unter den Landeskirchen
Ihre Erfahrung: „Wir unterschätzen als Kirche oftmals die Attraktivität der christlichen Inhalte und den Reiz der Kirchenräume für Künstler.“ So habe die Schweriner Künstlerin Shirin Goldstein die Nordkirche als „Flamingo unter den Landeskirchen“ bezeichnet, weil sie es in hohem Maße schaffe, Künstlerinnen und Künstler zu inspirieren.