Seeleute

Weihnachten mit der Seemannsmissionen – Zwischen Gänsebraten und Palmen

In der Vorweihnachtszeit erhalten die Seeleute in den Häfen bei uns im Norden Pakete. Sie enthalten Socken, Schals, Süßigkeiten und andere Kleinigkeiten, die freiwillige Helfer:innen an die Seemannsmissionen geschickt haben.
In der Vorweihnachtszeit erhalten die Seeleute in den Häfen bei uns im Norden Pakete. Sie enthalten Socken, Schals, Süßigkeiten und andere Kleinigkeiten, die freiwillige Helfer:innen an die Seemannsmissionen geschickt haben. © Dieter Sell, epd

13. Dezember 2024 von Dieter Sell

Die Deutsche Seemannsmission feiert auf ihren Stationen rund um die Welt Weihnachten mit Seeleuten, die nicht zu Hause sein können – gerade dann, wenn die Sehnsucht nach der Familie am größten ist.

Die brütende Hitze hat das zentralafrikanische Douala derzeit fest im Griff. Das Thermometer klettert in der Wirtschaftsmetropole Kameruns im Dezember auf mehr als 30 Grad Celsius, dazu kommt eine mächtige Luftfeuchtigkeit. Und trotzdem stecken Ina und Klaus Bammann im „Foyer du Marin“ in Sichtweite des Hafens von Douala mitten in den Weihnachtsvorbereitungen für Seeleute.

500 Gäste in der Heiligen Nacht 

Das Haus an der Mündung des Wouri-Flusses – 1966 von Bundespräsident Heinrich Lübke eröffnet – ist die größte Auslandsstation der Deutschen Seemannsmission, die weltweit in 15 Ländern und 33 Orten vertreten ist.

Das „Foyer du Marin“ mit Hotel und Restaurant wirkt wie eine grüne Oase in der Millionenstadt – mit Palmen und Pool im Garten, bei klarem Wetter inklusive Fernblick auf den Mount Cameroon. „Vergangenes Jahr haben bei uns an Heiligabend zwischen 450 und 500 Gäste Weihnachten gefeiert“, erinnert sich Klaus Bammann. Zusammen mit seiner Frau Ina leitet er das Foyer, sie führt per Videotelefonat durch die Anlage und zeigt alles.

Ein Fest mit Gottesdienst und Buffet am Pool

Etwa 500 Gäste, so viele werden es in diesem Jahr wohl wieder werden. Die Weihnachtsbäume sind dann aus Plastik. Wachskerzen? Fehlanzeige. „Die stehen eine Minute, dann biegen sie sich“, sagt Seemannsdiakon Bammann mit einem Lachen. Aber es gibt es einen Gottesdienst am Pool und ein Buffet, auf dem das kamerunische Nationalgericht Ndolé mit dem typischen Blattgemüse nicht fehlen darf. Als Beilagen werden meist frittierte Kochbananen oder Yamswurzeln serviert.

Ein Chat für Seeleute in englischer und deutscher Sprache ist unter https://dsm.care rund um die Uhr erreichbar.

„Die Seeleute arbeiten oft monatelang isoliert auf ihren Schiffen, zu Weihnachten können viele nicht bei ihren Familien sein – deshalb laden wir zum Fest ein“, sagt der Generalsekretär der Deutschen Seemannsmission, Matthias Ristau. Und er erinnert daran, dass wohl die meisten Weihnachtsgeschenke per Schiff über das Meer nach Deutschland kommen, in Containern, beispielsweise aus China. So gesehen seien die Seeleute, ganz klar, „die Gehilfen des Weihnachtsmannes“.

An Weihnachten ist das Heimweh besonders groß

Kurze Schiffs-Liegezeiten in den Häfen, selten mal ein Landgang, Isolation an Bord, das ist ihr Alltag. Um in dieser Situation zu helfen, leisten weltweit mehr als 600 Haupt- und Ehrenamtlichen der Deutschen Seemannsmission das ganze Jahr über Seelsorge und Sozialarbeit für Seeleute. Zu Weihnachten ist das besonders wichtig. „Dann ist das Heimweh noch etwas größer und wir wollen denen, die nicht zu Hause sein können, wenigstens für kurze Zeit eine Heimat in der Fremde bieten“, betont Ina Bammann.

Außerdem werden in Douala und in vielen anderen Stationen Weihnachtstüten gepackt, mit kleinen Geschenken wie Süßigkeiten und warmen Sachen, manchmal auch mit Weihnachtskarten voller guter Wünsche, die Kinder für die Seeleute geschrieben haben. „Weltweit sind es in diesem Jahr gut 26.000 Tüten“, schätzt Stefanie Langos, die in der Zentrale der Seemannsmission in Hamburg arbeitet.

