Diakon Jan Oltmanns: „Alles, was den Seeleuten Kraft gibt, ist mir wichtig“
16. August 2022
Mehr als drei Jahrzehnte leitete Diakon und Sozialpädagoge Jan Oltmanns den Seemannsclub "Duckdalben" im Hamburger Hafen. Kurz vor seinem Ruhestand blickt er zurück und erzählt, was ihm immer wichtig war.
Wenn Schiffe in einen Hafen einlaufen, müssen sie irgendwo festmachen. Das können sie an den Duckdalben tun, das sind Pfähle oder Pfahlgruppen, die im Hafen stehen. „Bei uns machen aber keine Schiffe fest, sondern Menschen“, erklärt Jan Oltmanns, Gründer und knapp 36 Jahre lang Leiter des Seemannsclubs „Duckdalben“ im Hamburger Containerhafen in Waltershof.
Millionen von Begegnungen
An einem sonnigen Augusttag sitzt Oltmanns unter einem großen Sonnenschirm vor dem Backsteinbau des Clubs, der hinter Büschen versteckt zwischen Straßen und Bahnlinien, gleich unter der A7 liegt. Es ist einer seiner letzten Arbeitstage – Ende des Monats wird der 65-Jährige endgültig in den Ruhestand verabschiedet.
Über eine Million Seeleute hat er seit der Gründung im August 1986 im Club begrüßen können, dessen Träger die Deutsche Seemannsmission Hamburg-Harburg ist. Die Seeleute können hier während ihres Landgangs Telefonkarten kaufen, Geld überweisen, Billard spielen oder ein Bier an der Bar trinken. 2011 wurde der „Duckdalben“ als bester Seemannsclub der Welt ausgezeichnet.
Familiäre Atmosphäre im Club
„Wir haben von Anfang an die Dinge so gemacht, dass die Seeleute sich wohlfühlen“, erzählt Oltmanns, während er sich eine Zigarette dreht. Auf seinem Kaffeebecher steht „Jan“, auf seinem T-Shirt, mit dem Logo des „Duckdalben“, ebenfalls. Dass es familiär zugeht im Club, ist ihm wichtig. Mehr als ein Dutzend Hauptamtliche, sieben Bundesfreiwillige und zurzeit etwa 40 bis 50 Ehrenamtliche kümmern sich gemeinsam um die Anliegen der Seeleute, die oft monatelang unterwegs und weit weg von ihren Familien sind.
Die diakonische Arbeit mit Seeleuten verbindet zwei Interessen, die sich bei Oltmanns schon früh abzeichnen. 1956 wird er im ostfriesischen Esens geboren und „an der Küste fasziniert einen die Seefahrt“. Mit seinem Vater, einem Pastor, verteilt er als Kind warme Kleidung im Seemannsheim in Emden und bestaunt dort exotische Mitbringsel aus aller Welt. Außerdem wird er von seinem Vater christlich geprägt.

„Die Faszination für Jesus und sein Handeln hat sicher mein Vater an uns Kinder weitergegeben“, erzählt Oltmanns. Selbst Pastor werden wollte er aber nicht. „Das Diakonische ist ja das Tun, das kann ich besser als predigen.“
Schnelle, direkte Hilfe
Nach dem Zivildienst bei der Deutschen Seemannsmission in Altona sowie einem Abstecher zum neueröffneten Seemannsclub in Bremerhaven studiert Oltmanns in Hamburg Sozialpädagogik und macht eine Ausbildung zum Diakon. Mit 29 Jahren wird er gefragt, ob er die Leitung eines neuzugründenden Seemannsclubs übernehmen will – den „Duckdalben“.
Aus dem Archiv: Seemannsclub macht mehr Bordbesuche
Er ist 36 Jahre geblieben, „weil es nie langweilig war“. Oltmanns erinnert sich an die Anfangszeit, in der hauptsächlich chinesische Seeleute kamen, „die hatten gar nichts“. Deshalb gibt es im „Duckdalben“ auch viele Dinge umsonst – von Kaffee bis zu Karaokeabenden. Ohne Wenn und Aber habe man sich immer auf die Seite der Seeleute gestellt. Einmal sorgte er dafür, dass ein philippinischer Seemann zur Beerdigung seines Vaters fliegen durfte – der Kapitän hatte es ihm zunächst verboten. Menschen direkt helfen zu können, das macht Oltmanns glücklich. „Alles, was den Seeleuten Kraft gibt, ist mir wichtig.“
Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz
Der große Mann mit den langen weißen Haaren und der ruhigen und verlässlichen Ausstrahlung ist selbst eine Art Duckdalben, bei dem in 36 Jahren viele Menschen Halt gefunden haben. 1996 wird Oltmanns mit dem Portugaleser in Silber, einer Ehrenmedaille der Stadt Hamburg, ausgezeichnet, 2012 mit dem Bundesverdienstkreuz.

Das Schönste am Aufhören sei, dass er Sören Wichmann als Nachfolger gefunden habe, sagt Oltmanns. „Er hat das Herz an der richtigen Stelle. Ich habe hundert Prozent Vertrauen, dass er es gut machen wird.“
Zeit für die Enkel
Oltmanns selbst will sich zukünftig vor allem um seine vier Enkel kümmern. Und vielleicht auch noch weiter in einigen Gremien mitarbeiten, die sich für bessere Arbeitsbedingungen für Seeleute einsetzen. Wer einmal ein Freund der Seeleute ist, der bleibt es auch im Ruhestand.