Modellprojekte: Pfarrstellen-Besetzung neu gedacht
15. April 2021
Bis 2030 gehen mehr Pastoren und Pastorinnen in den Ruhestand als neue ordiniert werden können. Um dennoch alle kirchlichen Angebote aufrecht erhalten zu können, gibt es verschiedene Modelle. Einige davon werden gerade im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf erprobt. Propst Thomas Bergemann berichtet, wie es läuft.
Die Kirchenkreise kämpfen vielerorts mit Vakanzen: Denn zum einen gehen die "Babyboomer" in den Ruhestand ohne dass genügend Pastorennachwuchs vorhanden ist, zum anderen zwingen die schwindenden Kirchenmitgliedszahlen zur Personalanpassung. Heißt: Nicht alle frei werdenden Stellen werden neu besetzt, sondern nur dann, wenn die zugeteilte Anzahl an Vollbeschäftigungseinheiten pro Kirchenkreis einschließlich des Toleranzrahmens unterschritten worden ist (Personalplanungsförderungsgesetz).
Entlastung durch Gemeindemanager
Doch wie gehen die Kirchenkreise damit in der Praxis um? In Rantzau-Münsterdorf etwa sind derzeit zwei Pfarstellen vakant. Der Kirchenkreis steht damit noch vergleichsweise gut da, stellt Propst Thomas Bergemann klar. Trotzdem sei es eine Herausforderung, allen Aufgaben gerecht zu werden. Deswegen erfolge eine Umverteilung: So haben sich die fünf Kirchengemeinden in der Region Wilser zu einem Pfarrsprengel zusammengeschlossen, in dem drei Pastoren für alle Gemeinden gleichermaßen zuständig sind. Entlastet werden sie seit rund einem Jahr durch Gemeindemanager Timo Milewski. Dieser besucht etwa die Gemeinderatsitzungen und nimmt den Pastoren Verwaltungsaufgaben ab. "Für uns ist das neu, eine Art Modellprojekt", erklärt Bergemann.
Zur Verfügung steht Milewski für seine Arbeit als Gemeindemanager eine halbe Stelle. Auf der anderen halben Stelle ist er weiterhin Diakon. Das Arbeitspensum sei "sportlich", gibt Propst Bergemann zu. Aber in diesem Falle funktioniere das Modell aufgrund der jahrelangen Erfahrung, guten Vernetzung und hohen Kompetenz von Timo Milewski sehr gut.
Genau diese Individualität ist zugleich aber auch der Knackpunkt: Ein Gemeindemanager hat kein klares Ausbildungs- oder Berufsprofil, was es schwerer macht geeignete Kandidaten per Stellenausschreibung zu finden. Es komme vielmehr darauf an, dass "jemand mit Menschen umgehen kann und komplexe Verwaltungsaufgaben durchdringen kann", sagt Bergemann. "Und er muss Grenzen ziehen können", was angesichts der neuen Rollenverteilung zwischen Pastor und Gemeindemanager nicht immer leicht sei. Dennoch ist Propst Bergemann zuversichtlich, dass dieses Modell auch in anderen Orten Schule machen könnte.
Laien- und Ruhestandspastoren unterstützen
Für die gottesdienstlichen Aufgaben setzt sein Kirchenkreis hingegen auf ein anderes Modell: Aktuell sind in Rantzau-Münsterdorf mehrere Prädikanten (Laienprediger) tätig. Diese dürfen nach einer dreijährigen Ausbildung und Genehmigung durch die Landeskirche ehrenamtlich Gottesdienste feiern. Dieses Modell ist zwar nicht neu, nehme jetzt aber "richtig Fahrt auf", so Bergemann.
Zudem bemüht sich der Kirchenkreis um Ruhestandspastoren beziehungsweise -pastorinnen: Diese können auch nach ihrem gesetzlichen Pensionseintritt einen widerrufbarem Dienstauftrag durch das Landeskirchenamt erhalten und dann weiterhin bestimmte kirchliche Aufgaben übernehmen. Die Finanzierung liegt beim Kirchenkreis. Genauso wie Prädikanten zählen die Ruhestandspastoren jedoch nicht in die Berechnung der Vollbeschäftigungseinheiten hinein, haben also keinen Einfluss auf die Neubesetzung regulärer Pfarrstellen. "Für uns ist das natürlich toll", so der Propst.
Um die Lücke, die durch überproportional viele Pensionierungen in den kommenden Jahren entsteht, verringern zu können, bildet die Nordkirche seit kurzem Menschen aus, die den Pfarrberuf als Quereinsteiger ergreifen möchten. Voraussetzung dafür sind ein Erststudium und einige Jahre Berufserfahrung. Diese müssen jedoch nicht zwingend im kirchlichen Bereich erlangt worden sein. Mehr Informationen gibt es unter www.pfarrberuf-nordkirche.de/alternative-wege