Menschen auf der Suche nach dem Glauben
14. März 2019
Unter dem Motto "Anknüpfen" laden seit Februar mehr als 20 Einrichtungen und Kirchengemeinden in der Region Kiel ein, sich über mehrere Wochen mit religiösen Fragen zu beschäftigen. Bei diesen Glaubenskursen geht es um Gemeinschaft, Essen und die ganz großen Fragen.
"Erhört Gott all unsere Gebete?", stellt Simone die Frage in den Raum, um sie gleich selbst zu beantworten. "Ja, im Grunde schon." Es ist Mittwochabend, Glaubenskurs in der Freien Christengemeinde im Kieler Stadtteil Gaarden. Vor 14 Teilnehmern geht die Referentin auf und ab, sprüht vor Emotion, sagt Dinge wie "Wow, wie cool". Sie erzählt von schlechter Stimmung bei ihr auf der Arbeit, aber auch wie sie angefangen hat, für eine Kollegin zu beten. "Und danach hatten alle mehr Freude", sagt sie.
Seit einem guten Monat gibt es nun die Glaubenskurse. Die Resonanzen darauf sind unterschiedlich: Es gibt Kurse mit mehr als 30 Teilnehmern, andere sind nur mit Mühe zustande gekommen. Die Teilnehmer sind zumeist weiblich.
Glaubenskurs beginnt mit einem gemeinsamen Essen
Auch in Schönkirchen läuft ein Glaubenskurs. Im Gegensatz zur Freien Christengemeinde, wo sich alle konsequent duzen, sind die zehn Frauen montags im sogenannten Anschützeck in Schönkirchen noch per Sie. Eine Teilnehmerin hat Couscous-Salate mitgebracht und selbstgebackene Brotfladen. Der Glaubenskurs beginnt hier immer mit einem gemeinsamen Essen.
Zusammenhalt und Zugehörigkeit als Themen
Das passt an diesem Abend besonders gut, denn als Thema haben sich die Frauen "Gemeinschaft" gewünscht. Pastorin Elvira Schlott von der Kirchengemeinde Schönkirchen hat Plakate mitgebracht, auf denen in großen, farbigen Buchstaben Worte wie Zusammenhalt, Zugehörigkeit oder Zusammenarbeit stehen. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Niels-Peter Mahler aus der benachbarten Paul-Gerhardt-Gemeinde und der Ehrenamtlichen Andrea Meinke bereiten sie die Kursabende vor.
Ist Gottesdienst eigentlich Gemeinschaft?
Heute sollen die Teilnehmerinnen mit Mensch-ärgere-dich-nicht Spielfiguren markieren, welche der Schlagworte sie mit Gemeinschaft verbinden - oder eigene Gedanken dazu aufschreiben. Schnell kommen sie über ihre Erfahrungen mit Kirche ins Gespräch. Ist Gottesdienst eigentlich Gemeinschaft? Oder geht da jeder für sich hin? Wie ist das, wenn jemand neu in eine Kirchengemeinde kommt?
Auf der Suche nach einer spirituellen Heimat
Sabine William hat diese Fragen für sich noch nicht abschließend geklärt. An die 30 Jahre ist es her, dass sie aus der Kirche ausgetreten ist. Zwischenzeitlich hat sich William mit anderen Religionen befasst. „Aber als dann meine Mutter gestorben ist, die sehr gläubig war, kam auch der Pastor. Und diese Begegnung hat etwas in mir zum Klingen gebracht", erzählt sie. Sie sei auf der Suche nach einer spirituellen Heimat. "Und als ich von den Glaubenskursen gehört habe, fand ich das den richtigen Einstieg."
"Ich guck mir das Ganze mal an"
Die Motive, an einem Glaubenskurs teilzunehmen, sind so verschieden wie die Teilnehmer selbst. Mal geht es um mehr Sachwissen zum Christentum allgemein, mal will man den eigenen Glauben vertiefen. Oder man lässt sich wie Johanna einfach überraschen. "Wir saßen zusammen in der Küche und da hat meine Freundin Ira erzählt, dass sie sonntags zum Gottesdienst geht", sagt die Studentin. Und als das Gespräch auf den Glaubenskurs kam, meinte sie: "Ich guck mir das Ganze mal an."
Kritisch hinterfragen und glauben
In der Freien Christengemeinde faszinieren Johanna vor allem die unterschiedlichen Charaktere und Berufe, die sich hier treffen - von der Literaturwissenschaftlerin bis zur Krankenschwester. Begeistert ist sie von der Herzlichkeit, mit der sie aufgenommen wurde. Die Inhalte des Glaubenskurses, etwa wer Jesus war und warum er am Kreuz starb, hinterfragt sie kritisch. "Ich habe versucht, die historischen Fakten zu verifizieren", erklärt die Studentin. "Aber letztlich läuft es darauf hinaus: Man muss es halt glauben."