Debatte: Wie gelingt Klimaschutz sozial und gerecht?
19. Mai 2023
Diejenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen, sind von deren Auswirkungen am meisten betroffen. Seien es die Menschen in den Ländern des Südens oder auch Menschen mit wenig Einkommen hier bei uns. Wie sollten Politik und Gesellschaft mit dieser Ungerechtigkeit umgehen?
Infostelle Klimagerechtigkeit im Zentrum für Mission und Ökumene der Nordkirche.
Die Kosten, die durch die Klimakrise entstehen, dürften nicht "gleich", sondern sie müssten "fair" verteilt werden. Auf dieses Fazit konnten sich Expert:innen bei einer Konferenz zur sozialen Spaltung der AG Soziales Hamburg im April einigen. Die Evangelische Akademie der Nordkirche ist Mitglied der AG Soziales Hamburg.
Unternehmen haben Verantwortung
"Eine Klimapolitik, die auf dem sozialen Auge blind ist, kann nicht erfolgreich sein", meinte Jörg Herrmann, Leiter der Evangelischen Akademie. Und so wurden verschiedene Vorschläge diskutiert, wie Klimaschutz sozial und gerecht gestaltet werden kann.
Ein Vorschlag war, dass Unternehmen, die nicht nachhaltig wirtschaften, dafür belangt werden können. Es müsse eine klimagerechte Produktion und Qualität belohnt werden und nicht Masse und Wachstum. So soll es möglich sein, dass auch Menschen mit wenig Einkommen nachhaltige Produkte kaufen können, die derzeit noch meist erheblich teurer sind.
„Wenn das Geld für den Supermarkt nicht reicht, kann man nicht auf Preise setzen", meinte auch Jens Kerstan, Umweltsenator in Hamburg.
Wenige Verursacher – viele tragen die Last
Mehr Informationen zu den Thesen von Prof. Klaus Dörre von der Universität Jena
„Der Klimafußabdruck der einkommens- und vermögensstärksten Gruppen ist unverhältnismäßig groß, hat sogar noch zugenommen, dramatisch zugenommen“, so Prof. Klaus Dörre, Soziologe der Universität Jena. 1,2 Prozent der Bevölkerung hätten den stärksten Einfluss auf das Klima und die klimaschädlichen Emissionen.
Gleichzeitig gingen „die Emissionsreduktionen, die es gegeben hat, ausschließlich auf das Konto der unteren und mittleren Einkommensgruppen“. Diese bewegen sich durch „erzwungenen Konsumverzicht auf die Klimaziele für 2030 zu oder entsprechen ihnen bereits“.
Diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, sind bei den Kosten am stärksten belastet.
So würden "große Gruppen der Gesellschaft in das Lager der ökologischen Konterrevolution“ getrieben. Diese Ungerechtigkeit wird seinen Ausführungen zufolge noch verstärkt, weil die oberen Einkommensgruppen auch stärker von staatlichen Subventionen profitieren.
Länder des Südens leiden schon jetzt
Professor Walter Leal ist Experte für nachhaltige Entwicklung und Klimawandel. Er lehrt in Hamburg und Manchester.
Dieselbe Ungerechtigkeit besteht auch zwischen Staaten: Die Staaten, die sehr wenig zur globalen Klimaerwärmung beisteuern, leiden bereits jetzt unter den Folgen. „Die reichen Länder stoßen die Emissionen frei und die armen müssen leider die Auswirkungen aushalten. Das ist nicht fair, das ist nicht moralisch korrekt“, erläuterte Prof. Walter Leal.
Zu den Auswirkungen gehörten Wasserknappheit, Ernährungsunsicherheit, Extremwetterereignisse und Krankheiten, denen die Menschen ausgesetzt sind. Hinzu kommt, dass oftmals die Ressourcen fehlen, um sich an diese Folgen anzupassen. Viele Menschen müssten deshalb auswandern. Leal schätzt, dass ihre Anzahl wegen der Klimakrise weiter steigen wird.