Bordbesuche sind sehr willkommen

„Wenn wir an Bord kommen, empfangen uns die Leute mit einem Strahlen“, berichtet Andrea Meenken in Panama von dem Vertrauen, das den Beschäftigten der Seemannsmission weltweit entgegengebracht wird. „Ein Bordbesuch“, sagt sie, „ist wie ein Hausbesuch“.

Bordbesuch im Advent mit Geschenken
Die Seeleute freuen sich über Päckchen gegen das Heimweh: Hier hat Andrea Meenken, Leiterin der Seemannsmission in Panama, Geschenke an Bord eines Frachters gebracht. © Andrea Meenken

Die Station, die sie leitet, liegt auf der Landbrücke zwischen Mittel- und Südamerika und ist das jüngste Mitglied im weltweiten Netz der Deutschen Seemannsmission. Das Land hat für die Seeschifffahrt eine herausragende internationale Bedeutung, denn der Panama-Kanal ist mit dem Suez-Kanal die wichtigste Wasserstraße der Welt.

Schals, Musik und Lebkuchen für Seeleute aus aller Welt

Dort ist es jetzt ähnlich heiß wie in Douala. Weihnachten geht bei der Seemannsmission aber auch anders. So stricken im nasskalten Rostock an der Ostsee – und nicht nur da – Frauen Pullover, Socken und Schals für Seeleute, die oft nur mit T-Shirts und Flipflops im Seemannsclub auftauchen. Im größten Binnenhafen Europas in Duisburg spielen Posaunisten vom Kirchenboot aus adventliche Musik für Schiffsbesatzungen.

Vielerorts werden Kekse für die Crews gebacken, im brasilianischen Santos gibt es sogar einen weihnachtlichen Back-Workshop für Seeleute. Die Mitarbeitenden in der Station im ostfriesischen Emden an der Nordseeküste kochen am ersten Weihnachtsfeiertag für Seeleute, ganz traditionell: Gänsebraten mit Rotkohl und Kartoffeln. Im französischen Le Havre wiederum gibt es Nahrung für die Seele, wenn die Seemannsmission zu einem weihnachtlichen Mitsing-Konzert an Bord kommt.

Das Telefonat mit der Familie steht an erster Stelle

Auch in Bremen – Partnerstation von Panama – werden Weihnachtstüten verteilt und kurz vor dem Fest Christbäume an Bord geschafft. „Echte natürlich - die müssen duften, das lieben die Leute“, sagt Seemannsdiakon Magnus Deppe, der von der Freude der Seeleute über die Schiffsbesuche berichtet.

„Wir beschaffen Sim-Karten zum Telefonieren mit der Familie, wir haben Zeit zum Zuhören, wir unterstützen, wenn es ein Problem gibt und kommen mit dem Shuttle zur Shopping-Mall“, beschreibt Deppe und fasst es so zusammen: „Wer an Bord kommt, will meistens was von den Seeleuten. Wir bringen etwas.“

Hintergrund: Die Deutsche Seemannsmission (1/3)

Die Deutsche Seemannsmission mit ihrer Zentrale in Hamburg ist mit mehr als 600 Haupt- und Ehrenamtlichen weltweit in 33 Häfen und 15 Ländern vertreten. Die Stationen in Deutschland, einigen weiteren Ländern Europas sowie in Afrika, Amerika und Asien arbeiten oft eng mit anderen christlichen Seemannsmissionen, Kirchen und Organisationen wie der Internationalen Transportarbeiter-Gewerkschaft ITF zusammen. Gemeinsam engagieren sie sich dafür, die Lebens- und Arbeitsverhältnisse an Bord zu verbessern.

Hintergrund: Die Deutsche Seemannsmission (2/3)

Die Arbeit geschieht unabhängig von Herkunft und Religion der Schiffsbesatzungen. Zentral dabei sind Besuche an Bord. In vielen Hafenstädten werden außerdem Seemannsclubs betrieben als Treffpunkte, Freizeitstätten und Orte für Gespräche. Zudem gibt es Unterkünfte für Seeleute in Seemannshotels oder Seemannsheimen.

Angesichts von Piraterie bewaffneten Angriffen auf Schiffe sowie Unglücken auf See und im Hafen ist die psychosoziale Notfallversorgung der Seemannsmission besonders wichtig geworden. Unter „https://dsm.care“ ist überdies rund um die Uhr ein Chat für Seeleute erreichbar, in englischer und deutscher Sprache.

Hintergrund: Die Deutsche Seemannsmission (3/3)

Die Deutsche Seemannsmission wurde als Verband 1886 gegründet, erste Anfänge der Arbeit gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in England und schon kurze Zeit später, im Jahr 1854, in Bremen. Die überregionale und weltweite Arbeit finanziert sich hauptsächlich mit Geldern des Bundes, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie aus Spenden der maritimen Wirtschaft und von Privatpersonen sowie Kollekten von Kirchengemeinden.

 

 

 

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