Ein Segen für Schüler
02. Juni 2023
Die wenigsten Kinder, die eine evangelische Schule besuchen, entscheiden sich als Jugendliche für die Konfirmation. An der Rostocker Michaelschule läuft daher jetzt das Projekt "Segensfeier".
Wie kann es sein, dass wir eine evangelische Schule sind, aber viele unserer Jugendlichen zur Jugendweihe gehen, nicht zu einer kirchlichen Feier? Thorsten Bennemann, damals Leiter der inklusiven Michaelschule in Rostock, sagt: "Es hat mich irgendwann gewurmt, dass wir als Kirche nichts Adäquates anzubieten hatten."
Jugendliche in dem Alter suchten offenbar ein Übergangsritual, ein Fest. Aber die Konfirmation sei vielen "zu vereinnahmend". Die meisten seien auch nicht mehr getauft. Also was tun?
Segensfeier als Ritual
Pastor Sebastian Gunkel, dessen Gemeinde in Rostock Dierkow nur 500 Meter entfernt liegt, hat diese Frage aufgegriffen. Er führt an der Schule jetzt zusammen mit Kinder- und Jugendreferentin Anne Jax und Gehörlosenseelsorgerin Dorothea Engelbrecht das Ritual "Segensfeier" ein, angelehnt an Modelle in Neubrandenburg und Erfurt.
"Wir als Kirche haben etwas zu geben", findet er. "Wir können den Jugendlichen sagen: Der gute Wunsch Gottes begleitet Dich." Bewusst wolle man das in einer Kirche tun - aber ohne die Verbindlichkeit der Konfirmation, ohne Pflicht zum Glaubensbekenntnis.
Zum Segen in die Petrikirche
Am 3. Juni wollen 14 erste Michaelschülerinnen und -schüler in der Petrikirche Rostock jetzt diesen Segen empfangen, umringt von Eltern und Freunden. Bandmusik und drei kurze Reden soll es auch geben: zur Frage, woher die Jugendlichen kommen, wo sie stehen und was sie sich für ihre Zukunft wünschen.
Gunkel und seine Kolleginnen haben sich dafür an dem orientiert, was Gemeindepädagogin Felicitas Rhode-Schaeper seit 2022 in Neubrandenburg anbietet und was vor 25 Jahren in der Mitteldeutschen Kirche unter anderem Namen aufkam: In Erfurt hatte 1997 der damalige Dompfarrer und heutige Weihbischof Reinhard Hauke begonnen, mit Achtklässlern die "Lebenswende" zu feiern - als Angebot des katholischen Gymnasiums an seine konfessionslosen Schülerinnen und Schüler.
Projekt Lebenswende in Halle
Mehr Informationen: www.lebenswendefeier.de
Seit 2000 läuft das Projekt auch in Halle, inzwischen ökumenisch. "Bei uns feiern heute 700, 800 Jugendliche pro Jahr die Lebenswende", erzählt der katholische Jugendbildungsreferent Daniel Richter. "Für viele ist das ein erster und auch positiver Kontakt zur Kirche."
In sechs Treffen haben zwei Teams um Pastor Sebastian Gunkel mit den Jugendlichen in Rostock ausgelotet, wie ihre Feier ablaufen soll, mit ihnen über ihre Zukunftswünsche, die Bedeutung von Segen und anderes gesprochen.
Eine neue Schnittstelle zur Kirche
"Ein Mädchen ist so zur Jugendkirchenband gekommen", erzählt Gunkel. Eine andere habe von Anne Jax die Handynummer erfragt - für den Fall, dass sie mal in Not komme. Dass das neue Ritual der klassischen Konfirmation das Wasser abgräbt, glaubt Gunkel daher nicht. "Es ist eher eine neue Schnittstelle zur Kirche entstanden."
Die Zahlen sprechen für sich: Für die "Segensfeier" 2024 in Rostock haben sich bereits 37 Michaelschüler angemeldet. Was Gunkel und sein Team besonders freut: "Sieben von ihnen wollen sich auch gleich konfirmieren lassen."