Erzbischof der Lutheraner in Russland

Dietrich Brauer ist ein Brückenbauer für die Ökumene

Bischof Brauer bei der Sondersynode der Nordkirche zur Friedensethik. Am 8. Mai wird er am Europagottesdienst in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi mitwirken, der für den Frieden wirbt.
Bischof Brauer bei der Sondersynode der Nordkirche zur Friedensethik. Am 8. Mai wird er am Europagottesdienst in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi mitwirken, der für den Frieden wirbt.

07. Mai 2022 von Claudia Ebeling

Dietrich Brauer ist seit 2014 Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland (ELKR). Mit ihm ist erstmals ein einheimischer Theologe leitender Geistlicher der rund 20.000 lutherischen Christinnen und Christen in fast 300 Gemeinden auf dem Gebiet der russischen Föderation.

Das Amt des Erzbischofs hat vor allem repräsentativen Charakter und ist für das ökumenische Gespräch mit der Orthodoxen Kirche von besonderer Bedeutung. Zudem vertritt die ELKR die Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) und die Evangelisch-Lutherischen Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten (ELKUSFO) gegenüber dem Staat.

Werdegang Brauer

Brauer wurde 1983 in Wladiwostock in einer russlanddeutschen Familie geboren und studierte zunächst an einer Musikschule, absolvierte ein Jurastudium und wechselte dann zur Evangelischen Theologie.

Bereits 2011 wurde er Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) mit Sitz in Moskau.

2015 wurde er in seiner Funktion als Erzbischof als Mitglied in den „Rat für die Zusammenarbeit mit religiösen Vereinbarungen“ beim Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, berufen.

„Erzbischof Brauer ist ökumenisch hervorragend vernetzt und hat mit der russisch-orthodoxen Kirche sehr gut zusammengearbeitet. Es war immer sein Ziel, Brücken zu bauen, zu vermitteln und Verständnis für beide Seiten aufzubauen“, erläutert Europareferentin Christa Hunzinger aus dem Zentrum für Mission und Ökumene, das unter anderem die Beziehungen zu Partnerkirchen in Russland koordiniert und fördert.

Für Versöhnung und eine sofortige Waffenruhe

Die Nordkirche hat auch mit der Russisch-Orthodoxen Metropolie St. Petersburg im Rahmen der Städtepartnerschaft Hamburg – St. Petersburg eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit geschlossen. Pastor Frank Lotichius, im Europareferat Beauftragter für die Beziehungen zu den Partnerkirchen in Russland und Kasachstan, ist es daher ganz wichtig, die Menschen aus Russland differenziert wahrzunehmen:

Auch in der Russisch-Orthodoxen Kirche sprechen sich viele gegen einen Krieg aus. Allein 293 Russisch-Orthodoxe Geistliche haben Ende Februar in einem offenen Brief Versöhnung und eine sofortige Waffenruhe in der Ukraine gefordert. Der offizielle Kontakt zur Metropolie ruht derzeit, die persönlichen Beziehungen zu einigen Priestern und Gemeinden ist weiterhin lebendig und gerade in dieser Zeit wichtig.

Erzbischof Brauer hält sich seit März 2022 mit seiner Familie in Deutschland auf. Hier hat er an Friedensgebeten teilgenommen und sich mehrfach gegen den Krieg gegen die Ukraine positioniert. Religionen dürften nicht zur Rechtfertigung des Krieges instrumentalisiert werden, betonte er Medien gegenüber.

Hintergrund

In den ersten Jahren waren die Mitglieder lutherischer Kirchen in Russland überwiegend deutschstämmige Lutheranerinnen und Lutheraner, zum Beispiel aus Mittelasien.

Nach dem Zerfall der UdSSR (1991) stellten viele Russlanddeutsche einen Antrag zur Ausreise nach Deutschland. Nach und nach wurden die Gemeinden durch Wegzug kleiner. Während in den ersten Jahren fast ausschließlich Russlanddeutsche Mitglieder im Gemeinderat waren, kam es nach einigen Jahren zu einer stärkeren russischen Beteiligung.

Die gesamte Evangelisch-Lutherische Kirche machte in dieser Zeit einen Wandel durch von einer „Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche“ hin zu einer „Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland“. Auch die Gottesdienstsprache ging von der deutschen auf die russische Sprache über. Möglich wurde dies durch die stärkere Berücksichtigung einheimischer Pastorinnen und Pastoren, die im Theologischen Seminar in Nowosaratowka bei St. Petersburg ausgebildet wurden.

Heute sind alle Gemeinden in ihrer Zusammensetzung in der Mehrzahl russisch. Viele Mitglieder haben sich ausdrücklich für die evangelisch-lutherische Kirche entschieden. Sie haben über die Gottesdienste oder den Konfirmandenunterricht Zugang gefunden. Diese Entwicklung kam auch vielen Russlanddeutschen entgegen, weil in der Zeit der UdSSR nur russisch gesprochen werden sollte. Dadurch haben viele der Jüngeren die deutsche Sprache nicht gelernt. 

Die Evangelisch-Lutherische Kirche Russlands (ELKR) bietet den Rahmen für die Zusammenarbeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) und der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten (ELKUSFO). Sie vertritt die beiden eigenständigen Kirchen gegenüber dem Staat und im ökumenischen Gespräch.

Darüber hinaus bilden Lutherische Kirchen in vielen Nachfolgestaaten der Sowjetunion den Bund der ELKRAS, den Bund Evangelisch-Lutherischer Kirchen in Russland und anderen Staaten. Erzbischof Brauer ist dessen geistlicher Leiter. Der Bund koordiniert seine Arbeit über regelmäßige Bischofskonsultationen, verfügt jedoch nicht länger über gemeinsame Organe wie eine Generalsynode. Der Bund der ELKRAS ist Mitglied im Lutherischen Weltbund (LWB), der Konferenz der Europäischen Kirchen (KEK) und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE). 

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