Seelsorge-Serie

Hamburg: Aids-Pastor Thomas Lienau-Becker geht in den Ruhestand

Thomas Lienau-Becker ist seit 2018 Pastor des Ev.-Luth. Kirchenkreisverbands Hamburg für Menschen mit HIV und AIDS.
Thomas Lienau-Becker ist seit 2018 Pastor des Ev.-Luth. Kirchenkreisverbands Hamburg für Menschen mit HIV und AIDS.© positiv leben&lieben

27. März 2025 von Kristina Tesch

Nach sieben Jahren ist Schluss: Am 30. März wird Thomas Lienau-Becker in den Ruhestand verabschiedet. Der Aids-Seelsorger aus Hamburg blickt zurück auf Hürden als schwuler Pastor und auf erfüllende Momente bei "positiv leben & lieben".

„Ich habe immer versucht, Lebensfreude zu spenden und weiterzugeben“, sagt Thomas Lienau-Becker. Diesen Satz würde der 64-Jährige seiner Nachfolge sagen, wenn er seine Arbeit seit 2018 bei der Aids-Seelsorge „positiv leben & lieben“ in Hamburg beschreiben müsste.

Viele besondere Momente

Besondere Momente habe es viele gegeben. „Am schönsten war, wenn sich das Leben von Menschen, mit denen ich zu tun hatte, im Laufe der Zeit verbessert hat.“ Viele seien freier und offener geworden oder hätten mit psychischen Erkrankungen besser umgehen können.

Thomas Lienau-Becker ist in Hamburg-Horn aufgewachsen. Kirchlich sozialisiert sei er nicht, sondern über den Religionsunterricht zum Theologiestudium gekommen. „Die Lehrerin hat uns dazu herausgefordert, eine eigene Meinung zu bilden, uns mit Theologie und Philosophie konfrontiert. Da hat es gefunkt.“ Dennoch sei seine Entscheidung eine für das Studium, nicht für das Pfarramt gewesen. „Mein Zivildienst in einer Kirchengemeinde in Wandsbek hat mich letztlich auf den Pfad geführt, in der Kirche arbeiten zu wollen.“

Schwul leben im Pastorat war ein Problem

Damals sei es noch ein Problem gewesen, als schwuler Mann, der mit seinem Partner zusammenlebt, Pastor zu werden. Gleichgeschlechtliche Paare in einem Pfarrhaus - dazu gab es ein klares „Nein“. „Mein Freund lebte und arbeitete damals schon in Kiel.“ Für ihn würde sich keine Stelle in Kiel finden, hieß es damals.

Die erste Stelle trat er dann in Hamburg-Wilhelmsburg an. Danach ging es doch nach Kiel, als Pastor in der Michaelisgemeinde. „Der Preis, den ich gezahlt habe: Ich habe viele Jahre im Teilzeitdienst gearbeitet.“ Schließlich wurde Lienau-Becker in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt zum Propst gewählt. „Da mussten wir dann heiraten. Und später zusammen ins Pastorat ziehen.“

Bundesweit erste Pfarrstelle für Aids-Seelsorge in Hamburg

Am 1. September 2018 wechselte Lienau-Becker nach Hamburg und wurde AIDS-Pastor. Bundesweit war es 1994 die erste Pfarrstelle für Aids-Seelsorge, eingerichtet vom Kirchenkreisverband Hamburg. „Für uns als junge, schwule Theologen war das aufregend“, erinnert er sich. Beim Einführungsgottesdienst des ersten Aids-Pastors Rainer Ehlers war er dabei. „Die Predigt, die er damals gehalten hat, zählt zu den wenigen, die ich heute noch erinnere.“

Während Ehlers Menschen hauptsächlich in Krankheit und im Sterben begleitete, habe sich die Stelle über die Jahre verändert. In der Amtszeit von Detlev Gause (2004-2018) habe sie sich zur Lebensbegleitung gewandelt. „Ich bin stolz auf meine Kirche, dass sie eine Einrichtung geschaffen hat, die schwerstkranke Menschen beim Sterben begleitet hat“, sagt Lienau-Becker. „Nun haben sie überlebt, und die Kirche begleitet sie weiter.“

"HIV ist noch immer eine Barriere"

Wenngleich eine HIV-Infektion heute in Deutschland kein Todesurteil mehr bedeute, sei sie noch immer ein schwieriges Thema. „Ein heterosexueller Mann mit HIV, der eine Freundin kennenlernt, fragt sich, ob er es ihr sagen kann und wann.“ HIV sei noch immer eine Barriere, etwas Trennendes, erklärt Lienau-Becker. Viele, die zu „positiv leben & lieben“ kommen, hätten Erfahrungen mit Diskriminierung, psychischen Erkrankungen und Depressionen. Die Tatsache, dass Menschen, die in erfolgreicher Behandlung, also unter der Nachweisgrenze sind, andere nicht mehr anstecken können, sei viel zu wenig bekannt.

Queersensible Seelsorge wird neuer Schwerpunkt

Die bisherige Aids-Seelsorge wird sich mit seinem Ruhestand weiter verändern. Neuer Schwerpunkt werde die queersensible Seelsorge. „Es wird darum gehen, auf neue Gruppen zuzugehen und gleichzeitig die Menschen mit HIV, die jetzt wirklich alt werden, nicht zu verlieren.“ Das sei eine große Aufgabe, denn nicht alle Menschen mit HIV würden sich im queersensiblen Kontext wohlfühlen. „Ich hoffe, dass das gut gelingt.“

Große Pläne für den Ruhestand hat Lienau-Becker nicht. „So wie Gott mich bislang durchs Leben begleitet hat, bin ich sehr zuversichtlich, dass er mich auch auf neuen Wegen begleiten wird.“

Wissenswertes zur christlichen Seelsorge

  • Die Seelsorge dient dazu, jemanden zu ermutigen und zu stärken
  • Basis ist ein christliches Weltbild, das jeden Menschen als geliebtes Geschöpf Gottes ansieht 
  • Die Seelsorge geschieht immer freiwillig 
  • Seelsorgerische Gespräche sind vertraulich, der/die Seelsorgende darf ihren Inhalt nicht weitergeben (das gilt auch gegenüber Vorgesetzten, Polizei, medizinischen Einrichtungen und Gerichten) 
  • Geleistet werden kann die Seelsorge von jede:r Pastor:in und Pfarrer:in sowie von diakonischen Mitarbeitenden und von ausgebildeten Ehrenamtlichen 
  • Grundlage ist ein persönliches Gespräch (ob in Präsenz, per Chat oder Telefon), in das Segensrituale oder Gebete einfließen können, aber nicht müssen
  • Die christliche Seelsorge steht allen Menschen offen – unabhängig davon, ob und welcher Religion jemand angehört 

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