Der Kapitän der Nordkirche geht von Bord
09. März 2019
Mit einem Festgottesdienst im Schweriner Dom ist Landesbischof Gerhard Ulrich am Sonnabend in den Ruhestand verabschiedet worden. Er war der erste Landesbischof der evangelischen Nordkirche und maßgeblich an ihrer Gründung 2012 beteiligt. Gefeiert wurde seine Verabschiedung an seinem 68. Geburtstag.
Christlicher Glaube gebe sich nicht zufrieden mit dem, was man anscheinend nicht ändern könne, sagte Ulrich in seiner Predigt. Er gebe sich daher nicht zufrieden mit Ungerechtigkeit, der Not der Flüchtlinge und der Verfolgung aus religiösen Gründen. „Der Überschwang des Glaubens macht nicht ruhig, sondern unruhig - auch im Ruhestand.”
Ein norddeutscher „Brückenbauer”
Ulrich habe Brücken gebaut und sei ein guter Zuhörer gewesen, sagte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister, der ihn als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) von seinem Amt entpflichtete. „Engstirnigkeit war dir ein Graus.” Als „norddeutscher Jung” habe er immer zwischen den Meeren gelebt. Er wisse daher auch, was Gegenwind sei. Beide Landesbischöfe sind gebürtige Hamburger.
Begnung auf Augenhöhe
Ulrich habe maßgeblich dazu beigetragen, dass der Zusammenschluss der Landeskirchen eine Begegnung auf Augenhöhe gewesen sei, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). „Zwischen großen und kleinen Kirchen, zwischen Stadt und Land, zwischen Ost und West.” Für viele evangelische Christen in Mecklenburg-Vorpommern sei die Nordkirche „ein wirkliches Zuhause geworden”.
Als Landesbischof sei Ulrich zuallererst "Pfarrer und Seelsorger" gewesen, betonte der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er habe dabei stets auch den öffentlichen Auftrag der Kirche wahrgenommen und sich mit großem Engagement für einen humanen Umgang mit Geflüchteten, für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt.
Der katholische Erzbischof Stefan Heße ging mit einem Augenzwinkern die Unterschiede zwischen beiden Bischöfen ein: "Sie sind älter als ich, sind größer und haben mehr Kinder. Sie fiebern beim HSV mit - mich lässt Fußball kalt." Die Gemeinsamkeiten seien jedoch weit größer: Im Zentrum stehe, die frohe Botschaft von der Liebe Gottes allen Menschen zu verkünden.
Ulrich sei aus seinem Glauben heraus ein politischer Bischof gewesen, sagte die Schleswig-Holsteins Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Wichtig seien ihm vor allem die Themen Gerechtigkeit, Integration und die Bewahrung der Schöpfung. "Sie waren und sind streitbar."
Werdegang
Bischof Ulrich war nicht nur auf der Kanzel ein Schauspieler im guten Sinne. Vor seinem Theologiestudium studierte er Theaterwissenschaft und absolvierte zwei Spielzeiten am Ernst-Deutsch-Theater. Er war später Pastor in Barsbüttel (bei Hamburg) und Hamburg-Wellingsbüttel, Direktor des Predigerseminars in Preetz (bei Kiel) und Propst im Kirchenkreis Angeln an der Schlei, wo er mit seiner Familie bis heute lebt. 2008 wurde er zum Schleswiger Bischof gewählt, 2013 dann zum Landesbischof der neuen Nordkirche. Von 2011 bis 2018 war er im Nebenamt Leitender Bischof der VELKD.