Portrait

Eine Frau mit Talar und Feuerwehrhelm

Pastorin Britta Stender wurde vor vier Jahren erste Frau bundesweit zur Wehrführerin einer Freiwilligen Feuerwehr gewählt.
Pastorin Britta Stender wurde vor vier Jahren erste Frau bundesweit zur Wehrführerin einer Freiwilligen Feuerwehr gewählt.© Bettina Albrod

06. März 2023 von Bettina Albrod

Britta Stender ist Pastorin, Notfallseelsorgerin und Chefin der Freiwilligen Feuerwehr in Elmshorn. Ihre optimistische Lebenseinstellung und ein stabiles Zuhause helfen ihr dabei, sich diesen Aufgaben zu widmen. Und manchmal ein bisschen Mut.

Britta Stender ist eine sportliche Frau mit kurzen Haaren, randloser Brille und klarer Stimme. Herzlich muss sie lachen bei der Frage, ob sie sich als mutigen Menschen bezeichnen würde. "Mut ist ein großes Wort, das passt nicht zu mir. Ich bin eher frischen Mutes und habe eine optimistische Grundhaltung, mit der ich mich den Dingen stelle", meint sie.

Außenstehende würden allerdings schon an Mut, zumindest Unerschrockenheit, denken, wenn sie von ihrem Beruf und Lebensweg erführen: Britta Stender ist Pastorin mit Schwerpunkt Notfallseelsorge - und vor vier Jahren wurde sie als erste Frau bundesweit zur Wehrführerin einer Freiwilligen Feuerwehr gewählt. Die 57-Jährige führt seit 18 Jahren eine gleichgeschlechtliche Ehe, hat ein Kind adoptiert und war als junge Frau auf dem Weg zur Bundesliga-Handballerin.

Erste Hilfe für die Seele

Kraft schöpft die Gemeindepastorin der  Friedenskirchengemeinde im schleswig-holsteinischen Elmshorn aus ihrem Zuhause. "Es gibt mir Stabilität und die braucht es, wenn man dort arbeitet, wo anderen Menschen alles zusammenbricht", sagt sie. Die gebürtige Kielerin wollte eigentlich Sport studieren, doch ein Bandscheibenvorfall beendete ihre Sportlerinnenkarriere. Unverzagt begann sie ihr Theologiestudium, qualifizierte sich zur hauptamtlichen Notfallseelsorgerin. Bei zahllosen Unfällen und Rettungseinsätzen war sie vor Ort, tröstete verzweifelte Angehörige.

"Menschen in Notlagen beizustehen, ist für mich das Sinnvollste, was ich tun kann"

Notfallseelsorger im Einsatz.
Notfallseelsorger im Einsatz.© Simone Viere/Archiv

Die Erste Hilfe für die Seele bleibt auch in Elmshorn ihr Bereich neben der Organisation der Gemeindegeschäfte. Dort deckt sie mit einem Kollegen die Notfallseelsorge im Kreis Pinneberg ab. "Menschen in Notlagen beizustehen, ist für mich das Sinnvollste, was ich tun kann. Anders ausgedrückt: Vielleicht hat Gott mich dahin gestellt. Ich brauche keinen Mut, sondern gehe hin mit dem Handwerkszeug, das ich habe", sagt sie.

Als Britta Stender und ihre Partnerin, die als Sonderschullehrerin arbeitet, 2005 heirateten, war Homosexualität noch nicht selbstverständlich. Hat es Mut erfordert, sich zu outen, als sie sich 1999 in der Elmshorner Gemeinde vorstellte? Die Pastorin schüttelt den Kopf. "Es war unspektakulär. Ich habe gleich gesagt, dass ich lesbisch bin. Für den Kirchenvorstand war es gar kein Thema. Mut jedenfalls habe ich nicht gebraucht." Beim Thema Homosexualität habe zum Glück ein guter Wandel in Kirche und Gesellschaft stattgefunden, resümiert sie.

Der Weg zur Feuerwehr ergab sich zufällig. Während ihrer ersten Pastorinnenstelle wohnte Stender im Dorf Sieseby an der Schlei, der Nachbar war stellvertretender Wehrführer. Die junge Frau stellte ihm ein Notfallseelsorgekonzept für die Feuerwehr vor, der Nachbar nahm es an und überredete sie, Feuerwehrfrau zu werden. Viele Lehrgangs-Wochenenden folgten, dann hatte sie die Prüfung zur Atemschutzgeräteträgerin bestanden und durfte auch Löschfahrzeuge fahren, das sei "echt cool".

