Ein verborgenes Paradies: Auf Entdeckungsreise im Bibelgarten Schleswig
03. August 2022
Das Bibelzentrum mit seinem alten Baumbestand liegt auch heute noch an der Stadtgrenze von Schleswig und damit ein wenig abseits der sommerlichen Touristenströme, die sich den St. Petri-Dom oder die Altstadt mit der Fischersiedlung Holm anschauen wollen. Doch wer den Weg zum Bibelzentrum findet, entdeckt dort eine grüne, stille Oase mit ganz besonderen Überraschungsmomenten.
Das Bibelzentrum selbst ist auf dem Gelände des alten Johannisklosters untergebracht. Wer sich dort nicht über Bibeldruck oder Klosterleben informieren möchte, kann am alten historischen Gebäude vorbei zunächst in den Bibelgarten gehen. „Die sich kreuzenden Wege des Gartens haben nichts mit der Kreuzigung Jesu zu tun, sondern erinnern an das Paradies, in dessen Mitte eine Quelle entspringt, von der aus Wasser in alle vier Himmelsrichtungen fließt“, erläutert Pastor Michael Bruhn.
Geheimnisvolle Bewohner
In dieser Form wie ein kleiner Klostergarten angelegt, werden hier in ordentlichen Reihen und säuberlich von Hecken eingehegt verschiedene Kräuter und Pflanzen gezogen. Eine Besonderheit eint diese Gewächse: Sie kommen alle in der Bibel vor oder stammen aus christlich-jüdischen Erzählungen. So wachsen hier neben Lavendel und Wegwarte auch Rosen und Rizinus, Akanthus und Alraune, Weihrauch und Wein.
Gleich hinter dem kleinen Bibelgarten lockt ein parkähnlich angelegter, größerer Gartenbereich. Hier herrschen Sträucher und Büsche sowie prächtige Buchen- und Lindenbäume vor, die die Anlage etwas verwunschen und geheimnisvoll erscheinen lassen.
Biblische Botschaften
Noch geheimnisvoller aber sind die Gestalten, die den Garten bevölkern: Große Steinfiguren, Stelen, abstrakte Formen oder Tiere sind hier aufgestellt und laden die Besucher ein, umherzugehen, zu entdecken, zu rätseln und den Assoziationen und Gedanken freien Lauf zu lassen. „Biblische Botschaften in steineren Worten wollen übersetzt werden“, so Bruhn.
Die Bedeutung der Steinfiguren erschließt sich nicht auf Anhieb. Mächtig erscheinen sie, wie aus einer fremden Welt, einige befremdlich, andere einladend. Ein Lamm, oder ist es ein Opfertisch? Die Erzählung vom Lamm Gottes dämmert dem Betrachter.
Die Adresse der Bibelsgarten: Am St. Johanniskloster 4, 24837 Schleswig.
Eine Stele mit einem Mund, aus der eine Buchrolle herabhängt. Was will uns diese Gestalt verkünden? Steinerne Tafeln, ein Thron oder ein Tor, das wohin führt? Und am Ende, alles überragend, stolz, beeindruckend in seiner Größe und Materialität, ein Adler – das Symbol des Evangelisten Johannes, in Stein gemeißelt für die Ewigkeit. Unter seinen ausgebreiteten Fittichen bietet er Schutz und Schatten.
Ergebnis von zwei Kunstprojekten
Entstanden sind diese Gestalten in Zusammenarbeit mit dem Leiter der Bildhauerklasse der Muthesius-Kunstschule in Kiel. Im Rahmen von zwei Symposien haben junge Bilderhauerinnen und Bildhauer bereits in den Neunziger Jahren das Material bearbeitet und den Garten mit ihren Objekten gefüllt.
Das erste Projekt galt dem Thema „Propheten“, in einem zweiten Projekt entstanden „Tiere der Bibel“. Angeleitet wurden die Künstlerinnen und Künstler von ihrem Professor, dem Bildhauer Jan Koblasa (1932 – 2017).
Stille Zwiesprache
Selbst vielen Schleswigerinnen und Schleswiger ist dieser ganz besondere Ort nicht bekannt, noch weniger den zahlreichen Sommergästen. Doch wer einmal der Zeit entrinnen möchte, der kann auf einer der zahlreichen Bänke Platz nehmen, seine Gedanken schweifen lassen und in stille Zwiesprache mit den Figuren kommen. Vielleicht stellen sie sich den Gedanken in den Weg und lenken sie in eine neue Richtung.
Der Bibelgarten sowie der Garten mit den Propheten und Tieren sind jederzeit frei zugänglich.