Reaktion auf Bundestagsbeschluss

Landesbischöfin: Lieferkettengesetz ist wichtiger Beschluss – wenn auch mit Schwachstellen

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt begrüßt den Beschluss des Lieferkettengesetzes, erinnert aber gleichzeitig daran, dass es noch Verbesserungspotenzial gibt.
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt begrüßt den Beschluss des Lieferkettengesetzes, erinnert aber gleichzeitig daran, dass es noch Verbesserungspotenzial gibt. © Marcelo Hernandez, Nordkirche

11. Juni 2021

Nach langem Ringen hat der Bundestag heute das Lieferkettengesetz verabschiedet. Es soll sicherstellen, dass deutsche Unternehmen auch bei ihren internationalen Zulieferern auf faire Arbeitsbedingungen und Umweltstandards achten. Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt würdigte das Gesetz "als wichtigen Schritt zum Schutz von Menschenrechten".

In einer globalisierten Welt könne sozial-ökologische und menschenrechtliche Verantwortung nicht an den Grenzen des eigenen Landes enden, sondern müsse sich entlang der gesamten Wirtschaftsbeziehungen und Lieferketten zeigen, sagte die Landesbischöfin. 

Gesetz greift nicht weit genug

Dennoch habe das nun beschlossene Gesetz Schwachstellen, so die Landesbischöfin weiter: "Besonders die abgestufte Sorgfaltspflicht sowie die fehlende zivilrechtliche Haftung sind nicht zufriedenstellend geregelt und sollten in der kommenden Legislaturperiode vom Bundestag noch nachgebessert werden. Die Sorgfaltspflicht darf nicht nur für die unmittelbaren Zulieferer gelten, denn damit ändert sich nichts an den katastrophalen Arbeitsbedingungen auf vielen Plantagen oder im Bergbau."

Kritisch sei auch zu sehen, "dass Unternehmen nicht vor deutschen Zivilgerichten für Schäden haften, die sie durch Missachtung ihrer Sorgfaltspflichten verursacht haben", erinnerte Kühnbaum-Schmidt.

Ziel: Ausbeutungen der Ärmsten stoppen

Bischof Antonio Ablon von der Kirche "Iglesia Filipina Independiente" (IFI) auf den Philippinen, der derzeit als ökumenischer Mitarbeiter der Nordkirche im Seemannspfarramt arbeitet, hofft, dass ein solches Gesetz den ärmsten Menschen, die am Anfang vieler Lieferketten stehen, helfen wird: den Landarbeiterinnen und Landarbeiterin, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und den indigenen Gemeinschaften. Gerade diese seien in besonderem Maße von massiven Menschenrechtsverletzungen durch ausländische Konzerne betroffen. "Ihnen wird ihr Land weggenommen, um dort Plantagen oder Bergwerke zu betreiben. Die Menschen im globalen Norden leben auf Kosten der Menschen im globalen Süden", mahnt Bischof Ablon. Weltweit gibt es etwa 1,5 Millionen Seeleute; Schiffe transportieren über 80 Prozent der Güter für den Welthandel.

Das sind die Eckpfeiler des neuen Gesetzes

Mit dem Lieferkettengesetz sind Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitenden ab 2023 und Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden ab 2024 dazu verpflichtet, bei direkten Zulieferern auf faire Arbeitsbedingungen (Einhaltung von Menschenrechten, Arbeitsrechten, Gesundheitsschutz) zu achten. Das heißt unter anderem, dass sie ein Kontroll- und Dokumentationsverfahren implementieren müssen. Ansonsten drohen Bußgelder. Bei mittelbaren Zulieferern sind Überprüfungen schwieriger und nach aktuellem Beschluss in deutlich geringem Maße (nämlich nur nach Beschwerden) nötig. Umweltverbände kritisieren zudem, dass der Aspekt des Umweltschutzes im jetzigen Gesetz zu kurz kommt. 

Zum kirchlichen Engagement

In den zurückliegenden Monaten haben sich viele Akteure der Nordkirche für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang der globalen Lieferketten engagiert. So hat sich ein breiter zivilgesellschaftlicher Diskurs darüber entwickelt, wie soziale und ökologische Verantwortung in einer globalisierten Weltwirtschaft besser wahrgenommen werden können. Die kirchliche Position basiert auf  biblischen Grundorientierungen und in ökumenischer Verbundenheit mit den Kirchen des globalen Südens.

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