Ehrenamt als Ausgleich zum Beruf

Trotz der zusätzlichen Belastung bleibt das Ehrenamt bei der Feuerwehr für Stender ein wichtiger Ausgleich. "Dort komme ich mit Menschen in Kontakt, die nichts mit Kirche zu tun haben. Da geht es um andere Themen und es ist spannend, mal ohne die kirchliche Brille auf die Welt zu blicken. Ich brauche diese Auseinandersetzung."

Wenn sie an die vergangene Silvesternacht denkt, bekommt ihre Stimme einen ernsten Klang. Es gab einen Wohnungsbrand mit einem Toten und auch in Elmshorn wurden Einsatzkräfte bedroht. "Die Kollegen werden Mut brauchen, wenn der Pieper einen Einsatz in genau dem Viertel meldet."

"Ich wünsche mir mehr Mut von meiner Kirche"

Seelsorge, Einsatzleitung, Gemeindearbeit - Stenders Terminkalender ist voll. Zum Glück gibt es Oskar, den Terriermix. Mit ihrem Hund macht die unerschrockene Frau lange Spaziergänge, um zu entspannen und den Kopf frei zu bekommen. Wenn das Ehepaar Urlaub hat, fahren beide am liebsten mit dem Wohnmobil los Richtung Nordsee.

Apropos Mut: "Ich wünsche mir mehr Mut von meiner Kirche", sagt Britta Stender. "Wir können selbstbewusster die frohe Botschaft verkünden. Sie trägt in schweren Zeiten, da brauchen wir uns nicht zu verstecken."

Am 8. März ist Internationaler Frauentag

Hintergrund

Zum Internationalen Frauentag am 8. März gehen Frauen weltweit für ihre Rechte an die Öffentlichkeit. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Frauentag in diesem Jahr erstmals ein gesetzlicher Feiertag. Das Land Berlin hat den Frauentag bereits 2019 als gesetzlichen Feiertag eingeführt.

Erste Anregungen zu einem Frauentag kamen von Frauendemonstrationen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den USA. Die Startinitiative folgte dann aus der sozialistischen und sozialdemokratischen Arbeiterbewegung vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918). 1910 beschloss die Sozialistische Internationale der Frauen in Kopenhagen, jedes Jahr mit einem Aktionstag den Kampf der Frauen für mehr Rechte und bessere Lebensbedingungen voranzutreiben.

Bereits im März 1911 gingen rund eine Million Frauen in Deutschland, Dänemark, Österreich-Ungarn und der Schweiz auf die Straßen. Erste Forderung war das Frauenwahlrecht, das in Deutschland 1918 durchgesetzt wurde. Am 19. Januar 1919 konnten Frauen erstmals an einer landesweiten Wahl teilnehmen, als eine verfassunggebende Nationalversammlung gewählt wurde. Die Frauen kämpften zudem für kürzere Arbeitszeiten bei gleichem Lohn, niedrigere Lebensmittelpreise, eine regelmäßige Schulspeisung und legalen Schwangerschaftsabbruch.

Während des Ersten Weltkriegs und unter der NS-Diktatur war der „sozialistische“ Feiertag verboten. Die Nationalsozialisten propagierten stattdessen den Muttertag, der ihrem Frauenbild eher entsprach. Doch im Untergrund lebte der Frauentag weiter: Wer am 8. März seine rote Wäsche im Fenster auslüftete, gab damit ein politisches Statement ab.

Nach 1945 entzweite der Kalte Krieg auch den Frauentag. Im Westen verlor er an Bedeutung, wurde dann vor allem von der Frauen- und Friedensbewegung ab Ende der 1960er-Jahre begangen. In der DDR entwickelte sich der 8. März vielfach zum „sozialistischen Muttertag“, an dem Kinder der Mutter Blumen oder selbst gemalte Bilder schenkten. 1977 führten die Vereinten Nationen den Weltfrauentag als offiziellen UN-Tag ein.

Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sind bislang die beiden einzigen deutschen Bundesländer, in denen der Frauentag ein gesetzlicher Feiertag ist.

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