"Konfi-Zeit heißt Spaß am Entdecken, was Gott mir bedeutet"
30. Juni 2022
Pastorin Irmela Redhead ist die Beauftragte für Konfirmandenarbeit in der Nordkirche. Wir haben sie bei einem Spaziergang durch den Hamburger Stadtpark gefragt, worauf Jugendliche heute Wert legen – und wie sie Glaubensthemen für sich erforschen können.
Wir treffen uns draußen, um beim Laufen zu reden. Das passt ganz gut zu einem Projekt, das sie gerade zusammen mit Pastor Matthias Libermann aus Winterhude-Uhlenhorst und Pilgerpastor Bernd Lohse realisert hat: Es geht um einen Pilgerweg der Nordkirche für Konfis.
Frau Redhead, die Tour startet im August von Ratzeburg nach Tempzin. Was ist das Tolle daran?
Die Konfis können sehr viel Zeit in ihrer Peergroup verbringen. Und ganz viel Neues entdecken. Das stiftet Beziehungen. Das ist ein ganz großes Thema!
Aus dem Archiv: Konfi-Zeit heißt, mit dem Herzen lernen
Uns geht es auch darum, dass die Konfis ihre eigenen Erfahrungen mit Gott machen. Wo ist Gott mir nah, wo fern? Was bedeutet mir der Glaube? Wir haben dazu verschiedene Stationen vorbereitet, an denen man biblische Geschichten erlebbar machen kann. Denn die Erfahrung zeigt: Wir sind nicht dafür gemacht, drinnen auf Stühlen zu hocken, um Wissen aufzunehmen. Wir brauchen Erlebnisse.
Mögen Sie deshalb nicht den Ausdruck "Konfi-Unterricht"?
Ja, ich sage lieber Konfi-Zeit. Unterricht erinnert zu sehr an Schule und Pflicht. Letztens habe ich etwas ganz Süßes in einer Gemeinde der Hannoverschen Landeskirche gesehen: Die nennen ihre Konfi-Zeit Konfettizeit. Das finde ich richtig gut! Denn es soll ja eine schöne Zeit sein – und keine, in der Jugendliche nur mit Wissen „befüllt“ werden.
Christliche Themen müssen spürbar sein und an die eigene Lebenserfahrung andocken. Die Konfis kommen ja schon mit eigenen Werten und Erfahrungen an. Sie haben schon einen Glauben, sind also nicht „leer“. Also muss ich Erfahrungsräume zur Verfügung stellen, in denen sie sich ausprobieren können, um am Ende im besten Fall sagen zu können, dass sie gestärkt aus dieser Konfizeit herausgehen.
Was spielt neben der Glaubensbekräftigung eine Rolle?
Das Gemeinschaftserlebnis. Und die Gewissheit: Gott ist bei mir. Manchmal machen die Jugendlichen auch die Erfahrung, dass es toll ist, sich zu engagieren. Wir thematisieren natürlich die großen biblischen Themen wie Nächstenliebe. Oder: Was bedeutet mir Barmherzigkeit? Das ist ein Wort, das uns heute fremd vorkommt. Da muss man erstmal schauen, was damit gemeint sein könnte.
Und das geht am besten über Erlebnisse?
Ja. Das Thema Barmherzigkeit eignet sich super, um die Jugendlichen verschiedene Rollen ausprobieren zu lassen: Was ist wann wichtig? Wie verhalte ich mich in Dilemma-Situationen? Wie würden sie den barmherzigen Samariter heute erzählen? Es muss nicht immer ein Riesenprojekt sein, um etwas erfahrbar zu machen. Es kann eine Andacht bei Kerzenschein sein, etwas ganz Leises, Kleines, Kuscheliges. Die Konfi-Zeit lebt eben eher von Erfahrungen und Emotionen als über den reinen Wissenstransfer. Das ist bei uns Menschen eben so: Etwas, was man gesagt bekommt, rauscht eher durch, als wenn ich selbst die Erfahrung mache, mich mit allen Sinnen damit beschäftige.
Bei Jugendlichen trifft das noch mehr zu als bei Erwachsenen. Der Körper und das Gehirn sind in dieser Zeit mit ganz vielen wichtigen Dingen beschäftigt ist, um erwachsen zu werden, aber nicht unbedingt auf der rein kognitiven Schiene.
Der Glaube ist ja auch nichts rein Rationales, sondern geht durchs Herz...
Genau. Es gibt nicht nur richtig oder falsch. Glauben drückt sich auf verschiede Art und Weise aus. Auch das lernt man in der Gruppe und im Erfahrungsaustausch.
Was ist das Schönes, was jemand mal über seine oder ihre Konfi-Zeit zu Ihnen gesagt hat?
Ich habe bis Ende 2019 als Gemeindepastorin gearbeitet. In dieser Zeit haben mir mal die Eltern eines Konfirmanden erzählt, dass er, selbst wenn er erkältet war, und sie ihn eigentlich lieber zuhause gesehen hätten, super gerne zu den Konfitagen am Samstag gegangen ist. Solche Sätze machen Gänsehaut.
Welche Rolle spielen die Eltern denn heute bei der Entscheidung, ob die Kinder sich konfirmieren lassen?
Sie haben schon einen recht großen Einfluss. Die Konfirmation ist Familienthema. Ob sich jemand konfirmieren lässt oder nicht, wird in der Regel gemeinsam beschlossen. Aber die Konfis sagen mehrheitlich, dass es ihr Wunsch war, sich anzumelden.
Die Jugendlichen wählen heute sehr genau aus, ob sie zum Sport oder zur Konfi-Zeit gehen. Durch die langen Schulzeiten am Nachmittag bleibt nicht allzu viel Freizeit. Diejenigen, die daran teilnehmen, machen das also ganz bewusst. Generell gehen die Zahlen aber zurück.
Warum ist das so?
In vielen Familien hat ein Traditionsabbruch stattgefunden. Glaube und Kirche scheinen nur noch wenig mit ihrem Leben zu tun zu haben. So gehen viele zum Beispiel nicht mehr zur Kinderkirche oder kennen Tischgebete. Und dann ist es natürlich auch schwerer um diese Jugendlichen zu werben.
Wenn Sie jetzt aber Werbung machen dürfen, was sagen Sie dann?
Bei der Konfi-Zeit geht es um dich. Es ist eine Zeit für dich und deinen Lebensentwurf. Hier geht es um Fragen, die die Menschen immer wieder bewegen: Was ist der Sinn des Lebens? Was passiert nach dem Tod? Wohin mit Dankbarkeit oder Freude? Das sind auf den ersten Blick Themen, die schwer wirken. Aber Konfi-Zeit heißt – da greife ich jetzt mal das Wort der Kollegen auf – Konfettizeit: Ganz viel Freude am Leben, in der Gruppe, beim Entdecken, was Gott mir bedeutet.